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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
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April, halb hustend, halb lachend. »Du erwürgst mich ja.«
    »Ich bin so froh, dich zu sehen«, sagte Fiona, nachdem sie den Taxifahrer bezahlt und ihre Reisetasche zum Haus geschleppt hatten. »Obwohl ich mir natürlich gewünscht hätte, unser Wiedersehen würde unter einem glücklicheren Stern stehen. Wie geht es dir?«
    Fionas Miene war so tragikomisch, dass April fast lachen musste. Ihre Freundin sah sogar noch blasser und bedrückter aus als sie selbst. Was natürlich durch ihr schwarzes Seidenkleid, die langen schwarzen Handschuhe und den schwarzen Pillbox-Hut mit dem kleinen Schleier noch verstärkt wurde, den sie sich vermutlich zugelegt hatte, um Alix Graves’ Tod zu betrauern. Passend zu ihrer stolzen schottischen Abstammung hatte Fiona sanft gewellte rote Haare und einen cremeweißen Teint, aber heute wirkte ihr hübsches Gesicht noch blasser als sonst. Getreu ihrem Wahlspruch, stets dem Anlass entsprechend gekleidet zu sein – was bei ihr fast schon zwanghafte Züge annahm –, war ihr Look perfekt auf die bevorstehende Beerdigung abgestimmt.
    »Es geht so«, sagte April traurig. »Am besten fühle ich mich, wenn ich keine Zeit zum Nachdenken hab. Warum hast du mir nicht erlaubt, dich vom Bahnhof abzuholen?«
    Fiona zuckte mit den Achseln. »Ich dachte, du hast heute bestimmt wichtigere Dinge zu tun.«
    April nickte. Wenn dies ein Tag wie jeder andere gewesen wäre, hätte sie weiter Spurensuche betrieben, um den Tod ihres Vaters aufzuklären – zumal die Dinge, die sie am Vortag in Mr Gills Buchhandlung erfahren hatte, in ganz neue Richtungen wiesen. Aber es war kein Tag wie jeder andere: Ihr Dad lag in einem Sarg im Beerdigungsinstitut und wartete darauf, zur Kirche und anschließend zum Friedhof gefahren zu werden.
    »Leider muss ich Mum bei den Vorbereitungen für den Empfang nach dem Begräbnis helfen«, sagte sie, »dabei würde ich lieber Zeit mit dir verbringen, statt mir ihr über die perfekte Konsistenz von Blätterteigpastetchen zu diskutieren.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie hält sich einigermaßen tapfer«, antwortete April, während sie Fiona half, ihre Reisetasche in ihr Zimmer hinaufzutragen. »Die Organisation der Trauerfeier hat sie ein bisschen abgelenkt. Sie ist geradezu besessen davon, dass alles perfekt werden muss – als würde sich auf einer Beerdigung irgendjemand für die Kuchen interessieren«, fügte sie bitter hinzu.
    »Und was ist mit deinem Großvater?«
    »Der kommt erst später, und mit ihm wahrscheinlich jede Menge seltsamer Verwandter, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe… Deswegen bin ich umso froher, dich an meiner Seite zu haben.«
    »Was ist mit Caro und Simon? Kommen die beiden nicht? Nach allem, was du mir von ihnen erzählt hast, will ich sie unbedingt kennenlernen. Ich sterbe fast vor Neugier… oops!« Sie presste sich betreten die Hand auf den Mund. »Oh Mann, tut mir leid, ich wollte nicht…«
    »Hey, sei nicht albern.« April lächelte. »Das ist doch bloß eine Redewendung. Caro kommt zur Trauerfeier – es ist bloß eine kleine Zeremonie. Mum hat außerdem noch Davina und Ben mit ihren Eltern eingeladen, weil die Osbournes seit Kurzem zu ihren besten Freunden zählen. Aber jetzt lass uns lieber endlich über etwas Normales reden! Was gibt’s Neues aus Edinburgh?«
    Sie setzten sich auf Aprils Bett, wo Fiona sie auf den neusten Stand brachte. Sie erzählte ihr, was in der Schule passiert war, wer über wen Gerüchte verbreitet hatte, welche Jungs sie und Julie auf der Shoppingmeile gesehen hatten und was das alles zu bedeuten hatte. April unterbrach Fiona ständig mit neugierigen Zwischenfragen. Einen kurzen Moment lang fühlte es sich so an, als wäre sie nie aus Edinburgh weg gewesen und als gäbe es auf der Welt nichts Wichtigeres als den neuesten Klatsch und Tratsch. Wären wir doch bloß in Schottland geblieben, dachte sie traurig, horchte dann aber gespannt auf, als Fiona ihr die größte Neuigkeit von allen erzählte: Miranda Cooper war nicht mehr mit Neil Stevenson zusammen.
    »Angeblich war sie ihm ›zu unreif‹ – das hat zumindest Neils Freund Jake behauptet«, sagte Fiona. »Aber Julie glaubt, dass das bloß Jungensprache für ›war nicht bereit, mit ihm zu schlafen‹ ist. Jedenfalls ist er jetzt wieder zu haben.«
    April versuchte ein begeistertes Gesicht zu machen, aber ihr Lächeln schaffte es nicht bis zu ihren Augen.
    »Tut mir leid, Süße.« Fiona drückte ihr Knie. »Ich weiß, wie schwer der Tag heute für dich

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