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Die Schuld einer Mutter

Die Schuld einer Mutter

Titel: Die Schuld einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Daly
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ihn schaffen? »Bleib noch fünf Minuten liegen«, schlage ich vor. »Ich bringe dir den Kaffee.«
    Er lächelt mich gequält, aber dankbar an. Er sieht immer noch vollkommen erledigt aus. Schlimmer noch, wenn das überhaupt möglich ist, als gestern Abend nach der Suche. Wenn all das vorbei ist, werden wir verreisen. Ich werde eine günstige Pauschalreise zu den Kanarischen Inseln buchen, und wir werden die Wintersonne genießen.
    Ich gehe nach unten in die Küche und verteile Hundefutter und Cornflakes auf die Schüsseln. Ich schalte Radio 2 ein und höre das Piepen, das die Sieben-Uhr-Nachrichten ankündigt. Die erste Meldung ist den vermissten Mädchen aus Cumbria gewidmet.
    Ich halte inne und höre zu.
    Und im nächsten Moment kann ich Guys Verhalten von gestern Abend einordnen. Noch ein Kind ist verschwunden. Diesmal aus einer Privatschule in Windermere. Gar nicht weit von hier.
    Er muss es gewusst haben. Guy musste schon davon gehört haben, als ich ihn anrief.
    Wieder eine Dreizehnjährige, wieder eine, die jung für ihr Alter aussieht.
    Ein Augenzeuge behauptet, er habe das Mädchen mit einem Mann sprechen sehen, bevor es zu ihm ins Auto gestiegen sei; alle Bewohner der Gegend werden zur Wachsamkeit aufgerufen. Womöglich wurde das Kind mit einem Hund ins Auto gelockt.
    Der Täter: ein hochgewachsener Mann mit einem alten grauen Hund.
    Ich halte mich an der Arbeitsplatte fest, um nicht umzukippen. Meine Hände fangen an zu zittern. Ich bekomme nur noch schwer Luft.
    Bluey.
    Ich rufe DC Joanne Aspinall an, werde direkt auf ihre Mailbox weitergeleitet und hinterlasse eine panische Nachricht. »Bitte rufen Sie mich an«, sage ich, »so schnell wie möglich. Ich glaube, ich weiß, wer der Mann ist, ich glaube, ich habe ihn gestern gesehen … bitte rufen Sie mich an … bitte.«
    Ich stehe keuchend am Telefon, als Joe die Treppe herunterkommt. »Was ist denn los?« Er steht in Boxershorts vor mir und reibt sich die Stelle am Hinterkopf, die er sich aufgeschlagen hat, als er gestern auf dem Eis ausgerutscht ist.
    Die Worte sprudeln aus mir heraus. »Noch ein Mädchen wird vermisst. Die glauben, sie wäre mit einem Mann mit Hund mitgegangen. Ein Hund wie Bluey. Er ist es, Joe. Ich habe doch gesagt, dass irgendwas mit ihm nicht stimmte. Ich habe es dir doch gesagt. Er ist es, ganz zweifellos. Es kann nicht anders sein.«
    »Vielleicht doch«, ist alles, was er sagt, und dann lässt er die Hunde in den Garten.
    »Joe …?«
    »Was denn?«, gibt er zurück. »Steigere dich nicht in etwas hinein, mehr sage ich dazu nicht. Die Chancen sind doch verschwindend gering, dass es sich um denselben Kerl handelt.«
    Ich starre ihn an. »Du irrst dich.«
    Ich springe die Treppe hinauf. Jetzt weiß ich, was zu tun ist. Ich werde mich anziehen und zu Kate rüberfahren und ihr alles erzählen. Ist mir doch egal, ob Guy mich beschimpft, es ist mir einfach egal. Kate muss es erfahren. Ich könnte ihr beschreiben, wie der Mann aussah. Du liebe Güte, vielleicht kennt sie ihn sogar! Vielleicht ist er ein Bekannter der Familie, vielleicht ist Lucinda nur deswegen freiwillig mit ihm mitgegangen. Vielleicht ist sie nur deswegen verschwunden, ohne dass jemand etwas gemerkt hat.
    Ich werfe einen Blick auf meine Armbanduhr.
    Ich schicke Kate eine SMS: Muss dich sprechen, bin gegen acht Uhr da. xx
    Die Schlafzimmertür geht auf. Joe. »Was tust du da?«, fragt er.
    »Ich ziehe mich an.«
    »Woher die Eile?«
    »Ich fahre zu Kate.«
    »Jetzt? Um diese Zeit?«
    »Es ist wichtig. Ist doch egal, wie spät es ist.«
    Sein Gesicht verdüstert sich. Er kann nicht glauben, was er da sieht. Er wirft resigniert die Hände in die Höhe, wie um zu sagen: Ach, was soll’s.
    »Lisa, hörst du mir überhaupt zu? Du kannst nicht einfach um diese Uhrzeit da klingeln. Was ist mit deinen Kindern? So langsam fängst du an, sie zu vernachlässigen. Alles dreht sich nur noch um …«
    »Ich vernachlässige meine Kinder nicht.«
    »Ach nein?«
    »Warum sagst du das? Du bist doch derjenige, der mir immer wieder sagt, ich solle mir nicht so viele Gedanken machen, ich solle mich entspannen und sie in Ruhe lassen.«
    »Lisa, wach auf. Sieh dich nur an. Immer dreht sich alles nur um sie . Die ganze Zeit geht es nur um Kate . Du kannst es einfach nicht ertragen, dass sie enttäuscht von dir ist, deswegen …«
    » Enttäuscht? Ihre Tochter wird vermisst, Joe! Und es ist meine Schuld. Ich befürchte nicht, sie könnte enttäuscht von mir sein, nein, ich habe Todesangst!

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