Die Schuld wird nie vergehen
Luke, Molineaux folgte ihm. Carl und Senders behielten den Dschungel im Auge.
Carl hörte, wie sich Carpenter im Flugzeug zu schaffen machte. Jeder, der in der Nähe war, würde den Elektronikexperten ebenfalls hören. Wie lange brauchte Carpenter denn noch für seinen Job? Carl riss sich zusammen. Er durfte an nichts anderes denken als an den Dschungel. Er musste sich konzentrieren. Wenn er nur nicht so müde gewesen wäre!
Bisher hatten sie noch keine Feindberührung gehabt, deshalb unterschied sich diese Mission kaum von den vielen anstrengenden Ausbildungsübungen. Carl hoffte, dass es dabei blieb. Schnell rein, schnell raus, und das ohne Verluste! Insgeheim jedoch sehnte er sich danach, auf den Feind zu treffen, damit er sich im Kampf erproben konnte. Er wusste, wie dumm das war. Solche Action endete nur in Filmen ruhmvoll. In der Realität verloren Männer dabei Arme, Beine oder sogar das Leben. Die Männer seines Teams waren kampferprobte Veteranen, die Erfahrungen im Nahkampf hatten, die Spezialität der Special Forces. Sie alle hatten im Kampf Mann gegen Mann bereits getötet. Dennoch hatte keiner von ihnen bisher eine Kriegsgeschichte zum Besten gegeben. Vielleicht, weil der Krieg zu düster war und eher den Stoff produzierte, aus dem die heftigen, beunruhigenden Alpträume sind, nicht das romantisierende Geschwafel, das man am Tresen bei einem Bier erzählte
Dennoch hätte Carl gern herausgefunden, wie er sich bewähren würde.
Eine Viertelstunde, nachdem Carpenter und Molineaux das Flugzeug betreten hatten, pfiff Settles das verabredete Signal und tauchte auf der Lichtung auf. Molineaux trat in die Flugzeugluke und beriet sich kurz flüsternd mit Settles. Der verschwand daraufhin wieder im Dschungel. Molineaux ging in die Maschine zurück und trieb Carpenter zur Eile an. Danach befestigte er Sprengfallen und Thermitgranaten mit Zeitzündern an der Maschine. Nur Augenblicke, bevor Carpenter aus der Maschine sprang, tauchte Settles mit den anderen Wachen auf der Lichtung auf. Molineaux erklärte, dass feindliche Soldaten in der Nähe waren. Im Laufschritt machten sie sich zum Fluss auf.
Die Sonne ging bereits unter. Molineaux wollte vor Einbruch der Dunkelheit so viel Terrain wie möglich zwischen sich und die Maschine bringen. Manchmal hörte Carl, wie sich vietnamesische Soldaten im Dschungel etwas zuriefen. Das war kein gutes Zeichen. Wenn er die Soldaten hören konnte, waren sie sehr nah, und wenn sie sich keine Mühe machten, ihre Anwesenheit zu verbergen, handelte es sich vermutlich um ein ziemlich großes Truppenkontingent.
Eine Stunde später hörten sie eine Reihe von gedämpften Explosionen. Der dichte Wald erstickte den Knall der explodierenden Maschine. Keiner der Männer verlangsamte auch nur für eine Sekunde das Tempo. Denn jetzt wussten die Vietnamesen, dass feindliche Soldaten in der Gegend waren. Hatten sie erst einmal das Flugzeug gefunden, würden sie auch rasch die Spuren des Teams ausfindig machen.
Der siebzehnjährige vietnamesische Soldat war hungrig und erschöpft von dem Marsch durch den Dschungel. Als Carl um die Biegung des Pfades kam, stand der Junge mit einem Fuß auf dem schmalen Wildpfad und mit dem anderen noch im Dickicht. Er hatte den Hosenschlitz aufgeknöpft und hielt seinen Penis in der Hand, um zu pinkeln. Carl und der Soldat starrten sich mit großen Augen und offenem Mund an. Es schien fast so, als wäre die Zeit in diesem lächerlichen Augenblick eingefroren. Carl wusste, dass er den Soldaten auf keinen Fall schreien lassen durfte, aber er konnte den Mann auch nicht erschießen, weil das ihre Position verraten hätte. Also rammte er dem Soldaten den Gewehrkolben seines M-16 in den Solarplexus, trieb ihm die Luft aus den Lungen und zertrümmerte ihm die Luftröhre. Settles bog um die Kurve und erfasste die Lage mit einem Blick. Er gab Carl Deckung, während Morales losrannte und Molineaux informierte. Einige Augenblicke später scharte sich das Team um den Toten. Molineaux befahl Carl und Settles, die Leiche zu verstecken.
»Leert alles aus euren Taschen bis auf Wasser und Munition«, befahl Molineaux, nachdem Carl und Settles den Vietnamesen im dichten Unterholz verborgen hatten. »Morales, du schnallst dir das Funkgerät auf den Rücken. McFee hat gerade gemeldet, dass zwischen uns und dem Fluss feindliche Truppen stehen. Sie werden den Mann bald vermissen. Dann sitzen wir in der Scheiße. Wir müssen uns in der Nacht durch die feindlichen Linien
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