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Die Schuld wird nie vergehen

Die Schuld wird nie vergehen

Titel: Die Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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nicht reden. Hat jemand die Wohnung durchsucht?«
    »Die Wohnung durch ...? Vanessa, was ist hier los? Als ich nach Hause gekommen bin, wurde ich von Cops empfangen. Sie sagten, eine Frau hätte der Polizei gesagt, jemand würde mir auflauern. Warst du das? Hast du bei der Polizei angerufen?«
    Vanessa war im Begriff zu antworten, als sie Stimmen im Hintergrund hörte.
    »Wer ist das?« fragte sie.
    »Einer der Beamten. Er will mit dir reden.«
    »Das geht jetzt nicht.«
    Wenn ihr Handy abgehört wurde und die Männer in der Wohnung gar keine echten Polizisten waren? Sie wollte Sam auffordern, wegzulaufen und am besten gleich die Stadt zu verlassen, aber in dem Moment nahm ihm ein anderer Mann das Telefon weg und begann, ihr Fragen zu stellen. Vanessa unterbrach die Verbindung
    Ihr kam es vor, als wären Stunden seit ihrem Abendessen mit Sam und ihrer Flucht in dieses Motel vergangen, dabei war es erst kurz vor elf. Erschöpft sank sie auf den Rand ihres Bettes. Sie hatte von der Rezeption eine Zahnbürste und Zahnpasta mitgenommen. Sie putzte sich die Zähne, wusch sich, zog ihre Jeans aus und kroch unter die Laken. Als sie die Augen schloss, dachte sie an Sam.
    Vanessa hatte nur wenig Liebhaber gehabt, seit sie die Anstalt verlassen hatte. Die meisten Männer flüchteten, wenn sie herausfanden, dass sie in einer Irrenanstalt gewesen war. Und diejenigen, die es für witzig hielten, eine Verrückte zu vögeln, ergriffen die Flucht, wenn sie mitbekamen, wie stark Vanessa von ihren Überzeugungen besessen war. Als sie Sam Cutler in einer Bar in der Nähe ihrer Wohnung traf, hatte sie über ein Jahr lang mit keinem Mann geschlafen. Sam war ein freiberuflicher Fotograf, der schon in der ganzen Welt gearbeitet hatte. Zuerst hatte sie gezögert, ihn an sich heranzulassen, aber er war hartnäckig geblieben, und schließlich hatte sie ihre Zurückhaltung aufgegeben.
    Sam konnte großartige Geschichten erzählen und war sehr kreativ und ausdauernd im Bett, doch das Beste an ihm war, dass er sie nicht verurteilte. Es hatte ihn nicht irritiert, als er erfuhr, dass Vanessa eine ehemalige Psychiatriepatientin gewesen war. Als Vanessa ihm von dieser geheimen Einheit berichtete, die ihr Vater leitete, hatte er gelassen eingeräumt, dass diese Möglichkeit zumindest theoretisch bestand. Vanessa hatte Patrick Gorman überredet, Sam einen Job zu geben, und langsam fing sie an zu glauben, dass es auch für sie etwas privates Glück geben könnte. Falls ihm nun etwas passierte und er ihretwegen ums Leben kam?
    Vanessa fühlte sich leer und müde. Die Leute, die hinter ihr her waren, hatten beinahe unbegrenzte Möglichkeiten, sie dagegen nur so wenige. Sie konnte nicht ewig weglaufen. Wenn man sie ernsthaft jagte, würde man sie irgendwann erwischen
    Sie weinte leise im Dunkeln und schlief nach einer Weile schließlich ein.
    Als Vanessa die Augen aufschlug, fuhr sie erschreckt hoch, verwirrt von der fremden Umgebung. Dann fiel ihr ein, wo sie war und warum sie sich in diesem Motel versteckte, statt sich in ihrer Wohnung zur Arbeit fertigzumachen. Sie fühlte sich zerschlagen. War sie grundlos in Panik geraten? Hatte sie sich zum Narren gemacht? Sie rief sich die Ereignisse der letzten Nacht ins Gedächtnis. Während sie auf Sam wartete, hatte sie zwei Männer bemerkt, die sich in einem Torweg ihrem Büro gegenüber unterhielten. Nur, hatten sie wirklich über sie gesprochen? Die Männer waren ihr zwar in einem gewissen Abstand zum Restaurant gefolgt, doch hatten sie Vanessa auch tatsächlich verfolgt? Und dieser Kerl, der an ihr Wagenfenster geklopft hatte? Sie hatte nicht den geringsten Beweis dafür, dass er nicht einfach nur ein Obdachloser gewesen war, der ein wenig Geld erbetteln wollte. Bei Tageslicht betrachtet wirkte ihr Verhalten vollkommen überzogen.
    Vanessa kam sich albern vor. Was sollte sie jetzt tun? Sie konnte unmöglich zu Arbeit gehen, weil sie sich dann Sam hätte stellen müssen. War ihr gestriges Verhalten der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte? Würde er sie jetzt verlassen? Sam hatte immer versucht, sie zu verstehen, aber wie viel ertrug er noch? Und die Polizei? Würde man sie verhaften, weil sie eine falsche Anzeige gemacht hatte? Nein, die Polizei interessierte sich nicht mehr weiter für sie. Dafür hatte Sam bestimmt gesorgt. Sie errötete, als sie sich vorstellte, wie er den Beamten erklärte, dass seine Freundin eine ehemalige Psychiatriepatientin war, die sich eine Verschwörung gegen sie

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