Die Schuld
Summen in das Potomac-Projekt und errichteten einen der exklusivsten Clubs im Großraum Washington. Sie warben bei rivalisierenden Clubs ein paar Senatoren ab, köderten andere Prominente und investierten so in ihre Respektabilität. Nachdem man genug Mitglieder hatte, um sich mit Beiträgen finanzieren zu können, ging man auch hier zu der obligatorischen Praxis über, andere auszugrenzen. Wenngleich der Potomac noch als relativ junger Country Club galt, unterschied er sich so gut wie gar nicht mehr von der Konkurrenz. Lediglich einen signifikanten Unterschied gab es. Im Potomac Country Club hatte man nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass man sich mit dem entsprechenden Vermögen die Mitgliedschaft erkaufen konnte. Von Wartelisten, Auswahlkomitees und geheimen Abstimmungen war dann keine Rede mehr. Wenn man erst kürzlich nach Washington gezogen oder plötzlich reich geworden war, konnte man, falls der Geldbetrag stimmte, über Nacht Status und Prestige erwerben. Aus diesem Grund hatte der Potomac Country Club den besten Golfplatz, die schönsten Tennisplätze und Swimmingpools und die elegantesten Gebäude und Speisesäle. Also alles, was ein prätentiöser Country Club sich nur wünschen konnte.
Soweit Clay wusste, gehörte Bennett van Horn zu denen, die einen dicken Scheck ausgestellt hatten. Clays Eltern hatten kein Geld mehr und wären ohnehin mit Sicherheit nicht in den Potomac Country Club aufgenommen worden. Vor achtzehn Jahren hatte Clays Vater Bennett van Horn wegen eines dubiosen Grundstückgeschäfts in Alexandria verklagt. Zu dieser Zeit war Bennett ein großmäuliger Immobilienmakler, der jede Menge Schulden und nur sehr wenige unbelastete Vermögenswerte hatte. Damals war er nicht Mitglied des Clubs gewesen. Auch wenn er jetzt so tat - er war keineswegs im Potomac Country Club zur Welt gekommen.
In den späten Achtziger jähren war Bennett der Bulldozer auf Gold gestoßen, als er die sanfte Hügellandschaft Virginias für seine geschäftlichen Aktivitäten entdeckt und eine regelrechte Invasion gestartet hatte. Ein Geschäft führte zum nächsten, Partner tauchten auf. Zwar hatte Bennett die rücksichtslose Baulanderschließung nicht erfunden, doch immerhin perfektioniert. Auf unberührten Hügeln wurden Shopping Mails errichtet. Nicht einmal die unmittelbare Umgebung eines sakrosankten Schlachtfeldes des amerikanischen Bürgerkriegs wurde verschont. Für eines seiner Projekte ließ er ein ganzes Dorf niederwalzen. Apartmentkomplexe und Eigentumswohnungen, große und kleine Häuser, ein Teich, zwei Tennisplätze und ein drolliges Einkaufszentrum, das als Modell im Architekturbüro hübsch aussah und nie gebaut wurde. Auch wenn ihm die Ironie nicht auffiel, taufte der Baulöwe seine genormten Projekte im Zuckerbäckerstil auf Namen, die einen direkten Bezug zu den von ihm zerstörten Landschaften hatten »Wiesengrund«, »Eichenhain«, »Waldsenke« und so weiter und so fort. Er tat sich mit anderen zusammen, die auf dem Gebiet der metastasenhaften Städteausdehnung zu wahren Künstlern geworden waren, und verrichtete Lobbyarbeit bei der in Richmond residierenden Bundesregierung, um mehr Geld für den Straßenbau und die Besiedlungspolitik rauszuholen. So gelangte Bennett zu Einfluss auf dem politischen Parkett, und sein Ego schwoll immer mehr an.
In den frühen Neunzigerjahren wuchs die BvH Group in rasantem Tempo, wobei die Gewinne etwas schneller stiegen als die für die Schuldentilgung erforderlichen Summen. Bennett und seine Frau kauften ein Haus in einem teuren Stadtteil von McLean. Im Potomac Country Club gehörten sie bald fast zum Inventar. Die beiden gaben sich alle Mühe, bei anderen den Eindruck zu erwecken, sie wären schon immer reich gewesen.
Den Unterlagen der Börsenaufsichtsbehörde zufolge, die Clay kopiert und eingehend studiert hatte, war Bennett 1994 mit seinem Unternehmen an die Börse gegangen, um sich Kapital in Höhe von zweihundert Millionen Dollar zu beschaffen. Einen Teil des Geldes wollte er zur Schuldentilgung nutzen, doch am wichtigsten war ihm »die Investition in die fantastische Zukunft Nordvirginias«. Darunter verstand er noch mehr Bulldozer und weitere Baulanderschließung durch rücksichtslose Naturzerstörung. Kein Zweifel, die örtlichen Caterpillar-Händler konnten sich freuen. Dagegen hätten die Behörden eigentlich entsetzt sein müssen, aber dort schlief man.
Unter Führung eines Blue-Chip-Investmentbankers stieg die Aktie der BvH Group, die einen
Weitere Kostenlose Bücher