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Die Schuld des Tages an die Nacht

Titel: Die Schuld des Tages an die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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nichts Verwerfliches hatte.
    »Ich werde mich Ihrer Tochter niemals nähern, Madame.«
    »Versprechen Sie es mir.«
    »Ich verspreche es Ihnen …«
    »Schwören Sie es mir.«
    »Ich schwöre es.«
    Erst in diesem Moment brach sie vor dem Tresen zusammen. Völlig erschöpft und zugleich unendlich erleichtert vergrub sie das Gesicht in den Händen und schluchzte bitterlich.

14 .
    »FÜR DICH«, SAGTE GERMAINE UND hielt mir den Hörer hin.
    Am anderen Ende schimpfte Fabrice mit mir:
    »Hast du mir etwas vorzuwerfen, Jonas?«
    »Nein …«
    »Hat Simon dich in letzter Zeit geärgert?«
    »Nein.«
    »Hast du irgendetwas gegen Jean-Christophe?«
    »Natürlich nicht.«
    »Dann verstehe ich nicht, warum du uns aus dem Weg gehst? Seit Tagen verkümmerst du in deiner Ecke. Gestern haben wir lange auf dich gewartet. Du hattest versprochen, vorbeizukommen, und am Ende mussten wir dann doch kalt essen.«
    »Ich habe keine freie Minute …«
    »Hör auf … Im Dorf ist keine Epidemie ausgebrochen, so dass in deiner Apotheke Hochbetrieb wäre. Und versteck dich bitte nicht länger hinter der Krankheit deines Onkels, den habe ich schon öfter beim Spaziergang in den Weinfeldern gesehen. Es geht ihm ausgezeichnet.«
    Er hüstelte in den Hörer, dann beruhigte er sich:
    »Du fehlst mir einfach, Alter. Du lebst nur zwei Schritte von mir entfernt, und ich habe den Eindruck, du bist von der Erdoberfläche verschwunden.«
    »Ich räume gerade mal wieder den ganzen Laden auf. Ich muss die Listen aktualisieren und ein Inventar erstellen.« »Brauchst du jemanden, der dir zur Hand geht?«
    »Ichkomme sehr gut alleine zurecht.«
    »Dann komm ruhig mal die paar Stufen herunter, die dich vom Rest der Welt trennen … Ich erwarte dich heute Abend bei uns zu Hause. Zum Essen.«
    Bevor ich ablehnen konnte, hatte er schon aufgehängt.
    Simon kam um neunzehn Uhr vorbei, um mich abzuholen.
    Er war fürchterlich schlecht gelaunt:
    »Kannst du dir das vorstellen? Ich habe geschuftet wie ein Pferd, und alles für die Katz! Und das mir! Ich habe mich überall verkalkuliert, wie ein Pennäler. Theoretisch war auf der ganzen Linie nur mit Gewinn zu rechnen. Tatsächlich musste ich am Ende die Differenz aus eigener Tasche zahlen. Ich verstehe überhaupt nicht, wie ich so dämlich sein konnte, mich derart über den Tisch ziehen zu lassen.«
    »So ist das eben im Geschäftsleben, Simon.«
    Jean-Christophe wartete zwei Häuserblocks weiter auf der Straße auf uns. Er hatte sich mächtig in Schale geworfen, war frisch rasiert und hatte die Haare unter einer dicken Schicht Brillantine nach hinten gekämmt. Mit seinem riesigen Blumenstrauß in der Hand war er so aufgeregt wie der jugendliche Liebhaber in seiner ersten Rolle.
    »Du bringst uns in Verlegenheit«, schimpfte Simon. »Wie sieht das denn aus, wenn Jonas und ich mit leeren Händen kommen?«
    »Das ist für Émilie«, beichtete Jean-Christophe.
    »Sie ist auch eingeladen?«, rief ich verstimmt.
    »Na und ob!«, erklärte Simon. »Unsere beiden Turteltauben sind so gut wie unzertrennlich … Aber wieso du ihr Blumen mitbringst, Chris, verstehe ich nicht. Das Mädchen gehört einem anderen. Und dieser andere ist zufällig Fabrice.«
    »In der Liebe ist alles erlaubt.«
    Simon runzelte schockiert die Stirn:
    »Meinst du das im Ernst?«
    Jean-Christophe warf den Kopf zurück und gab als Ablenkungsmanöver ein Lachen von sich:
    »Abernein, du Trottel. War nur ein Scherz.«
    »Na, du bist nicht die Bohne witzig, wenn du meine Meinung hören willst«, erklärte Simon, der keinen Spaß verstand, wenn es um gewisse Prinzipien ging.
    Madame Scamaroni hatte auf der Veranda eingedeckt. Sie machte uns auch die Tür auf. Fabrice und seine Liebste ließen es sich im Garten gutgehen. Sie saßen in Korbstühlen im Schatten einer Weinpergola. Émilie sah prächtig aus in ihrem schlichten Sommerkleid. Mit dem offenen Haar, das sich über ihre nackten Schultern ergoss, war sie zum Anbeißen. Ich schämte mich, so etwas auch nur zu denken, und verscheuchte den Gedanken.
    Jean-Christophes Adamsapfel hüpfte wie ein Jo-Jo auf und ab; seine Krawatte würde nicht mehr lange durchhalten. Der Blumenstrauß behinderte ihn, und er drückte ihn Madame Scamaroni in die Hand.
    »Für Sie, Madame.«
    »Oh, danke, Chris. Du bist ein Engel.«
    »Wir haben zusammengelegt«, schwindelte Simon aus Eifersucht.
    »Das stimmt doch gar nicht«, verteidigte sich Jean-Christophe.
    Und wir brachen alle miteinander in Lachen aus.
    Fabrice schlug

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