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Die Schuld einer Mutter

Die Schuld einer Mutter

Titel: Die Schuld einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Daly
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sie.
    »Versuche, dich zu erinnern und mir zu sagen, ob sich das Zimmer dreckig oder stinkig angefühlt hat.«
    »Nein«, sagt Molly sofort. Und dann sieht sie kurz erschreckt aus, überrascht über ihre eigene Bestimmtheit. »Nein, es war ganz sauber. Die Laken rochen nach …« Sie wendet den Blick ab und schaut aus dem Küchenfenster, als suche sie nach dem passenden Wort.
    »Weichspüler?«, schlägt Joanne vor.
    »Nein. Nein, nicht wie Waschmittel. Sie rochen irgendwie warm, verstehen Sie das?«
    »Als wären sie verbrannt?«
    Molly verdreht die Augen, während sie versucht, sich zu erinnern. »Wenn meine Mutter die Handtücher auf der Heizung trocknet … sie riechen dann irgendwie warm, ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll.«
    »Wie gemangelt?«, fragt Joanne, »als wären sie in der Wäscherei gewesen?«
    »Ja, genau so.«
    »Gut«, sagt Joanne. »Und was ist mit dem Zimmer selbst? Kannst du dich daran erinnern, ob an den Wänden irgendwelche Bilder hingen?«
    »Sie waren cremeweiß.«
    »Einfach nur cremeweiß?«
    »Und leer, nicht wie in einem normalen Zimmer.«
    »Wie in einem Hotel?«
    »Ich war noch nie im Hotel.«
    »Aber hattest du das Gefühl, dort wohnte jemand? Glaubst du, dass der Mann dort wohnte?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Okay«, sagt Joanne, »du machst das ganz toll. Das hilft uns sehr, denn die nächste Frage wird wirklich schwer. Ich möchte nicht, dass du dich deswegen schlecht fühlst, aber du musst mir wirklich ganz ehrlich antworten. Ist das okay?«
    Molly versucht, ihre Angst nicht zu zeigen.
    »Als du ihn zum ersten Mal gesehen hast, als der Mann zum ersten Mal vor deiner Schule stand, bist du da … bist du in sein Auto gestiegen, weil dir sein Aussehen irgendwie gefiel?«
    Molly antwortet nicht. Sie lässt den Kopf hängen.
    »Niemand gibt dir die Schuld, Molly. Ich muss einfach wissen, was für ein Mensch er ist. Und da würde es mir sehr helfen, wenn du mir die Wahrheit sagst. Fandest du ihn … gut aussehend? Ein kleines bisschen nur?«
    Molly hält den Kopf gesenkt und nickt. Eine einzelne Tränen tropft auf ihre Jeans. »Er sah nett aus. Ich weiß nicht mehr genau, wie er aussah, aber er sah nett aus …«
    Nach ein paar Minuten fügt sie hinzu: »Sagen Sie das meiner Mum nicht.« Sie weint leise vor sich hin.
    Joanne streckt die Hand aus und legt sie auf Mollys Schulter. »Nein, das verspreche ich.«

18
    I ch bin noch keine halbe Stunde bei der Arbeit, als eine ungepflegte Frau von Anfang zwanzig in mein Büro kommt. Sie trägt keine Jacke und hält einen Staffordshire-Bullterrier an einer blauen Wäscheleine.
    »Ich will diesen Hund nicht.«
    Sie steht einen halben Meter vor mir und kann mir kaum in die Augen sehen. Sie ist nervös. Ganz offensichtlich nimmt sie irgendwelche Drogen, denn ihre Pupillen sind klein wie Stecknadelköpfe, und sie ist schreckhaft und fahrig. Sie erinnert mich an die Methadonpatienten, die ich in der Apotheke sehe. Die den Apotheker mit Vornamen ansprechen und nicht merken, dass alle anderen Kunden auf Abstand gehen.
    »Ist das Ihr Hund?«, frage ich. Sie glauben nicht, wie viele Leute mit Tieren ankommen, die ihnen nicht gehören. Es ist mir mehr als einmal passiert, dass ich unwissentlich den Hund eines untreuen Ehemannes in ein neues Zuhause vermittelt habe.
    »Er gehört meinem Dad«, sagt die junge Frau, »aber es geht ihm nicht gut. Er kann sich nicht mehr um ihn kümmern.«
    Ich winde mich innerlich. Noch ein Staffie. Vermutlich werden wir ihn nicht los; wir werden mit diesen Tieren überrannt. Kürzlich habe ich mit Kollegen von der Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals zusammengearbeitet. Die RSPCA ist der größte Tierschutzverein des Landes und feilt an einem Gesetzentwurf, demzufolge ein Kampfhundzüchter mindestens neunzehn Jahre alt sein muss und eine Zulassung braucht. Aber sie bellen, wie man so schön sagt, den falschen Baum an. Man sollte diese Hunde flächendeckend kastrieren, denn das Problem ist längst außer Kontrolle geraten.
    »Er hat auch Katzen.«
    »Wie viele?«, frage ich.
    »Mehr als zwei.«
    »Wo sind sie?«
    »In seiner Wohnung. Die sieht wie eine Müllhalde aus. Er hat seit dem Tod meiner Mutter nicht mehr aufgeräumt. Ich würde sie Ihnen bringen, aber die Tiere sind verwildert.«
    »Wo ist Ihr Vater jetzt?«
    »Im Helm Chase.«
    Dem örtlichen Krankenhaus.
    »Kommt er wieder nach Hause?«
    »Sieht nicht so aus. Er hat einen Haufen

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