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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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is ’n Bumsschuppen. Ich achte nicht auf die Gesichter von den Leuten, die hier reinkommen. Kurz gesagt, ich bin auf der Blindenschule durchgerasselt. Seid ihr da hinten fertig? Ich muss das Scheißhaus auswischen«, erwiderte er.
    Auf der Rückfahrt nach New Iberia war Helen ruhig und nachdenklich. Regen fiel auf den Spanish Lake, und vom Wasser zog Nebel auf, der zwischen den Bäumen hing und die Lichter verwischte, die aus den Fenstern der abseits der Straße gelegenen Häuser fielen.
    »Glaubst du, dass es ein Auftragsmord vom Mob war?«, fragte sie.
    »Nein. Frankie war ein gemachter Mann, Joe Zeroskis Nummer eins.«
    Sie gähnte, während die Scheibenwischer des Streifenwagens gegen den Regen ankämpften, und wich einem Opossum aus, das im Scheinwerferlicht die Straße überquerte.
    »Es war ein langer Tag, Bwana. Wollen wir’s für heute dabei bewenden lassen?«, sagte sie.
    »Wie wär’s, wenn wir vorher unserm Bibelvertreter noch einen Besuch abstatten?«
    »Große Überraschung«, sagte sie.
    Marvin Oates wohnte an der St. Peter Street in der Innenstadt, wo er ein kleines Haus mit gerippten Holzjalousien gemietet hatte, das aus den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts übrig geblieben war. Auf der einen Seite der Galerie drängten sich dicht an dicht Bananenstauden, auf der anderen waren die besenstieldicken Stämme der Bougainvilleen in das Geländer gewuchert, sodass das Haus von vorn aussah wie ein eingeklemmter Zahn.
    Der Regen pladderte auf das Blech eines uralten Buick, der auf der mit Muschelschalen bestreuten Auffahrt stand, auf der einen Seite schwarz verbrannt, der ganze Lack mit Ruß und Rost verkrustet. Helen legte die Hand auf die Haube.
    »Er tickt noch«, sagte sie.
    Marvin Oates trug einen Pyjama, dessen Jacke bis zur Brust aufgeknöpft war, und wirkte verschlafen, als er barfuß an die Tür kam. Durch das Fliegengitter schlug uns sein süßlicher, nach Zahnpasta riechender Atem entgegen.
    »Dürfen wir reinkommen?«, fragte ich.
    »Ich hab geschlafen. Ich steh zeitig auf«, sagte er.
    »Wir würden trotzdem gern reinkommen. Hier draußen ist es nass«, sagte ich.
    Er stieß die Tür auf, trat dann zurück in die Dunkelheit, nahm eine Bluejeans von einem Hutständer, kehrte uns den Rücken zu und zog sie an.
    »Ich muss mein Hemd holen. Entschuldigen Sie mich«, sagte er.
    »Nur keine Umstände. Wir gehen gleich wieder. Sind Sie heute Abend irgendwo gewesen?«, sagte Helen.
    »Im Kino. Ich bin erst vor kurzem heimgekommen«, erwiderte er.
    »Und sind dann gleich zu Bett gegangen?«, sagte Helen. Sie schnüffelte. »Riechst du irgendwas, Dave?«
    »Rauch?«, sagte ich.
    »Brennt in Ihrem Haus irgendwas?«, sagte Helen.
    »Nein«, erwiderte Marvin.
    »Es riecht aber so«, sagte sie und ging durchs Wohnzimmer, weiter nach hinten und öffnete die Kleiderkammer. »Ich könnte schwören, dass es von hier kommt. Sollen wir die Feuerwehr rufen?«
    »Nein. Was geht hier vor?«, sagte Marvin.
    Helen holte ein Paar graubraune Cowboystiefel heraus. »Die sind aber hübsch. Haben Sie auch noch andere?«, sagte sie.
    »Ich weiß nicht, ob ihr so ohne weiteres in mein Schlafzimmer gehen dürft. Dazu braucht ihr doch einen Durchsuchungsbefehl oder so was Ähnliches«, sagte Marvin.
    Helen stellte die Stiefel wieder auf den Boden und blickte wie beiläufig auf das Regal über Marvins aufgehängten Hemden. Sie drehte sich um.
    »Heute Abend wurde eine Schmalztolle namens Frankie Dogs umgelegt, Marvin. Besitzen Sie eine Schusswaffe?«, sagte sie.
    »Nein. Warum erzählen Sie mir das?«
    »Weil er im McDonald’s Ihren Kopf als Klobürste benutzt hat«, erwiderte sie.
    Der Hof draußen war überflutet, und Regendunst stob durch das Fliegengitter auf Marvins Bettzeug. Er stieß die Glasscheibe herunter und legte den Riegel um. Seine Brust und der Bauch waren flach, die Nippel groschengroß. Er zog die Zudecke vom Bett, setzte sich auf die trockene Matratze, stützte die Arme auf und schaute in Gedanken versunken ins Leere.
    »Der Herr ist mein Licht, mein Schwert und mein Schild«, sagte er.
    »Das ist keine schlechte Einstellung. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich die Sache aus meiner Sicht zu Protokoll geben. Meiner Meinung nach wird niemand um Frankie Dogs trauern«, sagte ich.
    Aber Marvin Oates ließ sich nicht so leicht einwickeln. »Ich mach Ihnen zu schaffen, seit ich Ihre Tochter auf eine Art und Weise angeschaut habe, die sich nicht gehört, Mr. Robicheaux. Das is meine Schuld, nicht Ihre.

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