Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Haut, und auf seinem Gesicht standen dicke Schweiß- oder Regentropfen. Er ging auf die Toilette, kam mit einem dämlichen Grinsen um die Mundwinkel wieder zurück und schlug mit den Händen den Takt zur Musik, die auf der Jukebox lief.
»Was gibt’s, Cap?«, sagte er zu Legion.
Der Schwarze ging an die Bar, griff zu seinem Schnapsglas und wollte gerade einen Schluck trinken, als er den Gesichtsausdruck des Barmädchens bemerkte und sah, dass sie den Blick auf jemand hinter ihm geheftet hatte.
»Du hast deine vollgepissten Hände über meinem Hals ausgeschüttelt«, sagte Legion.
»Was war das?«, sagte der Schwarze.
»Komm mir bloß nicht frech, Nigger.«
»Sie benehmen sich daneben, Mann.«
Der Schwarze drehte sich um, stellte sein Schnapsglas ab und wandte sich mit hoch gezogenen Augenbrauen an das Barmädchen, als wollte er sagen, man müsste Nachsicht haben mit einem armen Irren, der sich aufführte, als ob immer noch die alten Zeiten herrschten. Dann machte der Schwarze einen schweren Fehler. Er grinste Legion an.
Legion packte den Schwarzen mit der linken Hand an der Kehle und schmetterte ihn an die Wand, schnürte ihm die Luft ab und hob ihn beinahe vom Boden hoch. Dann schob er ihm die Klinge seines Federmessers ins linke Nasenloch.
»Mr. Legion, er hat’s doch nicht bös gemeint«, sagte das Barmädchen.
»Wenn du ans Telefon gehst, komm ich später wieder«, sagte Legion.
Dem Schwarzen rannen Speichelfäden aus den Mundwinkeln. Legion drückte weiter zu und stieß Kopf und Nacken des Mannes fester an die Wand, dann schob er ihm die Messerklinge tiefer in die Nase und presste die Schneide an die Nasenwand.
»Bist du so weit? Sag den Leuten, dass deine Kleine die Beine zugekniffen hat«, sagte er.
Legion schaute seinem Opfer tief in die Augen, das Gesicht verzerrt und mit derart flackerndem Blick, dass der Schwarze seinen Schließmuskel nicht mehr beherrschen konnte.
Legion schleuderte ihn auf einen Stuhl.
»Ich trink jetzt meinen Kaffee aus. Und du machst den Stuhl sauber, bevor du gehst«, sagte er.
Helen Soileau und ich waren auf dem Revier der Stadtpolizei, als der Notruf eines anonymen Passanten einging, der durch ein Fenster mitangesehen hatte, was in Hatties alter Bar vorging. Wir stiegen in den Streifenwagen und fuhren die Main Street entlang in Richtung Railroad Avenue, vorbei an den Shadows und an Perry LaSalles Kanzlei.
»Warum willst du der Stadtpolizei die Arbeit abnehmen?«, fragte sie.
Das Regenwasser stand inzwischen über der Bordsteinkante und wurde von den vorbeifahrenden Autos in das Bambusrohr geschleudert, das die Shadows säumte.
»Bei dem Täter handelt es sich um diesen Legion Guidry, den wir uns beim Kasino vorgenommen haben«, erwiderte ich.
»Na und? Lass ihn von der städtischen Jungs aufgreifen. Wir haben genug mit unseren eigenen Arschlöchern zu tun«, sagte sie.
»Er ist der Kerl, der mich mit einem Totschläger verprügelt hat.«
Sie wandte sich um und blickte mich an. Wasser spritzte unter dem Kotflügel auf. Ich hörte, wie ihre Fingernägel auf das Lenkrad klackten.
Wir fuhren die Railroad Avenue entlang, holperten über die Bahngleise, kamen an einem Crackhaus vorbei, an klapprigen, aus Brettern zusammengezimmerten Bars, Hütten ohne Türen oder Fensterscheiben und Höfen, die mit Abfall übersät waren. Helen hielt unter einer ausladenden Eiche bei einem Gemischtwarenladen, vor dem ein dampfender Eisschrank im Regen stand.
»Warum hältst du an?«, fragte ich.
»Ich habe es satt, dass du ständig bestimmst, was ich wissen soll und was nicht. Beziehungsweise, wann ich es wissen soll, wie in diesem Fall.«
»Er hat mir seine Zunge in den Mund gesteckt. Er ist ein alter Mann, aber er hat mich vor meinem eigenen Haus fertig gemacht. So eine Geschichte glaubt einem kaum jemand.«
»Wenn jemand vergewaltigt worden ist, machen wir den Opfern klar, dass sie sich der Sache stellen, sich damit auseinander setzen müssen, wenn sie jemals wieder Frieden finden wollen. Was unterscheidet dich von denen?«
»Gar nichts«, sagte ich.
Ein Schwall Regenwasser und Laub klatschte vom Baum herab und wurde über die Windschutzscheibe geweht.
»Hast du vor, dem Alten Bescheid zu sagen?«, fragte sie.
»Vielleicht.«
Sie schüttelte den Kopf und legte den Gang ein.
»Ich dächte immer, man hätte dir übel mitgespielt, als du in New Orleans aus dem Polizeidienst geflogen bist«, sagte sie.
»Und jetzt?«, sagte ich.
»Ich nehme an, jede Geschichte hat ihre
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