Die Schule der Spielleute
die Beerdigung und die Totenmesse?
Anders als Gottfrid, der seine Hoffnung auf seinen bisherigen Herrn zu setzen schien, erwartete Alheit nichts von dieser Seite. Der Erzbischof von Trier, einer der mächtigsten Männer des Reiches, würde für einen fahrenden Sackpfeifer keinen Heller ausgeben.
ťOb Herr Heinrich das Begräbnis ausrichtet?Ť, fragte Franz ins Blaue hinein. Es war unheimlich, wie er auf ihre Gedanken antwortete.
ťEr muss es ohnehin erfahren.Ť Alheit machte Anstalten, sich zu erheben.
Da ging die Tür auf, und Katherine kam herein, dicht gefolgt von ihrer Mutter. Doch sie blieb sogleich stehen, als sie den Toten sah, einen schwachen Klagelaut auf den Lippen.
Marjorie schaute Alheit prüfend an. ťUnd? Woran ist er gestorben?Ť, fragte sie. ťWirklich Holzgeist, wie der Apotheker sagt?Ť
Alheit zuckte zusammen. ťIch habe keine Wunde an ihm gefunden.Ť Sie war in Gedanken schon mehrere Stunden in der Zukunft gewesen.
Katherine hatte sich wieder gefasst und kam langsam näher. Sie setzte sich neben Elbelin, dort, wo vorher ihr Vater gestanden hatte, und nahm seine Hand. Sie sagte etwas in ihrer fremden Sprache. Tränen liefen über ihr Gesicht.
Mit einem Schnauben kam Alheit auf die Füße. ťWir sollten es wohl Herrn Heinrich melden.Ť
ťBleibt ihr noch hier?Ť, fragte Marjorie.
ťBis er begraben istŤ, antwortete Franz.
Alheit nickte.
Tamas lehnte derweil am Kamin, sein Bündel zwischen den Füßen, die Fidel vor der Brust, und beobachtete, was an Elbelins Lager vor sich ging. Wie viel er davon verstand, konnte Alheit nicht sagen. Erst als Katherine wieder aufgestanden war, trat er hinzu und sagte etwas auf Ungarisch. War darin nicht von Mazko die Rede? Alheit schaute ihn misstrauisch an. Tamas beachtete sie nicht. Er schlug das Kreuz und ging hinaus. Lene folgte ihm.
ťFehlt noch WolframŤ, sagte Franz.
ťLass uns hinuntergehenŤ, erwiderte Alheit. Sie tat zwei unsichere Schritte zur Tür und ging mit einem letzten Blick auf Elbelin voran.
Im Hof war die Gesellschaft fast vollzählig versammelt. Robert spannte ein Maultier vor einen kleinen Karren, Marjorie lud mit geübten Griffen und finsterem Gesicht ihr Gepäck auf. Katherine half ihr mit langsamen, abwesenden Bewegungen.
Meister Wolfram verzurrte zwei schwere Kästen auf einem gedrungenen Braunen. Offenbar zeigten sich die Lederriemen widerspenstig, denn er zerrte ungeduldig an ihnen und murmelte ärgerlich vor sich hin. Als Gottfrid zurückkehrte, sah er kaum auf.
ťSie kommen ihn holenŤ, verkündete der Junge atemlos, ťnoch vor der Terz.Ť
ťSo lange können wir noch wartenŤ, entschied Robert.
Tamas und Lene verließen den Hof, als ginge sie alles nichts an.
ťJämmerlicher NarrŤ, schalt Gottfrid hinter ihnen her.
Alheit unterbrach ihn: ťWarst du auch bei Herrn Heinrich?Ť
ťNein, wieso?Ť
ťHast du noch Geld für das Begräbnis?Ť
Meister Wolfram ließ seinen letzten Riemen fahren und schnellte herum. ťWieso Begräbnis? Wer ist gestorben?Ť Der Kasten mit dem Portativ fiel krachend zu Boden. Das Pferd riss erschrocken den Kopf hoch.
Einen Augenblick schauten alle Wolfram ungläubig an. Dann antwortete Robert: ťElbelin ist tot.Ť
ťZu viel getrunken gestern, was?Ť, mutmaßte der Sänger.
Gottfrid schüttelte den Kopf. ťLästerlicher Judenzauber
Ť
Meister Wolfram lachte spöttisch auf. ťWenn ihr nur einen Schuldigen habt
Ť Er stellte den abgestürzten Kasten wieder auf und schaute hinein. Dann nahm das Instrument seine ganze Aufmerksamkeit gefangen.
ťWo steckt Israel überhaupt?Ť, fragte Gottfrid.
ťEr hat sich doch gestern Abend schon verabschiedetŤ, antwortete Robert.
ťNachdem er sich heimlich in Hof und Haus herumgedrückt hat.Ť
Alheit horchte auf. Ja, Israel hätte vielleicht Gelegenheit gehabt, Gift in den Kräuterwein zu mischen. Aber das galt für noch mehr Leute. Andererseits hatten Elbelin und Gottfrid keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen die Juden gemacht und Israel mit allerlei Frechheiten gepeinigt. Er konnte sich gerächt haben. Aber hätte er das nicht schon viel früher getan, gleich am Freitag? Oder
Ehe sie etwas sagen oder tun konnte, betrat ein Mönch in grauer Kutte den Hof, jünger und magerer als Baldwin. Hinter ihm kamen zwei Laienknechte mit einer Trage. ťWo ist der Tote?Ť
Gottfrid ging ihnen voran in die Schlafkammer. Katherine wollte ihnen folgen, doch ihre Mutter hielt sie zurück. Die verbliebenen Gefährten warteten schweigend im Hof. Als sich oben die
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