Die Schuld einer Mutter
monatliche Tierarztkosten von zwanzigtausend Pfund an, dazu kommen die Kosten für das Futter und die …«
»Woher bekommt ihr denn euer Geld?«, fragte Alexa.
»Von privaten Spendern. Von netten, alten Damen, die uns etwas vererben. Den Rest sammeln wir bei Spendenaktionen, und ein bisschen was kommt vom örtlichen Tierschutzverein, der uns Geld dafür gibt, wenn wir Katzen und Hunde aus anderen Filialen aufnehmen.«
Während ich sprach, lächelte Joe mich an. Er zog sein stolzestes Gesicht. Er hatte wider Erwarten weder sein Jackett abgelegt noch sich Hemd und Krawatte geöffnet. Er sah immer noch genauso aus wie bei unserer Ankunft, und ich hätte ihn küssen können dafür. Er grinste mich schüchtern an, was bedeutete, dass er schon mindestens drei Bier intus hatte. So lacht er immer, wenn ihm nicht ganz wohl in seiner Haut ist. Aber ehrlich gesagt kann er nicht anders, wenn man ihm ein Bier vorsetzt. In der Hinsicht ist er wie ein Kind, das einfach nicht widerstehen kann.
Als eine Stunde vergangen und die Tajine mit den harten Zwiebeln verspeist war, als der Alkohol unsere Zungen gelöst und die Stimmung aufgelockert hatte, plätscherten die Gespräche so dahin; die Befangenheit vom Anfang des Abends war vergessen.
Ich war gerade dabei, den anderen die Handlung eines BBC-Krimis zu erzählen: »Eigentlich ist es der Schlagabtausch zwischen den beiden Detectives, der das Ganze so spannend macht«, als Alexa sich räusperte und mich, ohne mit der Wimper zu zucken, bloßstellte, indem sie meinte: »Ehrlich gesagt interessieren wir uns nicht so fürs Fernsehen, Lisa. Die meisten von uns bevorzugen es zu lesen, nicht wahr?« Ich spürte, wie die Stimmung kippte.
Niemand widersprach ihr. Ich kam mir lächerlich und deplatziert vor, aber als ich mich umsah und alle meinen Blick mieden, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich mich minutenlang lächerlich gemacht hatte und alle nur zu höflich gewesen waren, mich darauf hinzuweisen, oder ob es Alexas Kommentar war, der sie so beschämte.
Ich warf Joe einen Blick zu, aber er war mir keine Hilfe. Er lächelte diabolisch vor sich hin, wie immer, wenn er so betrunken ist, dass er im nächsten Moment unvermittelt singen oder einschlafen wird. Ich sah auf meine Armbanduhr und musste feststellen, dass es nicht einmal halb zehn war. Nie im Leben würde er den Abend bis zum Ende durchstehen.
Kate rettete die Stimmung vorübergehend, indem sie Erdbeer-Shortcake-Eiscreme nach einem Rezept von Delia onlin e servierte, die von allen Gästen in den höchsten Tönen gelobt wurde. Wein wurde nachgeschenkt, und Guy scheuchte die Kinder, die im Familienzimmer ferngesehen hatten (immerhin waren sie keine Leser), nach oben und ins Bett.
Danach ging es bergab.
Alexa, die vielleicht spürte, dass sie das Gespräch abgewürgt hatte, beugte sich verschwörerisch vor und begann, Intimitäten aus dem Leben eines Paares auszuplaudern, das uns allen bekannt war und das augenscheinlich Eheprobleme hatte.
»Tammy würde es natürlich niemals zugeben, aber jeder weiß, dass sie eine Affäre hat. Neulich habe ich sie in der Stadt gesehen, wie sie neue Unterwäsche gekauft hat … das ist ja immer ein sicheres Anzeichen. Wo sie ja sonst nicht einmal Wimperntusche trägt! Jede Wette, sagte ich zu Pippa, dass sie …«
»Das kannst du doch gar nicht wissen«, unterbrach Kate sie unvermittelt und mit versteinerter Miene.
» Alle wissen das, Katy.«
»Du kannst nicht mit Sicherheit wissen, ob sie eine Affäre hat«, wiederholte Kate, aber Alexa verdrehte die Augen, als wollte sie sagen: Sei doch nicht so naiv. Woraufhin Kate rief: »Denk mal an die Kinder! Du darfst keine hässlichen Gerüchte verbreiten, wenn du keine Beweise hast! Denk an Tammys Kinder!«
Wieder verfiel die Runde in betretenes Schweigen. Dieser Tonfall war absolut untypisch für Kate. Noch nie hatte ich sie so aufbrausend erlebt.
Alexa starrte sie pikiert an. »Was soll denn mit den Kindern sein, Kate? Wenn sie nicht glücklich miteinander sind, sollten Tammy und David nicht der Kinder zuliebe zusammenbleiben.«
Kate stellte ihr Glas hin. »Wie kannst du so was sagen?«
»Es stimmt!«
»Gar nichts stimmt! Alle sagen das, alle meinen, es wäre okay, sich einfach aus dem Staub zu machen, sobald man keine Lust mehr hat. ›Die Kinder werden es schon verkraften!‹ oder ›Lieber mit geschiedenen Eltern aufwachsen als in einem unglücklichen Zuhause!‹ Tja, du solltest eigentlich wissen, dass es keinesfalls okay ist, Alexa.
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