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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
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interessiert auszusehen, während in ihrem Inneren zwei sehr unterschiedliche Empfindungen miteinander kämpften. Die alte April, die in Edinburgh gelebt und Vampire nur aus Draculafilmen gekannt hatte, wäre am liebsten schreiend davongerannt. Aber die neue April, die unfreiwillig in eine Welt brutaler Morde und Realität gewordener Legenden eingetaucht war, wollte die Gelegenheit nutzen, so viele Hinweise wie möglich zu sammeln, die zur Aufklärung des Mordes an ihrem Vater beitragen konnten. Die neue April wollte Vergeltung – sie wollte denjenigen, der ihrem Vater das Leben genommen hatte, für seine Tat bezahlen lassen. Gleichzeitig war ihr natürlich klar, dass die Wahrscheinlichkeit, in eine Falle gelockt worden zu sein, ziemlich hoch war. Es war nicht so, als hätte ihr die Vorstellung, selbst mit herausgerissener Kehle zu enden, keine Angst gemacht, aber sie war bereit, dieses Risiko in Kauf zu nehmen.
    Benjamin zeigte ihr die Bibliothek, die »Säulenhalle« – einen langen, herrschaftlichen Raum, der als Speisesaal für gesellschaftliche Anlässe diente – und die Küche, die sogar noch größer war als die ihres Großvaters. Ein geschwungener Treppenaufgang führte in das obere Stockwerk hinauf, wo sich weitere zwölf Räume befanden, unter anderem auch die Suite von Benjamins Eltern, die allein schon größer war als das gesamte Untergeschoss des Hauses, in dem sie mit ihrer Mutter lebte.
    »Unser Haus am Pond Square ist gegen dieses die reinste Besenkammer«, sagte April mit einem schiefen Grinsen.
    »Ja, ich weiß. Es ist geradezu absurd groß. Aber mein Vater empfängt hier ständig irgendwelche ›wichtigen Leute‹«, Benjamin malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. »Deswegen ist ihm so daran gelegen, in einem entsprechend repräsentativen Rahmen zu leben. Es fühlt sich ein bisschen an, als würde man in einem Museum wohnen – jedenfalls bis man hier reinkommt.«
    Er öffnete eine Tür und machte eine einladende Handbewegung.
    »Großer Gott!«, sagte April lachend, als sie in das Zimmer trat. »Ich nehme an, hier wohnst du?«
    Der Raum sah aus, als wäre ein Wirbelwind hindurchgefegt. Der Boden war von Klamotten übersät, aus offen stehenden Kommodenschubladen quollen T-Shirts und Socken, in den Regalen stapelten sich Unmengen von Magazinen und DVD s, und in einer Ecke stand sogar ein Schlagzeug, von dem eine achtlos dort hingeworfene Jeans baumelte.
    »Ich betrachte mein Zimmer sozusagen als Gegengewicht zum Rest des Hauses«, erklärte Benjamin. »Das Chaos hier bringt die penible Ordnung, die dort herrscht, noch besser zur Geltung.« Er deutete mit dem Kopf auf eine zweite Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers. »Ich würde dir allerdings nicht raten, ins Bad zu gehen. Da drin kann ich nicht für deine Sicherheit garantieren.«
    »Wow, ich wusste gar nicht, dass du so ein großer Fan von Alix Graves bist.« April zeigte auf eine mit Postern des Sängers und seiner Band zugepflasterte Wand.
    Benjamin setzte ein schiefes Grinsen auf. »Komm bitte nicht auf falsche Gedanken. Mir geht es natürlich nur um die Musik und nicht etwa um seinen tollen Körper«, sagte er und stellte sich schnell mit verschränkten Armen vor ein Bild, auf dem der Sänger nichts als eine Lederhose trug.
    April kicherte und schob Benjamin zur Seite, um sich das Bild genauer anzusehen. Ihr wäre beinahe ein überraschter Schrei herausgerutscht, als sie erkannte, dass es das gleiche Foto war, das Caro ihr heute in der Bibliothek gezeigt hatte – das mit dem Sternentattoo. Tief durchatmen, April, ermahnte sie sich stumm. Benjamin darf auf keinen Fall merken, was in dir vorgeht. »Abgesehen davon, hatte er auch ein paar ziemlich coole Tattoos.«
    »Ja, richtig!« Benjamin grinste. »Das, was mir an seinem Körper gefällt, sind natürlich ausschließlich die Tattoos. Tattoos sind unglaublich männlich.«
    Verdammt, ich wünschte, er wäre kein Vampir, dachte April plötzlich, rügte sich jedoch sofort selbst für diesen Gedanken. Er ist der Feind, schon vergessen? Aber war er das wirklich? Schwer vorstellbar, wenn man in seinem Zimmer stand, das sich in nichts von anderen typischen Jungenzimmern unterschied. Aber dann dachte sie an den Abend zurück, an dem sich Gabriels engelsgleiches Gesicht plötzlich in die Fratze einer Bestie verwandelt hatte, und an die Wunde, die rasend schnell verheilt war. Sie hatte den Beweis mit eigenen Augen gesehen, warum fiel es ihr dann so schwer, daran zu

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