Die Schuldlosen (German Edition)
wäre da noch», sagte Silvie und setzte sich den Hasemann auf die rechte Hüfte. «Ich hatte am Freitagnachmittag eine aufschlussreiche Unterhaltung mit meinem Mann.»
Heike schaute sie nur abwartend an.
«Interessiert dich gar nicht, worüber wir gesprochen haben?»
«Nicht die Bohne», antwortete Heike. «Aber ich befürchte, du willst es mir trotzdem auf die Nase binden.»
«Hatte ich eigentlich nicht vor», erklärte Silvie. «Alex hat sich ja damit abgefunden, dass es an ihm hängengeblieben ist. Dabei kann er es gar nicht gewesen sein.»
«Was?», fragte Heike, als wüsste sie wirklich nicht, wovon die Rede sein könnte.
Das ärgerte Silvie gewaltig, aber mit Rücksicht auf ihren Sohn beherrschte sie sich, achtete nur auf die besondere Betonung. «Janice! Ihre Klamotten waren schon weg, als Lothar ihn bei ihr im Wasser erwischte. Alex kann sie gar nicht ertränkt haben.»
«Was?», wiederholte Heike, diesmal gedehnt, schockiert oder verständnislos, da war Silvie nicht ganz sicher. Aber der Gesichtsausdruck erinnerte sie fatal an ein Rindvieh.
Dämliche Kuh, dachte sie und fragte ihrerseits: «Bist du so blöd oder tust du nur so? Alex hat die halbnackte Leiche gefunden, als er in Webers Laube seinen Rausch ausschlafen wollte. Es war genau so, wie seine Anwältin es im Prozess erklärt hat. Wahrscheinlich hat er nur versucht, Janice zu helfen.»
«Behauptet er das?», wollte Heike wissen. Ihr Gesicht spiegelte nun Wachsamkeit und Misstrauen.
«Nein», sagte Silvie. «Wenn man eins und eins zusammenzählt, kommt man von alleine drauf. Wer Janice getötet hat, hat ihre Hose und die Schuhe mitgenommen. Du erinnerst dich bestimmt, dass die Polizei damals wochenlang nach den Sachen gesucht hat, weil Alex ihnen nicht sagen konnte, wo die geblieben waren.»
«Ja», erwiderte Heike. «Ich erinnere mich sogar, dass Lothar vorschlug, ich soll behaupten, den Kram zusammen mit den Klamotten von Alex weggeworfen zu haben. Das habe ich abgelehnt, weil ich überhaupt nichts weggeworfen hatte. Das hat Lothar übernommen. Er sah in der Nacht ja ebenfalls aus wie ein begossener Pudel, weil er Alex von Janice hatte wegreißen müssen. Sicherheitshalber wollte Lothar auch seine Sachen beseitigen und hat die von Alex gleich mitgenommen. Ich dachte immer, er hätte sich ebenso um den Kram von Janice gekümmert und nur von mir verlangt, ich soll das auf meine Kappe nehmen, damit die Kripo endlich Ruhe gibt und die Fragerei …»
Zuletzt hatte Heike immer langsamer und nachdenklicher gesprochen; als sie vollends abbrach, meinte Silvie süffisant: «Mit anderen Worten, du hast bei der Polizei eine Falschaussage gemacht und vor Gericht einen Meineid geleistet. Darauf stehen ein paar Jährchen.»
«Hätte ich Lothar mit reinreißen sollen?», zischte Heike. «Ich weiß nicht, was mit den Sachen von Janice passiert ist, wenn Lothar die nicht weggeworfen hat. Ich kann nur wiederholen, dass Alex mir wieder und wieder vorgejammert hat, er hätte die rollige Katze ersäuft, weil die ihm nicht verraten wollte, bei wem ich die Beine breit gemacht und schlecht über ihn gesprochen hatte.»
Sie schluckte trocken, ehe sie weitersprach: «Herrgott, ich war nur beim Frauenarzt. Als der sagte, ich sei wieder schwanger, habe ich geantwortet: ‹Das habe ich schon befürchtet, aber Alex wird sich freuen. Dem könnte ich einen ganzen Stall voll Krabbelzeug werfen, dann fühlt er sich wie früher bei Mami. Da hatte er auch mehrere Puppen.› Die Sprechstundenhilfe stand dabei und grinste. Sie war eine Freundin von Janice. Lothar meinte, sie hätte es dem Biest wahrscheinlich gesteckt. Und Janice hätte Alex dann damit aufgezogen.»
Sie schwieg einen Moment, dann erklärte sie: «Ich wollte ihn nicht ans Messer liefern. Sein Bruder hatte sofort diese Superanwältin angeheuert, weil die Polizei Alex von Anfang an im Visier hatte. Leider hatte er der Kripo zu dem Zeitpunkt schon erzählt, ich hätte die Laube kontrolliert, weil ich ihm nicht getraut und geglaubt hätte, er würde wieder mit Janice herummachen. Als einer von der Kripo anklingen ließ, es käme auch eine eifersüchtige Frau als Täterin in Frage, habe ich mit Albert gesprochen, an wen hätte ich mich sonst wenden sollen?»
Bis dahin war es Silvie nur gelungen, Heike nicht zu unterbrechen, weil der Hasemann sie mit Bröckchen von seinem Milchbrötchen fütterte. Aber nun reichte es. Sie drehte den Kopf zur Seite, als der Knirps ihr den nächsten Krümel zwischen die Lippen
Weitere Kostenlose Bücher