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Die Schuld wird nie vergehen

Die Schuld wird nie vergehen

Titel: Die Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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Sie noch etwas fragen«, fuhr Ami fort. »Wenn er sich das alles ausgedacht hat, aber glaubt, dass er in einer Art von Spezialkommando gedient hat? Würde er juristisch damit als nicht zurechnungsfähig gelten?«
    »Das wäre zumindest paranoides Verhalten«, erklärte French, »doch Morelli ist für einen paranoiden Schizophrenen viel zu ausgeglichen. Dafür sehe ich keinerlei Belege bei ihm. Er hat sehr guten Kontakt zur Realität. Damit meine ich, dass er vernünftig spricht, sich über seine Lage im Klaren ist und angemessen auf Fragen reagiert.«
    French hielt inne. »Paranoide Persönlichkeitsstörungen wären eine andere Möglichkeit. Sie treten für gewöhnlich im frühen Erwachsenenleben auf und äußern sich in einem umfassenden Misstrauen anderen Menschen gegenüber. Die Motive anderer Menschen werden immer als bösartig interpretiert, aber auch das sehe ich bei Morelli nicht. Er hat freiwillig mit uns geredet. Er hat uns Informationen anvertraut, die jemand mit einer solchen Störung nur zögernd zugegeben hätte.«
    Während sie über den Parkplatz gingen, war Dr. French in tiefes Nachdenken versunken. Als sie Amis Wagen erreichten, teilte er ihr das Ergebnis seines Grübelns mit.
    »Es besteht dennoch eine Möglichkeit, dass Morelli sich in einem paranoiden Zustand befindet. Diese besondere Form von Verfolgungswahn ist allerdings äußerst selten.«
    »Erklären Sie es mir.«
    »Jemand befindet sich in einem paranoiden Zustand, wenn er ein sehr enges, wahnhaftes System um sich errichtet hat, das er schon in seinem frühen Erwachsenenleben entwickelt Es fängt mit der Überzeugung an, dass eine äußere Macht, zum Beispiel die CIA, ihn kontrolliert. Sobald dieser Wahn installiert ist, konstruiert diese Person ein extrem komplexes System, das darauf aufbaut. Akzeptieren sie jetzt das ursprüngliche Axiom, funktioniert alles andere in diesem Wahnsystem vollkommen logisch. Es ist beinahe unmöglich zu durchbrechen. Ein solches Individuum befindet sich immer in diesem Wahnsystem, aber es schweigt darüber, weil es gelernt hat, dass es Schwierigkeiten bekommt, wenn es darüber redet. Außerdem ist es gesund genug, um es zu kontrollieren.«
    »Sie meinen, Dan öffnet sich uns, weil er Angst hat, ins Gefängnis zu müssen?«
    »Möglich. Außerdem haben Sie ihm versprochen, dieses Gespräch vertraulich zu behandeln. Sich unter solchen Umständen zu öffnen passt zu dieser Art von Paranoia.«
    »Sie sagten, dieser paranoide Zustand sei äußerst selten?« »Man stößt darauf fast so selten wie auf jemanden, der das getan hat, was Morelli behauptet hat. Es macht natürlich mehr Vergnügen, eine solch aufregende Geschichte einfach zu schlucken, statt sie genauestens zu überprüfen, aber genau das müssen wir tun.«
    »Gut. Kümmern Sie sich um die militärischen Unterlagen, und rufen Sie mich an, wenn die Morellis Behauptungen bestätigen oder widerlegen. Ich versuche weiter, einen erfahrenen Strafverteidiger aufzutreiben, der Morellis Fall übernimmt.«

10. KAPITEL
    Gutgelaunt betrat Ami zwei Tage nach dem Gespräch mit Morelli und Dr. French die Kanzlei. Ray Armitage, einer der besten Strafverteidiger des Landes, hatte ihren Anruf erwidert. Er war in Colorado, wo er einen Prozess in einer Mordsache vorbereitete, in die ein Mitglied des olympischen Skiteams verwickelt war. Er wollte spätestens Montag wieder in Portland sein und hatte sein Interesse bekundet, Morellis Fall zu übernehmen.
    Unmittelbar nach dem Gespräch mit Armitage hatte Ami Vanessa Kohler angerufen, die sich bereit erklärte, Armitage einen Vorschuss zu zahlen, ebenso seine Honorare und Spesen, die ziemlich hoch waren. Es überraschte Ami, dass Vanessa sie nicht fragte, ob Morelli es sich mittlerweile anders überlegt hatte und sie vielleicht doch empfangen wollte.
    »Guten Morgen, Nancy«, rief Ami.
    »Gut, dass Sie endlich da sind!« gab die Empfangsdame zurück. »Das Telefon klingelt schon den ganzen Morgen.«
    Ami sah sie verblüfft an.
    »Haben Sie die Morgenzeitungen noch nicht gelesen oder Nachrichten gehört? Ihr Freund wird wegen der Little-League-Sache angeklagt. Es steht auf allen Titelseiten. Und jeder weiß, dass Sie seine Anwältin sind.«
    Nancy reichte Ami eine Zeitung. Der Artikel stand zwar auf der unteren Hälfte, nahm jedoch dafür das gesamte untere Drittel der Titelseite ein.
    »Ach ja, dieser Kirkpatrick hat angerufen.«
    »Was wollte er?«
    »Morelli wird um ein Uhr im Krankenhaus dem Untersuchungsrichter

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