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Die Schuld wird nie vergehen

Die Schuld wird nie vergehen

Titel: Die Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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schleichen. Jetzt ist es fünf. Der erste Treff ist um Mitternacht. Ihr wisst, wie's läuft.«
    Niemand sagte ein Wort. Sie wussten, was Molineaux meinte. Sie konnten keinen Verwundeten mitnehmen, wenn er nicht mit ihnen Schritt halten konnte, und niemand würde lebendig gefangengenommen werden.
    »Los geht's!« befahl der Captain. Die Männer packten Nahrung, trockene Kleidung und die Erste-Hilfe-Kästen aus ihren Rucksäcken und versteckten sie neben dem toten Vietnamesen im Dickicht. Dann brachen sie auf.
    Der Heckenschütze erwischte Carpenter kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Carl sah, wie der Elektronikexperte vor ihm zusammenzuckte und taumelte. Wäre nicht der rote Fleck auf Carpenters Hals gewesen, hätte Carl vielleicht angenommen, er wäre nur über eine Wurzel gestolpert. Dieser rote Fleck jedoch rettete Carl das Leben. Er hechtete hinter einen Baum in Deckung, und die Kugel, die ihm galt, pfiff an ihm vorbei. Carl wartete eine Weile, bevor er hinter dem Baum hervor spähte und versuchte, den Scharfschützen zu lokalisieren. Kaum bewegte er sich, schlug eine Kugel einen Zentimeter neben seiner Schläfe im Baum ein. Die Zeit war auf der Seite des Vietnamesen. Wenn der Mann dort blieb, wo er war, musste Carl sich weiter in den Dschungel zurückziehen und hoffen, ungesehen zu bleiben. Es würde sehr lange dauern, den Heckenschützen zu umgehen, ohne seine Position zu verraten. Vielleicht verpasste er sogar den Treffpunkt, aber er konnte auch nicht dort bleiben, wo er war, weil das Feuer des Scharfschützen seine Kameraden alarmieren würde. Es bestand sogar die Gefahr, dass Carl in sie hineinlief, während er versuchte zu entkommen.
    Die Stille wurde von Gewehrsalven unterbrochen.
    »Rice!« schrie Molineaux. »Schaff deinen Arsch hierher!«
    Carl sprang sofort auf den Weg. Moulineaux reichte ihm Carpenters Rucksack, in dem sich die elektronische Ausrüstung aus dem Flugzeug befand. Der Heckenschütze lag tot ein paar Meter weiter entfernt auf dem Weg.
    »Los!« befahl Molineaux. Während Carl losrannte, hörte er Stimmen hinter sich, die etwas auf Vietnamesisch riefen. Der Feind wusste, wo sie waren!
    Bei Einbruch der Dunkelheit stellten die Vietnamesen die Verfolgung ein und gaben sich damit zufrieden, dass sie die Amerikaner umzingelt hatten. Sie hatten bis zum Tagesanbruch eine Blockade zwischen ihnen und dem Fluss gezogen. Die Stunden nach Sonnenuntergang waren die schlimmsten und verwirrendsten. Das Team erreichte den Fluss erst um vier Uhr morgens, lange nach dem vereinbarten ersten Treff. Nachdem sie sich dem Ufer so weit, wie sie es wagen konnten, genähert hatten, befahl Molineaux seinen Männern, einen Stern zu bilden. Alle legten sich flach auf den Bauch, während ihre Füße sich berührten. Carl war erschöpft, aber er war zu gut ausgebildet und viel zu aufgeregt, um einzuschlafen.
    Zehn Minuten, bevor das Kanonenboot ankommen sollte, führte Molineaux sie aus der Deckung. Eine Nebelbank lag über dem Fluss, deren Ausläufer bis in den Dschungel reichten. Molineaux sah eine Bewegung vor sich und ließ die Männer anhalten. Die Vietnamesen kehrten dem Fluss den Rücken zu, weil sie erwarteten, dass das Team tiefer im Dschungel steckte. Das Motorengeräusch ließ sie herumfahren. Molineaux rannte auf eine Lichtung direkt neben dem Flussufer und eröffnete das Feuer, als das Kanonenboot auftauchte. Dessen Mannschaft unterstützte sie mit Dauerfeuer aus ihren Fünfzig-Millimeter-Kanonen. Noch während Carl kopfüber in den Fluss hechtete, sah er, wie ein Gesicht unmittelbar vor ihm zerfetzt wurde und ein schlanker, junger Vietnamese von den Geschossen förmlich in zwei Hälften gerissen wurde. Kräftige Hände zerrten ihn ins Boot, während feindliche Kugeln dumpf in den Bootsrumpf einschlugen. Carl ließ sich über den Rand fallen, während die anderen Männer an Bord kletterten. In dem Moment zuckte Settles zurück und fiel ins Wasser. Carl wollte ihm helfen, wurde jedoch von der Reling zurückgerissen. Im selben Moment ging Settles in dem schäumenden Kielwasser unter. Jemand drückte Carl nach unten, und er lag mit dem Gesicht auf das Deck gepresst da. Er konnte den Tod riechen, und das Kanonenfeuer war ohrenbetäubend, bis der Dschungel den Lärm dämpfte und das Feuer allmählich verebbte.
    Als Carl in Okinawa Bericht erstattete, wurde ihm befohlen, mit niemandem über diese Mission zu sprechen, nicht einmal mit seinem befehlshabenden Kommandeur. Offiziell hatten sich die letzten Tage niemals

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