Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
sagte Ester. »Ja, die Grippe geht um, das stimmt.«
»Genau die Diagnose habe ich auch bekommen«, sagte Anna und hustete erschöpft. »Drei, vier Tage im Bett, nach einer Woche ist man wieder fit, behauptet mein Arzt… obwohl ich im Augenblick Probleme habe, das Licht im Tunnel zu sehen. Satte neununddreißig Fieber vor einer Stunde… au weia.«
»Au weia, ja«, stimmte Ester Peerenkaas zu. »Kann ich dir irgendwie helfen… was einkaufen oder so?«
»Nein, nein«, versicherte Anna Kristeva, »das Praktische ist alles geregelt. Mein Nachbar, du weißt, dieser Ingenieur, der ein bisschen in mich verliebt ist, er regelt das alles… aber da ist was anderes.«
»Ja?«, fragte Ester. »Was denn?«
»Meine wild card.«
»Was?«
»Die wild card. Der Typ, den ich treffen wollte.«
»Was ist mit ihm?«
Anna hustete erneut ein paar Mal in den Hörer.
»Nun ja, ich kann in diesem Zustand ja wohl schlecht bei ihm auftauchen.«
»Ach so, ja!«, sagte Ester. »Ich verstehe. Wann solltest du ihn denn treffen?«
»Morgen.«
»Morgen?«
»Ja. Weißt du nicht mehr? Bei Keefer’s mit T.S. Eliot und so…«
»Ja, natürlich«, sagte Ester. »Roter Schlips und roter Eliot. Du musst entschuldigen, aber ich bin heute etwas schwer von Begriff… auch wenn ich nicht krank bin. Ich habe Überstunden gemacht, es gab so viel, was nicht liegen bleiben durfte. Dann musst du es wohl verschieben, oder?«
»Wie?«, fragte Anna Kristeva.
»Was?«
»Wie soll ich es denn verschieben?«
»Ja, du kannst doch wohl…«
Jetzt wurde Ester Peerenkaas die Problematik klar.
»… ach so, ich verstehe. Du hast seine Telefonnummer nicht?«
»Und auch seine Adresse nicht, seinen Namen oder sonst was… und ich fände es wahnsinnig schade, wenn er mir entgehen würde. Nachdem wir doch die Ausscheidungsrunde und alles hinter uns gebracht haben. Bist du nicht auch der Meinung?«
»Ja«, sagte Ester und dachte nach. »Ich bin ganz deiner Meinung. Aber ich weiß auch nicht so recht, was du tun kannst. Drei, vier Tage im Bett sind nun mal drei, vier Tage im Bett. Du kannst in deinem Zustand einfach nicht ins Restaurant stiefeln und nach Eliot suchen.«
»Genau«, sagte Anna Kristeva und holte tief mit rasselnden Geräuschen Luft. »Zu dem Schluss bin ich auch gekommen. Und deshalb rufe ich an.«
»Ja?«
»Ich wollte fragen, ob du mir helfen willst?«
»Ja, natürlich. Und wie?«
»Indem du hingehst.«
»Wohin?«
»Ins Keefer’s. Morgen Abend. Er muss ja dort sein.«
»Ja, und?«, fragte Ester Peerenkaas und schwieg eine Weile. »Und was zum Teufel soll ich deiner Meinung nach da machen?«
»Das liegt ganz an dir. Du brauchst ihn nur von mir zu grüßen und ihm zu erzählen, dass ich leider krank geworden bin. Ihn fragen, wie er heißt und ob er einen neuen Termin vorschlagen kann… das ist doch nicht so schwer.«
»Ich verstehe«, sagte Ester. »Einfach nur hingehen und eine Nachricht überbringen, ja, das ist nicht so unmöglich… obwohl, leider, ich habe Karen versprochen, morgen mit ihr ins Kino zu gehen.«
»Wer ist Karen?«
»Eine Arbeitskollegin, ich habe dir schon von ihr erzählt. Mit der will ich übrigens auch nach Weihnachten auf die Kanarischen Inseln fliegen. Tja, was machen wir nun?«
Anna seufzte.
»Du musst natürlich machen, was du für richtig hältst. Ich finde es nur dumm, die Chance einfach verstreichen zu lassen. Aber wenn du keine Zeit hast, dann geht es eben nicht. Wie läuft es eigentlich mit dem Piloten?«
Ester überlegte, während sie auf den Fernsehschirm starrte; zwei Polizeibeamte, einer in blauem Anzug, der andere in zerknittertem Überhemd und mit gelbem Schal, saßen beieinander und redeten mit dem Moderator.
»Ich weiß noch nicht«, sagte sie. »Mein Pilot ist unterwegs, aber wir haben schon miteinander telefoniert. Wir wollen uns nächstes Wochenende treffen.«
»Hört sich gut an«, sagte Anna.
»Ja, er klang ziemlich höflich. Aber du, ich weiß wirklich nicht, wie ich das mit Keefer’s schaffen soll. Kannst du das nicht irgendwie anders lösen?«
Anna schien zu überlegen. Trank einen Schluck, Ester konnte hören, dass das Schlucken ihr Mühe bereitete.
»Mir fällt einfach nichts ein. Na ja, ist vielleicht auch nicht schlecht, es einfach sausen zu lassen.«
Ester dachte einen Moment lang nach.
»Ich mache es, wenn ich es zeitlich schaffe«, sagte sie dann. »Wir haben noch nicht abgemacht, um welche Zeit wir gehen, Karen und ich. Wenn ich es schaffe, dann ja. Okay? Aber ich
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