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Die Schuld wird nie vergehen

Die Schuld wird nie vergehen

Titel: Die Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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nicht da, und auf ihrem Anrufbeantworter häuften sich die Nachrichten.
    Am nächsten Abend bekam Carl einen Anruf von einem Meinungsforschungsinstitut. Er hatte noch nie so rasch nach seiner Rückkehr von einem Auftrag einen neuen erhalten, aber der Anruf signalisierte ein neues Treffen. Fünf Stunden, nachdem er die Nachricht entschlüsselt hatte, parkte er vor dem Zimmer 105 eines Motels in einem Außenbezirk von Baltimore. Carl erwartete General Peter Rivera vorzufinden, aber der Raum war leer. Ein heftiger Schneesturm tobte sich über der Ostküste aus, so dass seine Verspätung durch die Wetterbedingungen zu erklären war.
    Carl warf seine grüne Jacke und die Strickmütze auf das Bett und ging ins Bad. Dann brühte er sich einen Kaffee in dem Topf auf, den das Motel in jedem Zimmer zur Verfügung stellte. Während der Kaffee sich setzte, überlegte er, was er tun sollte, falls Rivera einen Auftrag für ihn hatte, bei dem er einen Mord begehen musste. Noch bevor er sich eine Strategie ausdenken konnte, öffnete sich die Tür. Carl zog seine Waffe und drückte sich an die Badezimmerwand. Er konnte die Eingangstür im Spiegel über dem Waschbecken sehen. Der starke Wind fegte Schneeflocken ins Zimmer. Ein Mann kam herein. Er war zu groß für Rivera. Sein Gesicht wurde von dem aufgestellten Kragen seines Mantels verborgen.
    »Die Steuerzahler müssen für diese Kugeln gerade stehen, Carl«, sagte Morris Wingate. »Verschwenden Sie sie nicht!«
    Carl schob seine Waffe in das Halfter und trat mit zwei Kaffeebechern in der Hand ins Schlafzimmer.
    »Heiß genug für Sie?« erkundigte er sich beiläufig, als er dem General einen Becher reichte.
    »Heiß genug«, erwiderte Wingate und trampelte sich den Schnee von den Schuhen.
    »Ich habe versucht, Sie anzurufen«, erklärte Carl.
    »Ich war unterwegs.« Carl war klar, dass er keine weitere Erklärung bekommen würde. Der General setzte sich in den einzigen Sessel des Zimmers und wärmte seine Hände an dem Kaffeebecher. Carl zog den Schreibtischstuhl heraus und stellte seinen Becher auf die Schreibunterlage. Dann zwang er sich, Wingate anzusehen, als er zur Sache kam.
    »Ich denke darüber nach, den Dienst zu quittieren.«
    »Hat das etwas mit Vanessa zu tun?«
    Carl war darauf trainiert, seine Gefühle zu verbergen, aber diesmal ließ seine Ausbildung ihn im Stich.
    »Sie sind sehr wichtig für uns, Carl. Wir behalten Sie natürlich im Auge.«
    Carl fühlte sich elend.
    Der General schüttelte traurig den Kopf. Als er sprach, klang er nicht wütend, sondern nur traurig und enttäuscht.
    »Ich wünschte, Sie hätten sich mir vorher anvertraut. Sie wissen, dass Sie und Vanessa mir viel bedeuten.«
    Carl schwieg, weil ihm unklar war, wie viel Wingate wusste.
    »Haben Sie Ihr gesagt, was Sie tun?« erkundigte sich der General
    Carls Gedanken überschlugen sich, als er die richtige Antwort suchte. Falls Wingate seine Beichte belauscht hatte, konnte eine Lüge das Todesurteil für ihn und Vanessa bedeuten. Allerdings konnte das ebenfalls passieren, wenn Wingate nicht wusste, was Carl seiner Tochter erzählt hatte, und er dem General nun reinen Wein einschenkte.
    »Ich habe Ihr nichts von der Einheit gesagt, und das habe ich auch nicht vor«, log er. »Wir wissen beide, wie sie dann reagieren würde.«
    Wingate nickte. »Warum haben Sie sich entschlossen, Ihre Karriere aufzugeben?«
    Carl blickte auf seine Hände. »Ich lasse nach. Ich bin ausgebrannt.«
    »Sie sollten in Ruhe darüber nachdenken. Sie sind auf dem Weg nach oben, Carl. Sie werden die Karriereleiter hinaufklettern, wenn Sie beim Militär bleiben. Es gibt da einflussreiche Leute, die Großes mit Ihnen vorhaben. Versprechen Sie mir, nicht überstürzt zu handeln?«
    »Ich werde keine übereilte Entscheidung treffen, Sir«, lenkte Carl ein.
    »Gut, denn ich habe eine wichtige Aufgabe für Sie.« Das überraschte Carl. Normalerweise instruierte ihn General Rivera. »Wenn Sie diese Mission erledigt haben, nehmen Sie Urlaub und finden heraus, was Sie mit Ihrem Leben anfangen wollen. Ich werde Ihre Entscheidung hundertprozentig unterstützen, ganz gleich, wie sie ausfällt.«
    Wingate öffnete den Aktenkoffer, den er bei sich hatte. Darin befand sich Bargeld, ein falscher Pass, eine Waffe und andere Dinge, die Carl bei einem Auftrag brauchte. Der General reichte ihm einen dünnen Ordner. Darin befand sich das Foto eines gutaussehenden Mannes mit zerzaustem Haar, der vor einem Bürogebäude stand. Er kam Carl vage

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