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Die Schuld wird nie vergehen

Die Schuld wird nie vergehen

Titel: Die Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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eine war groß, der andere klein und untersetzt. Beide trugen Windjacken und Jeans. Vanessas Herz pochte heftig, aber sie sagte kein Wort zu Sam. Er tolerierte zwar ihre paranoiden Phantasien, aber er ermunterte sie nie.
    Eine Stunde später lasen sich Vanessa und Sam ihre Zukunft vor - zumindest die Beschreibung, die sie in einem Glückskeks gefunden hatten. Sam erwartete ein Haufen Geld; Vanessa sollte sich vor Fremden hüten. Es war schon nach neun, und die Luft roch nach Regen, als sie das Restaurant verließen. Sie waren mit ihren eigenen Autos zur Arbeit gefahren, und kamen zuerst zu Sams Wagen. Sam küsste Vanessa auf die Wange. »Bis gleich, zu Hause.«
    Vanessa hielt Ausschau nach den beiden Männern, die vor ihrem Büro auf sie gewartet hatten, aber die Straßen rund um das Gebäude, in dem der Exposed saß, waren menschenleer. Eine Zeitungsseite flatterte über die Straße. Hinter dem Zaun stand die Ruine eines verlassenen Lagerhauses, in dem irgendwann die Traumlofts von aufstrebenden Pärchen entstehen würden. Vanessa glaubte, eine Bewegung in einem Haus wahrzunehmen, und hastete zu ihrem Wagen.
    Auf der anderen Straßenseite stand ein Mann in einem dunklen Torweg. Er trug ein Kapuzen-Shirt und sah wie ein Obdachloser aus. Die Leute, die Beschattungen durchführten, trugen oft solche Verkleidungen. Vanessa verriegelte die Türen, sobald sie im Wagen saß. Im nächsten Moment drückte jemand sein Gesicht gegen die Beifahrerscheibe. Vanessa griff, ohne nachzudenken, in ihre Handtasche. Sie sah ungepflegtes, rotes Haar und unrasierte Wangen. Der Mann starrte sie aus blutunterlaufenen Augen an und klopfte an die Scheibe. Vanessa zog die Magnum heraus. Furchtsam sprang der Mann zurück. Vanessa ließ den Wagen an, gab Vollgas und fuhr mit durchdrehenden Reifen los. Hastig bog sie in eine Seitenstraße ein, raste weiter und brachte schließlich einen Block zwischen sich und das verfallene Gebäude. Kurz bevor sie wieder abbog, warf sie einen Blick in den Rückspiegel. Der Mann stand immer noch auf der Straße und sah ihr nach.
    Vanessa fuhr ziellos durch die Stadt, bis sie überzeugt war, dass ihr niemand folgte. Ihr Adrenalin ebbte langsam ab, als sie auf einen dunklen Parkplatz einbog und anhielt. Ihr zitterten die Hände. Wer hatte ihr den Mann auf den Hals gehetzt? War er überhaupt hinter ihr her gewesen? Sie war schon öfter von Pennern angesprochen worden. Wenn man im Exposed-Gebäude arbeitete, konnte einem das häufiger passieren. Hatte sie vielleicht überreagiert? Und die beiden Männer, die ihr und Sam zu dem Restaurant gefolgt waren? Vielleicht waren die ja auch ganz harmlos gewesen. Und wenn nicht? Wenn sie Beobachter gewesen waren, die den Mann in dem Kapuzen-Shirt über Vanessas Aufenthaltsort informieren sollten? Sollten diese drei Männer tatsächlich zusammenarbeiten, konnten noch mehr auftauchen.
    Sam! Sie musste ihn warnen, bevor er in der Wohnung eintraf. Vielleicht warteten sie dort schon auf sie. Sie zog ihr Handy heraus. Wenn Sam etwas passierte ... Sie wählte Sams Handynummer. Es war abgeschaltet. Er würde in wenigen Minuten zu Hause eintreffen. Vanessa wählte die 911.
    »In meiner Wohnung sind Männer!« schrie sie hysterisch in ihr Telefon. Sie hoffte, dass die Panik in ihrer Stimme den Vermittler zur Eile antreiben würde. »Sie wollen meinen Freund umbringen!«
    Der Mann versuchte sie zu beruhigen, aber sie gab ihm nur ihre Adresse und unterbrach die Verbindung. Falls die Cops schnell genug eintrafen, würde Sam vielleicht nichts passieren. Vanessa drohte in Tränen auszubrechen. Hysterie konnte sie sich im Moment nicht leisten. Sie musste nachdenken
    Sie konnte nicht in ihre Wohnung zurück, und ebensowenig wagte sie es, ihre Kreditkarte zu benutzen und in einem Motel oder Hotel einzuchecken. Die Leute, die hinter ihr her waren, würden sie sofort aufspüren, wenn sie ihr Konto benutzte. Vanessa war am Nachmittag noch am Geldautomaten gewesen und hatte zweihundert Dollar dabei, abzüglich der Kosten für ihr Abendessen. Sie startete den Wagen und fuhr nach Maryland. Dort gab es ein großes Motel. Sie zahlte in bar und gab dem Angestellten ihren gefälschten Ausweis, den sie immer bei sich trug. Außerdem hatte Vanessa immer echte und falsche Reisepässe bei sich. Von ihrem Zimmer aus rief sie Sam an.
    »Gott sei Dank!« stieß Vanessa hervor, als sie Sams Stimme hörte. »Geht es dir gut?«
    »Warum sollte es mir schlechtgehen? Ist irgendwas passiert?«
    »Ich kann jetzt

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