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Die Schuld einer Mutter

Die Schuld einer Mutter

Titel: Die Schuld einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Daly
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und befragen die Mitschüler. Würden Sie sagen, es wäre normal für Mrs Riverty, ihre Tochter während einer Verabredung zu kontaktieren?«
    »Ja, das ist typisch Kate.«
    Hatte Kate versucht, Lucinda auf dem Handy anzurufen, und keine Antwort bekommen? Mir ging es mit Sally ständig so. Die ersten Male drehte ich beinahe durch, aber irgendwann gaben wir in dem Punkt einfach nach, was vermutlich die meisten Eltern irgendwann tun.
    Ich wäge sehr genau ab, wann ich mit Sally Streit anfange und wann nicht. In der Handyfrage gab ich früh auf, zur selben Zeit etwa, als ich es aufgab, mich über die Unordnung in ihrem Zimmer zu beschweren.
    »Kate hat Lucinda eine SMS geschickt, aber keine Antwort erhalten«, sagt DC Aspinall. »Ich denke mir, dass man sich als Mutter in dem Moment doch Sorgen machen würde? Dass man versuchen würde, die betreffenden Eltern anzurufen?«
    Ich überlegte. Wollte sie es Kate tatsächlich zum Vorwurf machen, einer unbeantworteten SMS nicht nachgegangen zu sein?
    »Sally hat schon oft bei Lucinda übernachtet und nicht auf meine SMS reagiert. Sie wissen schon, die Mädchen albern herum und vergessen darüber die Zeit. Sie wissen doch, wie das ist.«
    Ganz offenbar weiß DC Aspinall es nicht, denn sie stimmt mir weder in Worten noch mit einer Geste zu.
    »Aber um ehrlich zu sein«, sage ich, »habe ich mir nie Sorgen gemacht, wenn Sally bei Kate war. Wenn sie woanders übernachtet hätte, vielleicht schon, bei einer Freundin vielleicht, die ich weniger gut kenne. In dem Fall hätte ich vielleicht die Eltern angerufen und nachgefragt.«
    Die Antwort scheint zu genügen, denn DC Aspinall wechselt das Thema und fragt mich, was für eine Sorte Mädchen Lucinda ist. Könnte es sein, dass sie ihren Eltern etwas verschwiegen hat? Als ich das Gefühl habe, alles erzählt zu haben, stelle ich die Frage, die mir von Anfang an auf der Zunge lag.
    »Was glauben Sie, was mit ihr passiert ist?«
    »Das kann ich Ihnen unmöglich sagen«, antwortet sie.
    »Aber wenn Sie eine Einschätzung abgeben müssten … Wenn Sie auf das eine oder andere tippen müssten, würden Sie dann sagen, dass Lucinda …«
    »Zu diesem Zeitpunkt gehen wir Hinweisen in alle Richtungen nach.«
    Ich nicke. Eigentlich hatte ich gehofft, DC Aspinall würde sagen, sie hielte Lucinda für eine Ausreißerin. Dann wären meine Schuldgefühle nicht so überwältigend. Aber natürlich ist Lucinda nicht freiwillig verschwunden. Warum in aller Welt sollte sie?
    »Eine letzte Frage noch«, sagt DC Aspinall wie nebenbei, während sie vom Tisch aufsteht. »Wir müssen wissen, wo Sie und Ihr Mann waren – von gestern Nachmittag, drei Uhr, bis jetzt.«

»Nun, Charles« – die Immobilienmaklerin sieht ihn an und blinzelt –, »sind Sie grundsätzlich daran interessiert, Anwesen wie dieses zu besichtigen? Anwesen mit Seegrundstück? Oder sind Sie offen für alles?«
    »Wenn möglich, hätte ich gerne ein Haus mit direktem Zugang zum Wasser. Ehrlich gesagt hätte ich wirklich gern ein Bootshaus … aber bei einer geeigneten Immobilie würde ich mich auf Kompromisse einlassen …«
    »Ich verstehe«, sagt die Maklerin nickend. »Wobei ich mir sicher bin, dass Ihnen das Haus gefallen wird.«
    Er lässt sich zurückfallen, als sie die Vordertür aufschließt und sich mit der Alarmanlage abmüht. Also ist niemand zu Hause. Sobald sie im Flur ist, dreht sie sich um und strahlt ihn an, erwartet Ooohs und Aaahs . Sie erwartet von ihm, vom Eichenholzparkett und den original erhaltenen Stilelementen zu schwärmen. So als hätte sie sie eigenhändig eingebaut.
    »Beeindruckend«, sagt er, um sie zufriedenzustellen, denkt aber etwas völlig anderes. Wer immer dieses Haus eingerichtet hat, verfügt über keinerlei Geschmack. Die Teppichfliesen auf der Treppe sind billig, und die getönten Glasscheiben des Wintergartens sehen kitschig aus.
    »Lassen Sie mich Ihnen die Küche zeigen«, sagt sie. »Die ist wirklich fantastisch.«
    Schnell klackern ihre Absätze über den Parkettboden. Er beobachtet ihre Bewegungen und sieht, dass ihr Rocksaum sich an einer Stelle auflöst. Ein schwarzer Baumwollfaden kriecht an ihrem Unterschenkel abwärts.
    »Ein wunderbares Zimmer, und so lichtdurchflutet«, schwärmt sie. »Das perfekte Familienzimmer, würden Sie das nicht auch sagen?«
    Er macht sich nicht einmal die Mühe, einen Kommentar abzugeben. Er hat das Gefühl, in einer dieser furchtbaren Umzugssendungen aufzutreten, in der die Küche als »das Herz des Hauses«

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