Die Schuld wird nie vergehen
an, folgte ihrem Blick und sah Carl.
»Vanessa.« Carl lächelte ebenso warm wie seine frühere Geliebte.
»Was machst du denn hier?«
»Ich lebe in Washington. Naja, eigentlich in Virginia. Lebst du hier, oder bist du nur auf Besuch?«
»Ich wohne in Georgetown.«
»Willst du mich nicht vorstellen?« Vanessas Begleiter vertrug es offensichtlich nicht, dass die beiden ihn einfach ignorierten.
»Entschuldigung. Bob Coyle, das ist Carl Rice, ein alter Freund.« »Angenehm.«
Coyles kräftiger Händedruck verriet Carl klar und deutlich, dass Coyle sich als Alphamännchen fühlte, das seine Gefährtin verteidigte. Carl ließ Coyle sein Territorium abstecken, indem er sich dem schmerzhaften Händedruck ergab. Er merkte, dass Vanessas Begleiter ihn schnellstmöglich loswerden wollte, und er hatte nicht die Absicht, ihr den Abend zu verderben.
»Ich bin mit jemanden hier«, erklärte Carl deshalb. »Aber ich würde gern über die alten Zeiten mit dir plaudern. Wie kann ich dich erreichen?«
Coyle verzog mürrisch das Gesicht, als Vanessa Carl ihre Telefonnummer gab.
»Nett, Sie kennenzulernen, Bob«, warf Carl hin, bevor er an seinen Tisch zurückkehrte. Sobald er sich gesetzt hatte, erklärte er seiner Begleiterin, dass Vanessa eine alte Freundin war. Die Frau akzeptierte diese Erklärung, und Carl faszinierte sie mit meist erfundenen Kriegsgeschichten, während er unaufhörlich an Vanessa dachte.
Vanessa saß an einem ruhigen Tisch im hinteren Teil eines Bistros, das nur ein paar Blocks von ihrer Wohnung in Georgetown entfernt lag. Sie trug einen braunen Hosenanzug und eine weiße Bluse. Sie sah hinreißend aus. Carl trug eine graue Hose, ein blaues Oxford-Hemd und einen Blazer. Sein Haar war zerzaust, und er wirkte eher aus wie ein junger Anwalt denn wie ein Militär. Als Carl den Tisch erreichte, stand Vanessa auf und umarmte ihn. Es war die Art von kurzer, sachlicher Umarmung, die man sich bei der Gastgeberin einer Cocktailparty abholt, die einen nicht besonders gut kennt. Carl folgerte, dass Vanessa den Schreck überwunden hatte, ihn aus dem Nichts auftauchen zu sehen, und sich an die Umstände ihrer Trennung erinnerte.
»Du siehst großartig aus!« erklärte er.
»Du auch. Machst du immer noch Karate?«
Er nickte. »Und du hast im College Tennis gespielt, richtig?«
»Das College ist schon sehr lange her, Carl. Ich habe damit angefangen, als du in den Krieg gezogen bist.«
Beim letzten Satz schwang eine gewisse Bitterkeit in Vanessas Stimme mit. Carl sah sie an.
»Die Army ist mir gut bekommen.« »Scheint so, wenn du noch dabei bist.«
Carl wechselte rasch das Thema. »Erzähl mir, was du in den letzten Jahren gemacht hast.«
Vanessa dachte einen Moment nach. »Ich glaube, das Größte war meine Ehe.«
»Der Mann aus dem Restaurant?«
Sie lachte. »Nein. Bob ist Anwalt und arbeitet für einen Kongressausschuss. Ich arbeite für einen Kongressabgeordneten. Bob habe ich vor einem Monat bei einer Anhörung kennengelernt.« »Also bist du nicht mehr verheiratet?«
Vanessa wurde ernst. »Es hat nicht funktioniert. Ich hätte es wissen sollen. Seine einzige Qualifikation war, dass der General ihn verachtete. Wir sind aus Trägheit jahrelang zusammengeblieben, aber die Ehe war schon vorbei, bevor sie richtig angefangen hat.«
»Am Telefon sagtest du, dass du wieder studierst?«
»Ja, ich arbeite tagsüber und gehe abends zur Uni und studiere Jura. Studieren das nicht alle Geschiedenen, nachdem ihre Ehe den Bach runtergegangen ist?«
»Tagsüber arbeiten und abends studieren muss sehr hart sein.«
»Es ist strapaziös, aber das Studium fällt mir leicht.«
»Du hast immer schon schnell gelernt«, meinte Carl. »Bis auf Differentialrechnung.«
Vanessa wirkte traurig. »Ja, bis auf Differentialrechnung. Und, was machst du in der Army?«
»Ich lehre Sprachen in Fort Meyer.«
»Ach ja? Welche Sprachen?«
»Vietnamesisch und Thai.«
»Ich glaube, ich kann mir denken, wo du sie gelernt hast.«
Carl senkte den Blick, als er antwortete, so wie er es einstudiert hatte.
»Ich habe in Vietnam einige schlimme Sachen erlebt. Es war eine harte Zeit. Als ich wieder in den Staaten war, hörte sich ein Job als Sprachlehrer ganz gut an.« Er lächelte. »Ich bin eigentlich froh, dass ich ihn angenommen habe. Ich unterrichte gern und habe gute Kontakte zu vielen Leuten von der Uni geknüpft. Wenn ich meinen Abschied nehme, bin ich noch jung und kann an vielen Orten unterrichten.«
»Das freut mich für
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