Die Schuld
unmöglich.«
Clay wandte sich dem Polizisten zu, der die Papiere in der Hand hielt. »Würden Sie bitte die richterliche Anordnung vorlesen?«
Der Beamte hielt die Anordnung hoch, damit alle sie sehen konnten, und las vor: »…Herausgabe aller Akten, die die Aufnahme, medizinischen Untersuchungen, medizinische Behandlung, den Entzug, die Drogenberatung und die Therapie Tequila Watsons betreffen. Angeordnet vom Ehrenwerten E. Floyd Sackman, Richter am Obersten Gericht des Distrikts Columbia, Abteilung Kapitalverbrechen.«
»Wann hat er das unterschrieben?«, fragte Samuel. »Vor ungefähr drei Stunden.«
»Wir haben Ihnen alles gezeigt«, sagte Noland.
»Das bezweifle ich. Ich merke es, wenn eine Akte manipuliert worden ist.«
»Sieht dann viel zu ordentlich aus«, sprang Jermaine Clay zur Seite.
»Wir wollen keinen Streit«, sagte der größere der beiden Polizisten, dessen Tonfall jedoch keinen Zweifel daran ließ, dass er nichts gegen eine kleine Auseinandersetzung einzuwenden hätte. »Also, wo fangen wir an?«
»Die medizinischen Unterlagen sind vertraulich«, sagte Samuel. »Immerhin gibt es die ärztliche Schweigepflicht.« Das war ein exzellentes Argument, hatte in diesem Fall aber keine Schlagkraft. »Die Unterlagen des Arztes sind selbstverständlich vertraulich«, erwiderte Clay. »Aber nicht die des Patienten. Ich habe hier eine von Tequila Watson unterzeichnete Vollmacht. Er besteht nicht darauf, dass seine Akten vertraulich behandelt werden, und gestattet mir umfassende Einsicht. Das schließt auch die medizinischen Unterlagen ein.«
Sie begannen in einem fensterlosen Raum, in dem nicht zueinander passende Aktenschränke an den Wänden standen.
Als Talmadge X und Samuel nach ein paar Minuten verschwanden, löste sich die Spannung allmählich. Die Polizisten setzten sich und nahmen dankbar den Kaffee an, den ihnen die Frau vom Empfang anbot. Die Gentlemen vom OPD bekamen keinen.
Nach einer Stunde hatten sie immer noch nichts Nützliches gefunden. Clay und Jermaine beauftragten Rodney, die Suche allein fortzusetzen. Sie hatten ein weiteres Rendezvous mit Polizeibeamten.
Die Aktion im Clean Streets verlief ähnlich. Mit den Polizisten im Schlepptau marschierten die beiden Anwälte in das Büro am Eingang. Die Chefin wurde aus einer Besprechung geholt. Während sie die richterliche Anordnung las, murmelte sie vor sich hin, sie kenne Richter Sackman und werde sich später mit ihm in Verbindung setzen. Sie war äußerst verärgert, aber die Anordnung ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig - alle Akten und Papiere, die Washad Porter betrafen, mussten unverzüglich herausgerückt werden.
»Das war wirklich überflüssig«, sagte die Frau zu Clay. »Wir kooperieren immer mit Anwälten.«
»Da habe ich was anderes gehört«, bemerkte Jermaine.
Tatsächlich stand das Clean Streets in dem Ruf, selbst die höflichsten Bitten des OPD abzulehnen.
Nachdem sie die richterliche Anordnung ein zweites Mal gelesen hatte, sagte einer der Polizeibeamten: »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
Endlich führte sie die Besucher in ein geräumiges Büro und beauftragte einen Assistenten, die Akten herbeizuschleppen.
»Wann bekomme ich sie zurück?«, fragte sie.
»Wenn wir sie nicht mehr brauchen«, antwortete Jermaine. »Und wohin bringen Sie die Akten?«
»Ins OPD, wo sie unter Verschluss aufbewahrt werden.«
Begonnen hatte ihre Bekanntschaft in einer Bar namens Abe's Place. Rebecca hatte mit zwei Freundinnen in einer Nische gesessen. Als Clay auf dem Weg zur Toilette an ihr vorbeikam, trafen sich ihre Blicke, und Clay hielt unwillkürlich für einen Moment inne. Bald gingen die beiden Freundinnen, und Clay verließ seine Trinkkumpane. Sie setzten sich an die Bar und unterhielten sich zwei Stunden lang. Am nächsten Abend hatten sie ihr erstes Rendezvous, innerhalb einer Woche zum ersten Mal Sex. Damals hatte Rebecca ihn zwei Monate lang von ihren Eltern fern gehalten.
Jetzt, vier Jahre später, war ihre Beziehung Routine geworden, und Rebecca stand unter dem Druck, sich neu orientieren zu müssen. Da schien es nur passend zu sein, das Ganze auch im Abe's Place zu beenden.
Clay traf zuerst ein und wartete an der Bar. Um ihn herum standen Politiker und Leute aus der Regierungsbürokratie, die ihren vorabendlichen Drink nahmen. Alle redeten schnell, laut und durcheinander. Sie diskutierten über die ach so wichtigen Themen, die sie den ganzen Tag über in Atem gehalten hatten.
Clay liebte
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