Die Schule der Magier 3 - Die Rückkehr des Bösen
hervorstieß, was er zuerst nicht verstand.
»Was?«, fragte er nach.
»Emily und ich bekommen ein Baby«, wiederholte Nigel. Dieses Mal sprach er zwar langsamer, aber die Worte sprudelten immer noch aus seinem Mund hervor. »Im März. Du bist der Erste, der es erfährt.«
»Gratuliere«, sagte Max, unsicher, was er sonst sagen sollte. Ihr Gespräch hatte eine unerwartete Wendung genommen.
»Nun ja, so etwas ändert die Perspektive und die Prioritäten in meinem Leben«, meinte Nigel. »Wie alle Eltern möchte ich, dass mein Kind die besten Chancen bekommt, die sie kriegen kann – eine Chance, ihren eigenen Weg zu gehen und in unserer neuen Welt zu überleben.«
»Es wird also ein Mädchen?«, fragte Max.
»Na ja, das wissen wir natürlich noch nicht«, lächelte Nigel. »Aber Emily hat so eine Ahnung. Kannst du dir ein Baby in unserem Haus vorstellen, Max? Ein so kostbares Leben? Emily ist ganz außer sich und ich … nun, ich hatte nicht geglaubt dass wir je dieses Glück haben würden.«
Nigels Bitte hatte eine stärkere Wirkung als alles, was Mrs Richter hätte sagen können. Max’ anfängliche Interpretation war falsch gewesen. Es war keine feige Bitte, klein beizugeben, es war der Beschützerinstinkt eines werdenden Vaters.
»Ich werde mich benehmen«, versprach Max ernst.
»Danke«, erwiderte Nigel und stieß hörbar die Luft aus. Er tätschelte Max die Hand und sah dann beiläufig über den Rand des Sockels. »Weißt du, ich hatte schon immer Höhenangst …«
»Nigel, wir sind keine zwei Meter über dem Boden.«
»Schon, aber da ist auch noch der Abgrund«, winkte Nigel
ungeduldig zu der nahen Klippe hin. »Man könnte stolpern und über den Rand fallen. Wahrscheinlich würde man nicht mal mehr die Leiche finden.«
Max meinte zwar, dass man sich dazu schon ziemlich entschlossen über die fünf Meter breite gepflegte Rasenfläche rollen müsste, aber er sprang von der Statue herunter und reichte seinem Freund die Hand.
»Nicht, dass Sie das bräuchten«, erklärte er.
»Genau«, schniefte Nigel. »Es ist lediglich eine Geste der Höflichkeit.«
»Wie haben Sie eigentlich die sportlichen Prüfungen geschafft?«, wollte er wissen.
»Du solltest nie die Macht einer wohlbedachten Bestechung unterschätzen.«
Sobald Nigel wieder festen Boden unter den Füßen hatte, gingen die beiden um die Statue herum und sahen zum Herrenhaus hinüber. Alle Fenster waren hell erleuchtet, eingedenk der Tatsache, dass es vor wenigen Monaten noch eine rauchende Ruine gewesen war, ein bemerkenswert erfreulicher Anblick.
»Ah«, machte Nigel. »Das Essen wartet. Du solltest einmal sehen, was für bizarre Essenskombinationen Emily neuerdings verzehrt. Schweineschnitzel mit Schokolade, Eiscreme mit Senf… man könnte fast glauben, wir bekämen eine Hexe.«
»Gehen Sie schon mal vor«, forderte Max ihn auf. »Ich bleibe noch ein wenig.«
»Sicher?«, erkundigte sich Nigel. »Das Fass ohne Boden will eine Mahlzeit auslassen?«
»Ich komme gleich«, erklärte Max. »Bitten Sie doch meinen Dad, mir etwas aufzuheben.«
»Mache ich«, versprach Nigel. »Ich bin froh, dass wir miteinander gesprochen haben, Max.«
Max nickte und winkte ihm nach. Als seine Schritte verklungen waren, wurde Max bewusst, wie still es auf dem Campus war. Überlaut hörte er die Wellen an den Strand rauschen, das Knarren der Bäume und das Rascheln der trockenen Blätter, die über die gepflasterten Wege flatterten. Er betrachtete den Alten Tom, seine Giebel, Mauern und den Turm, immer noch geheimnisvoll verhüllt. Seufzend grub Max die Hände tief in die Taschen und wandte sich wieder der Statue zu.
Die Marmorfläche von Brams Gesicht zeichnete sich scharf gegen den Himmel ab, sein Kinn war trotzig vorgereckt. Max fiel auf, dass er die Geschichte dieses Mannes nur in groben Zügen kannte: Er war der letzte Aszendent gewesen, der sich bei der Belagerung von Solas selbst geopfert hatte. Die Lehrer von Rowan sprachen mit solcher Ehrfurcht von ihm, dass er für Max eher eine Vorstellung war, dessen abstraktes Wohlwollen dem des Nikolaus oder der Zahnfee gleichkam, als ein wirklicher Mensch.
Doch die Gestalt vor ihm wirkte ganz und gar nicht wohlwollend. Max wusste, dass sein Zimmergenosse David Menlo Bram für den größten Zauberer der Menschheitsgeschichte hielt. Obwohl er über ungeheure Kräfte verfügt hatte, hatten sie ihn doch nicht vor der Macht von Astaroth schützen können. Als Solas gefallen war, hatte der Dämon seine restliche
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