Die Schuld wird nie vergehen
geheimen Einheit zu dienen, die von Ihrem Vater geleitet wurde. Deshalb klingt er so plausibel.«
»Verstehen Sie jetzt, wogegen ich kämpfen muss?« gab Vanessa zurück. »Niemand will mir glauben! Ich weiß genau, dass mein Vater diese Einheit befehligte. Und jetzt endlich habe ich eine Chance, es auch zu beweisen. Ich habe einen Zeugen, der allen erklären kann, wie mein Vater wirklich ist, aber ich muss ihn aus dem Gefängnis holen, bevor er ihn umbringen lässt. Mein Vater kann jeden Augenblick herausfinden, dass Carl Rice noch lebt. Dann hetzt er ihm seine Killer auf den Hals.«
»Carl ist vollkommen sicher, Vanessa. Er sitzt in der geschlossenen Abteilung des Krankenhauses und wird von einem Polizisten bewacht. Niemand kommt zu ihm.«
Einen Moment glaubte Ami, ihre Klientin würde widersprechen, doch plötzlich wurde Vanessa ganz ruhig.
»Vermutlich haben Sie recht«, lenkte sie ein.
»Machen Sie sich keine Sorgen! Ray Armitage ist der beste Anwalt. Er wird den Fall sehr bald übernehmen. Dann bekommen wir endlich Ergebnisse. Einverstanden?«
Vanessa nickte. »Tut mir leid, dass ich mich so aufgeregt habe. Sie machen Ihren Job großartig.«
Ami lächelte zwar, aber sie war sicher, dass Vanessa nach ihrem plötzlichen Stimmungsumschwung kein einziges Wort ernst gemeint hatte.
Nach dem Essen schlenderte Ami in ihr Büro zurück und ging noch einmal alles durch, was sie über Carl Rice wusste. Sie bekam aber keine neuen Einsichten, bis sie Captain Howard Stienbocks psychiatrisches Gutachten las. Der Arzt war zu dem Schluss gekommen, dass Carl 1985 ein mentales Problem gehabt hatte. Dr. Stienbocks Diagnose würde erhärten, dass Ihr Patient ein langwieriges psychiatrisches Problem hatte, falls Ray Armitage auf geistige Unzurechnungsfähigkeit plädieren wollte.
Ami rief auf gut Glück im Walter Reed General Hospital an. Vielleicht arbeitete Stienbock ja noch dort. Die Frau in der Telefonzentrale konnte jedoch keinen Dr. Stienbock in ihren Unterlagen finden, also stellte sie Ami zur Personalabteilung durch. Nachdem man sie eine Weile in der Leitung warten ließ, informierte man Ami, dass Dr. Stienbock gestorben war
»Wann ist das passiert?« fragte Ami. »Im Dezember 1985.«
Das war nur wenige Monate, nachdem er seinen Befund über Rice angefertigt hatte. »Wie ist er gestorben?« »Das steht nicht in unseren Unterlagen.« »War er verheiratet? Dann könnte ich seine Witwe anrufen.« »Er war alleinstehend.«
»Haben Sie vielleicht den Namen seiner nächsten Angehörigen?«
»Tut mir leid, aber diese Information darf ich am Telefon nicht herausgeben.«
Ami bedankte sich bei der Frau und legte auf. Dann fuhr sie ihren Computer hoch und suchte im Internet nach Dr. Howard Stienbock. Es gab nur wenige Treffer, aber einer war ein Artikel in der Washington Post. Darin ging es um einen Unfall mit Fahrerflucht, bei dem ein Psychiater ums Leben gekommen war, der im Walter Reed General Hospital arbeitete. Wenn man dem Nachruf glauben konnte, dann hatte Doktor Stienbock während des Vietnamkrieges bei den Special Forces gedient und an nicht näher bezeichneten Kampfeinsätzen teilgenommen.
Ami drehte sich von ihrem Computer weg und starrte auf die Wand. Stienbocks Tod bewies gar nichts. Das bedeutete nur, dass der Arzt als Zeuge nicht mehr zur Verfügung stand. Seine Verbindung zu den Special Forces gab ihr jedoch zu denken. Den flüchtigen Fahrer, der den Arzt getötet hatte, hatte man im Übrigen nie gefunden.
Trotzdem hielt Ami nicht mehr Beweise als vor ihrer Suche nach Dr. Stienbock in der Hand, dass Carl Rice tatsächlich zu dieser geheimen Einheit gehört hatte. Vanessa stützte ihren Glauben an die Existenz dieser Einheit allein auf die Behauptungen von Carl Rice, der vielleicht unter Wahnvorstellungen litt. Ihr einziger Beweis war eine Liste mit Personalunterlagen, die sie aber nicht beibringen konnte. Sie konnten aus einem vollkommen harmlosen Grund im Safe des Generals gelegen haben. Aber wenn Carl nun nicht log? Wie konnte man beweisen, dass diese Einheit existiert hatte, wenn alle Spuren darüber ausgelöscht worden waren?
Ami kam ein Gedanke. Laut Vanessa und Carl hatten die beiden sich nach seiner Beichte über seine Aktivitäten in dieser Einheit nur noch ein einziges Mal gesehen, im Haus des Kongressabgeordneten Glass, und das nur ein paar Sekunden. Carl hatte ausgesagt, dass Vanessa seinen Namen genannt hatte und anschließend weggelaufen war. Woher wusste Carl von den Unterlagen, die
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