Die Schuld wird nie vergehen
habe ihm auch nicht zur Flucht verholfen.«
»Wem haben Sie nicht zur Flucht verholfen, Mrs. Vergano? Wie lautet der wirkliche Name Ihres Mandanten, und wer ist diese Frau?«
Ami fühlte sich vollkommen hilflos. »Ich darf Ihre Fragen nicht beantworten, Brendan. Die Aussagen meines Mandanten unterliegen der anwaltlichen Schweigepflicht.« »Ich werde Sie morgen in aller Herrgottsfrühe vor einen verdammten Richter zerren!«
»Sie müssen mir glauben!« flehte Ami ihn an. »Ich würde Ihnen helfen, wenn ich könnte.«
Kirkpatrick stieß vernehmlich die Luft aus. »Ich fahre Sie schon wieder an. Es tut mir leid. Ich bin vollkommen erschöpft.«
»Glauben Sie mir, ich würde mit Ihnen zusammenarbeiten, wenn ich könnte. Ich sage Ihnen alles, was ich weiß, wenn der Richter das anordnet.«
Plötzlich wurde Ami klar, dass Carl auf der Station eingesperrt und von einem Polizisten und mindestens zwei Pflegern bewacht worden war.
»Ist jemand verletzt worden?« erkundigte sie sich.
»Ihr Mandant hat einen der Pfleger mit einer Pistole niedergeschlagen. Die Platzwunde musste genäht werden. Sonst ist niemand verletzt worden.«
»Wie ist er entkommen?«
»Eine Frau hat sich als Filmproduzentin ausgegeben und Dr. Ganett dazu gebracht, sie auf die Station zu führen. Offensichtlich hat er aus seinem Erlebnis mit Ihnen nichts gelernt.«
Ami errötete.
»Die Pfleger waren so begeistert, in einem Film mitzuspielen, dass sie die Frau nicht einmal durchsucht haben. Sie hatte zwei Pistolen in ihrer Tasche. Morelli und die Frau haben das Personal in ein leeres Krankenzimmer gesperrt und sind verschwunden. Bis jetzt haben wir keine Ahnung, wo sie sind oder wohin sie wollen.«
Kirkpatrick wollte noch etwas sagen, als Detective Walsh aus dem Aufzug trat. Er schien aufgeregt zu sein.
»Entschuldigen Sie uns bitte, Mrs. Vergano«, sagte er, während er den Staatsanwalt außer Hörweite zog. Als Walsh sprach, beobachtete Ami, wie Kirkpatrick immer aufgeregter wurde. Sie hörte, wie er fluchte. Dann kamen die beiden Männer zu ihr zurück.
»Schluss mit den Spielchen, Ami«, zischte Kirkpatrick, der seine Wut kaum noch zügeln konnte. »Wir brauchen den Namen der Frau und alles andere, was Sie uns noch sagen können.«
»Was ist passiert?«
»Dr. George French ist tot. Ermordet«, erklärte Walsh.
Ami wurde kalkweiß. Ihre Beine gaben unter ihr nach. Kirkpatrick hielt sie fest, damit sie nicht stürzte.
»Bringen Sie ihr ein Glas Wasser«, bat der Staatsanwalt Walsh, während er Ami zu einem Stuhl führte. Als Walsh mit einem Becher Wasser zurückkehrte, liefen Ami die Tränen über die Wangen.
»Er war so ein guter Mensch«, schluchzte sie. Kirkpatrick schaute durch das Fenster aufs Meer hinaus, und Walsh kniete sich neben Ami und hielt ihr den Becher an den Mund.
»Sie müssen uns helfen, Ami«, sagte der Detective. »Wissen Sie, wer die Frau ist? Haben Sie eine Ahnung, wohin sie fliehen könnten?«
»Wieso glauben Sie, dass mein Mandant Dr. French getötet hat?« wollte Ami wissen. Die Frage klang eher wie ein Hilferuf.
»Wir wissen es nicht, aber das ist schon ein verteufelter Zufall.«
Plötzlich schoss Ami ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf. »Wie wurde George ... ?«
Walsh zögerte mit einer Antwort. »Es sieht so aus, als wäre er aus seinem Haus entführt und in sein Büro gebracht worden«, erwiderte er.
»Wurde er erschossen?« fragte Ami. Sie hoffte inständig, dass Walsh ihre Frage bejahte.
»Nein.« Walsh zögerte wieder
»Bitte, es ist wichtig!«
»Er wurde gefoltert, und dann wurde ihm die Kehle durchgeschnitten.«
Ami kniff die Augen fest zusammen. Sie fühlte sich elend.
Am liebsten hätte sie Ryan genommen und wäre weggelaufen, aber zuerst musste sie etwas anderes tun.
»Bringen Sie mich zum Tatort?«
»Ich glaube nicht, dass ...«, begann Walsh.
»Bitte«, unterbrach sie ihn. Sie erinnerte sich an die Fotos vom Tatort aus den Akten des Kongressabgeordneten. »Ich kann es Ihnen nicht erklären, aber ich muss den Tatort sehen.«
Auf der Fahrt dorthin erfuhr Ami, dass das Reinigungspersonal in Frenchs Bürogebäude die Leiche des Arztes gefunden hatte. Ein Streifenwagen war zum Haus des Arztes geschickt worden. Die Beamten fanden dort die Leiche seiner Frau vor. Walsh glaubte, dass die Frenchs geschlafen hatten, als der Mörder eingebrochen war. Man hatte sein Schlafzimmer und sein Arbeitszimmer durchsucht, und Walsh vermutete, dass der Killer nicht gefunden hatte, wonach er suchte.
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