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Die Schuld wird nie vergehen

Die Schuld wird nie vergehen

Titel: Die Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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Brüder oder Schwestern?«
    »Nein.«
    »Lebt Ihre Mutter noch?«
    »Nein.«
    »Ihr Vater?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Sie haben kein gutes Verhältnis zu ihm?«
    »Er hat uns verlassen, als ich noch sehr jung war.«
    »Hat Ihre Mutter wieder geheiratet?« »Nein.«
    Dr. French schwieg und schrieb einige Notizen auf seinen Block.
    »Haben Sie schon einige tiefgründige psychologische Einsichten gewonnen, Doc?« wollte Morelli wissen.
    »Bis jetzt dreizehn«, erwiderte French mit einem Lächeln.
    »Touche.« Morelli versuchte offenbar, den Arzt aus dem Konzept zu bringen, aber er merkte schnell, dass French nicht darauf einging.
    »Wo sind Sie zur Highschool gegangen?« fuhr der Psychiater fort.
    »St. Martins Prep.«
    French sah überrascht hoch. »Sie müssen gut betucht gewesen sein.«
    »Ich hatte ein Stipendium.«
    »Dann waren Ihre Noten wohl ausgezeichnet.«
    »Ja, waren sie wohl.«
    »Und wie sieht es mit Sport aus?«
    »Ich habe in der Junior High viel Sport getrieben. Auf St. Martins war ich nicht in einem Sportteam. Ich habe mich auf meine Prüfungen konzentriert und mich von den anderen ferngehalten.«
    »Welche Fächer haben Ihnen besonderen Spaß gemacht?«
    »Naturwissenschaften. Mathematik und Physik.«
    »Mochten Sie diese Schule?«
    Morelli zuckte mit den Schultern. »Einige Lehrer waren ziemlich scharfe Hunde. Die Schüler kamen aus einer anderen Welt. Wir hatten nicht viel gemeinsam.«
    »Hatten Sie viele enge Freunde?«
    Ein Schatten huschte über Morellis Gesicht. »Darüber möchte ich nicht reden.« »Sie haben doch Vanessa auf der Highschool kennengelernt«, warf Ami ein.
    Morelli reagierte unwirsch. »Ja, Vanessa kannte ich, aber darüber will ich nicht reden. Also weiter im Text.«
    »Einverstanden«, lenkte Dr. French ein. »Waren Sie auf dem College?«
    Morelli antwortete nicht.
    »Mr. Morelli?«
    »Ich war nicht auf dem College. Das war während des Vietnamkrieges. Ich wurde eingezogen.«
    »Sie wollten nicht zum Militär gehen?«
    »Ich weiß nicht, was ich wollte. Es war ... kompliziert.«
    In Amis Ohren klang diese Antwort traurig und verbittert.
    »Wo haben Sie Ihre Grundausbildung gemacht?« fuhr Dr. French fort.
    »In Fort Lewis.«
    »War das eine ganz normale Grundausbildung?«
    »Ja.« Morelli hielt inne, als er sich an etwas erinnerte. »Allerdings gab es da ein paar Tests, die wohl eher nicht zur normalen Ausbildung gehörten.«
    »Was für Tests?«
    »Wir haben alle während der Grundausbildung Tests absolviert. IQ, Sprachbegabung, solche Dinge. Zuerst haben wir sie in Gruppen gemacht, aber nach einer Weile wurde ich aussortiert. Man bestellte mich früh morgens oder manchmal auch mitten in der Nacht ein, und ich unterzog mich diesen Tests mit nur zwei oder drei anderen Kameraden. Man schärfte uns ein, nicht darüber zu reden. In dem Punkt waren sie sehr streng, aber einmal habe ich mit einem der anderen Jungs gesprochen, der ebenfalls neugierig war. Wie sich herausstellte, waren seine Eltern russische Emigranten, deshalb sprach er fließend Russisch. Er wusste, dass einer der beiden anderen Testkandidaten eine asiatische Sprache beherrschte. Der dritte hatte auf dem College seinen Abschluss in Russisch gemacht.«
    »Und Sie?«
    »Das war das Merkwürdige. Ich hatte auf der Highschool Französisch gelernt, und meine Noten waren auch ganz gut, aber dieser Kerl sprach Russisch wie eine Muttersprache.«
    »Ist in der Grundausbildung etwas Ungewöhnliches passiert?«
    »Ungewöhnlich würde ich das nicht nennen, eher unerwartet.«
    »Was war das?«
    »Meine Versetzung. Wir wurden nach unseren Wünschen für die weitere Ausbildung gefragt. Ich hatte als erste Präferenz die Offizierskadettenschule angegeben und als zweite die Special Forces. Ich kam nach Fort Holabird. Es liegt etwas außerhalb von Baltimore.«
    »Welche Ausbildung bekam man dort?«
    »Geheimdienstausbildung.«
    »Das hatten Sie nicht als Präferenz angegeben?«
    »Nein, aber ich hatte keinen Grund, mich zu beschweren. Also habe ich das Programm durchgezogen.«
    »Was haben Sie in Fort Holabird gelernt?«
    »Geheimdienstarbeit. Wie man jemanden beschattet, wie man irgendwo einbricht, elektronische Überwachung.«
    »Abhören?«
    »Das und andere raffinierte Sachen.« Morelli lächelte. »Wir haben auch praktische Übungen durchgeführt.«
    »Können Sie uns ein Beispiel geben?«
    »Ich habe mir einen Namen aus einem Telefonbuch herausgefischt und die Zielperson den ganzen Tag verfolgt. Einmal habe ich eine

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