Die Schule der Nacht
leicht herankamen. Hastig blätterte sie zum Inhaltsverzeichnis zurück, um sich die Kapitelüberschriften anzusehen. »Erstes Kapitel – Die Geschichte der Vampire«, »Zweites Kapitel – Ankunft auf englischem Boden«, »Drittes Kapitel – Die Nester sind eingerichtet«, »Viertes Kapitel – Die Diener sind rekrutiert«. Es handelte sich offensichtlich um die Geschichte eines Mythos, der hier jedoch als historische Tatsache dargestellt war. In jedem Fall würde das Buch April bei ihren Nachforschungen nützen. Sie sah auf dem Innendeckel nach, wie viel es kosten sollte, und wäre beinahe vom Stuhl gefallen. »Dreihundertdreißig Pfund?«, stieß sie entsetzt hervor. Wie kann ein so altes abgegriffenes Büchlein so viel wert sein, wenn man im Internet Informationen zu jedem Thema umsonst bekommt?
Andererseits hatte sie im Netz bisher nichts gefunden, was wirklich hilfreich gewesen wäre. Im Gegenteil, alles was sie über den Highgate-Vampir gelesen hatte, war verwirrend gewesen und schien eher auf Hysterie zu beruhen als auf harten Fakten. Was wahrscheinlich daran liegt, dass Vampire nur in der Einbildung existieren, rief April sich in Erinnerung. Man kann schließlich nicht ins Naturkundemuseum gehen, um sich einen anzusehen.
Enttäuscht stieg sie die Wendeltreppe wieder hinunter und legte das Buch vor Mr Gill auf die Ladentheke. »Danke«, sagte sie.
»Haben Sie es sich doch anders überlegt?«, fragte er und sah sie über den Rand seiner Brille an.
»Leider kann ich mir ein so teures Buch nicht leisten«, antwortete April bedauernd. »Obwohl es unglaublich schade ist, weil es genau das ist, wonach ich gesucht habe.«
»Ja, das hat die andere junge Dame auch gesagt«, murmelte Mr Gill.
»Wer war sie?«
»Oh, sie kam vor einer kleinen Weile, fragte nach Kingsley-Davis und sagte dann ebenfalls, dass sie es sich nicht leisten könne. Die Menschen wissen den Wert seltener Bücher einfach nicht mehr zu schätzen. Einige der Bücher hier sind die letzte verbliebene Ausgabe eines Meisterwerks, für dessen Fertigstellung es Jahrzehnte brauchte. Sie enthalten wichtige Informationen, die andernfalls verloren wären.« Der alte Mann hielt einen Moment lang nachdenklich inne. »Vieles davon ist natürlich ausgemachter Blödsinn«, fügte er hinzu.
»Haben Sie trotzdem vielen Dank, dass ich hineinschauen durfte…«
»Isabelle«, unterbrach Mr Gill sie plötzlich.
April sah den Buchhändler, der sich über ein dickes Auftragsbuch beugte, erschrocken an.
»Der Name der jungen Dame… «, erklärte er. »Sie hieß Isabelle Davis. Ich hatte ihn mir für den Fall aufgeschrieben, dass wir noch eine preiswertere Ausgabe hereinbekommen sollten, was jedoch, wie ich ihr sagte, äußerst unwahrscheinlich ist. Deswegen konnte ich mich auch daran erinnern – wegen der Namensgleichheit, verstehen Sie? Möglicherweise waren sie und der Autor weitläufig miteinander verwandt.«
»Könnte das dieselbe Isabelle Davis gewesen sein, die auf dem Friedhof ermordet wurde?«
Mr Gills wässrige Augen weiteten sich. »Halten Sie das wirklich für möglich?«, fragte er. »Ich habe natürlich von dem Mord gelesen, schreckliche Geschichte, aber man kann sich niemals vorstellen, dass so etwas jemandem passiert sein könnte, mit dem man sich selbst unterhalten hat, finden Sie nicht? Meine Güte, das arme Mädchen.«
April spürte, wie sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufstellten. »Vielen Dank, Mr Gill.«
»Falls Sie noch einen Moment Zeit haben, könnte ich Ihnen eine kurze mündliche Zusammenfassung des Inhalts geben«, sagte er, hob das Buch in die Höhe und wedelte damit in ihre Richtung. »Ich habe es selbst gelesen, nachdem Miss Davis gegangen war, weil ich neugierig geworden war. Hochinteressante Lektüre. Vor allem in Anbetracht des späteren… ähm… Mordes.«
»Oh, das wäre großartig.«
»Gut, dann nehmen Sie doch bitte da drüben Platz und lassen Sie uns sehen, woran ich mich alles erinnern kann. Aber zuerst mache ich uns noch einen schönen heißen Tee, was meinen Sie?«, sagte er und griff nach der schottengemusterten Thermoskanne.
»Tee wäre großartig«, antwortete April dankbar.
Fünfundzwanzigstes Kapitel
D as Gartentürchen wurde aufgerissen, und dann hallte ein lauter Begrüßungsschrei über den stillen Pond Square. Kaum hatte das Taxi angehalten, war Fiona herausgesprungen, auf das Haus zugerannt, hatte die Arme um April geschlungen und drückte sie nun fest an sich.
»Oh Gott, Fee«, stöhnte
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