Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Bootsie.
    »Klar.«
    »Wo bist du letzte Nacht gewesen, Dave?«, fragte sie, ohne mir in die Augen zu schauen.
    »Ich bin in Legion Guidrys Haus eingebrochen. Ich habe ihm eine Schusswaffe ans Gesicht gehalten«, sagte ich.
    Danach herrschte eine Zeit lang Stille. Sie legte ihren Löffel auf den Teller unter ihrer Müslischale und griff nach ihrer Kaffeetasse, hob sie aber nicht hoch.
    »Warum?«, sagte sie.
    »Ich habe mich nicht an meine Regeln gehalten. Ich habe mich in meine Wut auf diesen Kerl hineingesteigert und nur noch darüber nachgedacht, wie ich ihm eine auf den Pelz brennen kann. Die Folge davon ist, dass ich trinken oder Drogen nehmen möchte. Deshalb habe ich mir gedacht, ich ziehe mit ihm den Neunten Schritt durch, leiste Abbitte und sehe zu, dass ich meine Wut loswerde.«
    »Man leistet keine Abbitte, wenn man es mit tollwütigen Tieren zu tun hat.«
    »Vielleicht nicht.«
    »Was ist passiert?«, fragte sie.
    »Nichts weiter.«
    »Schau mich an«, sagte sie.
    »Ich habe seine Knarre ins Klo geworfen und bin wieder gegangen. Hat Alafair schon etwas vom Reed College gehört? Ich dachte, ich hätte gestern einen Umschlag auf der Couch liegen sehen.«
    »Lenk nicht vom Thema ab.«
    »Der Kerl hat eine andere Stimme. Ohne jeden Akzent. Als ob die Worte von irgendwo tief unten kommen. Es ist, als ob noch jemand anders in ihm steckt. Als hätte er eine – wie nennt man das? –, eine Art Bewusstseinsspaltung oder Persönlichkeitsstörung oder so was Ähnliches.«
    »Du redest wirres Zeug.«
    »Gar nichts ist passiert, Boots. Ein neuer Tag ist angebrochen. Das Böse zerstört sich stets von selbst. Menschen wie wir leben im Sonnenschein, stimmt’s?«
    »Herrgott, ich komme mir vor, als ob jemand in Orakeln mit mir redet.«
    »Ich komme zum Mittagessen nach Hause. Bis dann«, sagte ich und ging aus der Tür, bevor sie noch etwas sagen konnte.
    Ich ließ den Pickup an und schaute durch die Windschutzscheibe zu Alafair, die ihr Pferd unter dem Pekanbaum striegelte. Wir hatten nicht mehr miteinander gesprochen, seit sie mich gestern Nachmittag ins Gebet genommen hatte – entweder weil es uns beiden peinlich war oder weil ich ihres Wissens nach noch nichts unternommen hatte, um den Haussegen wieder herzustellen. Ich stellte den Motor ab und ging über den Hof, durch den mit Sonnenkringeln gesprenkelten Schatten und das ungerechte Laub, das sich in den Regenpfützen gesammelt hatte und in Schlangenlinien getrocknet war. Sie tat so, als sehe sie mich nicht, aber ich wusste, dass es nicht stimmte. Sie strich eine gesteppte Decke auf Tex’ Rücken glatt und wollte dann den Sattel vom Gatter nehmen.
    »Hab ihn schon«, sagte ich und hob den Sattel auf Tex’ Rücken, löste den handgeschnitzten hölzernen Steigbügel vom Hörn und zog ihn auf der rechten Seite gerade.
    »Du siehst gut aus«, sagte sie.
    »Danke«, erwiderte ich.
    »Wo bist du letzte Nacht gewesen?«, fragte sie.
    »Ein paar Sachen regeln.«
    Sie nickte.
    »Warum fragst du?«, sagte ich.
    »Ich dachte, du wärst vielleicht in eine Bar gegangen. Ich dachte, ich hätte dich vielleicht dazu getrieben.«
    »Das bringst du niemals fertig, Alf. Das ist nicht deine Art.«
    Sie legte die Arme über Tex’ Widerrist und schaute zum Köderladen hinunter.
    »Ich glaube, es ist vielleicht doch nicht so gut, wenn ich woanders zur Schule gehe«, sagte sie.
    »Warum nicht?«
    »Wir können es uns nicht leisten«, erwiderte sie.
    »Klar können wir das«, log ich.
    Sie schob die Stiefelspitze in den Unken Steigbügel und schwang sich in den Sattel. Sie blickte zu mir herab, zerzauste mir dann mit den Fingern die Haare.
    »Für einen Vater bist du ganz süß«, sagte sie.
    Ich gab Tex einen Klaps auf die Flanke, sodass er scheute und zur Seite ausbrach. Aber wie immer ließ sich Alafair durch die Machenschaften anderer nicht austricksen. Sie gab Tex die Hacken und jagte mit ihm über den Hof, duckte sich unter den Ästen hindurch und donnerte über die Holzbrücke, die über den Bachlauf und in das Zuckerrohrfeld unseres Nachbarn führte, ließ ihr schwarzes Indianerhaar im Wind wehen, während die Jeans und das mit Kakteen bestickte Hemd wie angegossen an ihrem Leib saßen.
    Ich sagte mir, dass ich fortan nicht mehr zulassen würde, dass Legion und das Böse, für das er stand, Zugriff auf mein Leben hatten. Von diesem Entschluss, davon war ich überzeugt, als ich unter den Bäumen stand, inmitten der Feuchtigkeit und des mit Sonnenkringeln gesprenkelten

Weitere Kostenlose Bücher