Die Schule der magischen Tiere, Band 2: Voller Löcher! (German Edition)
den anderen. Sie hatte Angst, Caspar könnte von ihrer Schulter herunterfallen.
Dort saß der kleine Kerl und betrachtete munter seine neue Umgebung. Anna-Lena schnappte erschrocken nach Luft, als das Chamäleon plötzlich zu sprechen begann.
„Bisher bin ich aus der magischen Zoohandlung kaum herausgekommen“, erzählte Caspar mit kratzigem Stimmchen. „Aber jetzt bin ich ja bei dir!“
„Du kannst wirklich sprechen!“, hauchte Anna-Lena entzückt.
„Klar! Aber nur mit dir“, sagte das Chamäleon sofort. „Denn wir sind jetzt Gefährten, für immer und ewig.“
„Gefährten …“, flüsterte Anna-Lena verträumt und atmete tief ein und aus.
„Hupsi-pupsi!“, japste Casper und krallte sich stärker fest. „Nicht so mit den Schultern wackeln! Fast wäre ich in einem Hundehaufen gelandet.“
Erschrocken stand Anna-Lena ganz still. „Entschuldige“, sagte sie. „Halt dich gut an mir fest! Du bist das kostbarste Geschenk, das ich je in meinem Leben bekommen habe.“
Niemandem aus Anna-Lenas Familie fiel auf, dass Anna-Lena jetzt ein magisches Tier besaß.
Nicht ihren Eltern, nicht den Zwillingen Leo und Tom, die eine Klasse unter ihr waren, nicht einmal ihrer kleinen Schwester Milli.
Und das, obwohl Caspar immer in Anna-Lenas Nähe war. Mal saß er auf ihrem Schoß, mal klammerte er sich in Tarnfarben an den Küchenschrank, mal hing er an einer der himmelblauen Tassen am Haken.
Anna-Lena machte das, was sie immer machte: Sie fütterte ihre kleine Schwester Milli und kontrollierte die Hausaufgaben der Zwillinge. Sie räumte die Spülmaschine ein, schrubbte die Töpfe und wischte den Küchenboden sauber. Sie brachte den Müll weg und vergaß nicht, hinterher eine frische Tüte in den Eimer zu stecken.
„Keiner sagt Danke“, fiel Caspar auf. „Warum tust du das alles?“
Anna-Lena zuckte nur mit den Schultern. „Weil ich das immer schon gemacht habe.“
„Papperlapapp.“ Das Chamäleon wechselte seine Farbe, wenn es sich aufregte. Jetzt war es knallgelb.
Sie gingen in Anna-Lenas Zimmer, das sie sich mit Milli teilen musste. Während sie in der Küche aufgeräumt hatte, war Milli in ihr Bett gekrabbelt und eingeschlafen.
„Ist sie nicht süß, meine kleine Schwester?“, sagte Anna-Lena und wickelte zärtlich Caspars Kringelschwanz um ihren Zeigefinger.
„Schon“, antwortete Caspar. „Aber sie könnte allmählich ruhig lernen selbst ihren Löffel zu halten. Jeder kann eine neue Rolle annehmen, weißt du?“
Dann büffelten sie zusammen für das Theaterstück.
Anna-Lena trug es einmal komplett vor.
„Wie fühlst du dich jetzt?“, fragte Caspar.
„Na ja, wie Anna-Lena, die ein Theaterstück vorträgt“, antwortete Anna-Lena. „Wie sonst?“
„Du fühlst dich wie Robin Hood!“, antwortete Caspar. „Wie ein Held, der von allen bewundert wird!“
„Ich bin aber gar kein Held“, sagte Anna-Lena schüchtern.
„Bist du eben doch!“, beharrte Caspar. „Oder möchtest du lieber die böse Hexe sein?“
Und im nächsten Moment verwandelte er sich in eine runzlige Chamäleon-Hexe mit funkelnden Augen: „Rattengift und Glitzerberg, Anna-Lena wird zum Gartenzwerg!“ Anna-Lena zuckte erschrocken zusammen.
„Jetzt du!“, kicherte Caspar.
Sie probierten verschiedene Rollen aus. Fernseh- moderatorin, römischer Gladiator, wütende Lehrerin. Einmal machte Caspar sogar einen Staubsauger nach. Dazu kroch er über den Boden, machte „Brumm, brumm“ und ließ seine Zunge nach vorne zischen.
Anna-Lena musste so heftig lachen, dass Caspar schon fürchtete, Milli würde aufwachen.
Anna-Lena spielte einen Roboter und piepste mit Computerstimme: „Zwei Schritte nach links, Greifhand ausfahren. Drei Schritte nach rechts. Achtung, Sicherheitsschleuse!“
„Geht doch“, lobte Caspar. „Und jetzt schlüpfst du in die Rolle einer Prinzessin. Stell dir vor, du trägst eine goldene Krone auf dem Kopf, hast ein vornehmes Kleid an und betrittst einen Ballsaal voller Menschen. Was tust du?“
Anna-Lena schaute unsicher. „Hallo sagen?“
„Falsch“, erklärte Caspar geduldig. „Du schreitest in den Ballsaal, findest mit einem Blick heraus, wer der netteste Prinz von allen ist, und strahlst ihn an. Versuch’s mal!“ Er nickte Anna-Lena aufmunternd zu. „Knips die Sterne an, Prinzessin! Das Spiel beginnt!“
Und Anna-Lena begann zu spielen. Sie schwebte an Millis Kinderbett vorbei, machte eine elegante Verbeugung, steckte sich eine unsichtbare Rose an ihr Kleid und tanzte mit
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