Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
wollen…«
»Leg los«, sagte Rooth. »Wir sind ganz auf deiner Seite.«
»Mit Inspektor Rooth verhält es sich nämlich so«, sah Reinhart sich veranlasst, Inspektorin Sammelmerk zu erklären, »wenn er sich nicht gerade was in den Mund stopft, dann kommen stattdessen Dinge heraus. Er weiß es nicht besser. Mach weiter, Krause!«
»Ach ja«, stöhnte Rooth. »Ich werde verleumdet und missverstanden, gebe aber trotzdem nicht auf.«
Krause legte die erste Folie auf, die den Fall in chronologischer Reihenfolge zeigte.
»Das Erste, was passiert – sozusagen, bevor überhaupt etwas passiert – ist also, dass ein gewisser Pastor Gassel unseren alten Hauptkommissar in dessen Antiquariat aufsucht. Das geschieht am 15. September. Der Pfarrer hat etwas zu berichten, aber Van Veeteren hat keine Zeit, ihm zuzuhören. Gut zwei Wochen später, am Montag, den 2. Oktober, fällt – oder springt oder wird gestoßen – Gassel im Maardamer Hauptbahnhof unter einen Zug und stirbt auf der Stelle. Keine Zeugen. Ungefähr zur gleichen Zeit werden zwei Frauen ermordet, Martina Kammerle und ihre sechzehnjährige Tochter Monica. Beide erwürgt. Die Mutter wird höchstwahrscheinlich zu Hause ermordet, sie wird dort einen Monat später gefunden, elf Tage, bevor Monicas Leiche von einem Hund draußen in Behrensee ausgegraben wird. Was die Tochter betrifft, haben wir keine Ahnung, wo der Tatort sich befindet. Wir wissen auch nicht, warum der Täter ihr die Beine abgehackt hat.«
»Die Beine?«, fragte Sammelmerk.
»Von den Knien abwärts, ja«, bestätigte Krause. »Das ist total unbegreiflich, aber es gibt andere Dinge, die wir begreifen.«
»Ach, wirklich?«, warf Rooth ein, aber Krause ignorierte ihn.
»Leider fehlen uns in beiden Fällen handfeste Spuren, es gibt beispielsweise keine Fingerabdrücke und auch sonst nichts, aber nach ein paar Tagen entdecken wir eine Verbindung zwischen diesem Pastor Gassel und den ermordeten Frauen… oder zumindest mit der Tochter. Sie hat seinen Namen auf einen Block in ihrem Zimmer geschrieben, und dadurch erfahren wir, dass Monica Kammerle ihn mit großer Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Male getroffen hat, um über irgendetwas zu reden. Er hat das Bungegymnasium zu Anfang des Schuljahres im Auftrag seiner Kirche besucht, es kann sein, dass sie bei dieser Gelegenheit Kontakt mit ihm aufgenommen hat. Es gibt also Gründe zu glauben, dass der Anlass für Gassels Besuch bei Van Veeteren tatsächlich etwas mit Monica Kammerle zu tun hatte… Es muss natürlich nicht so gewesen sein, aber wir haben bislang keine bessere Theorie, wenn wir davon ausgehen, dass der Tod des Priesters und der der Frauen miteinander zusammenhängen.«
»Ich kann noch ergänzen«, warf Reinhart ein, »dass die Durchsicht der Hinterlassenschaft des Pastors keinerlei Hinweise ergab. Le Houde und Kellermann sind gestern damit fertig geworden, es war offenbar nicht so einfach, herauszufinden, wo die Sachen gelagert sind. Jedenfalls fanden sich nirgends irgendwelche Aufzeichnungen über die Kammerles.«
»Das hatte er wohl im Kopf«, sagte Rooth.
»Ist anzunehmen«, stimmte Reinhart zu. »Aber wäre schon nicht schlecht zu wissen, was das wohl war. Und was da eigentlich in der Moerckstraat vor sich gegangen ist.«
Krause räusperte sich.
»Das ist natürlich der Knackpunkt des Ganzen«, sagte er. »Mutter wie Tochter lebten beide ziemlich isoliert, wir haben keinen einzigen Zeugen finden können, der uns ein bisschen mehr über die beiden hätte berichten können. Martina Kammerle hatte ja ihre Krankheit, das Manisch-Depressive, es stand nicht besonders gut um sie… und das Mädchen war eine ziemliche Außenseiterin. Sie hatte keine Freundinnen, überhaupt keinen Bekanntenkreis. Dass niemand Monica Kammerle als vermisst oder verschwunden gemeldet hat, beruht darauf, dass sie gerade die Schule wechseln wollte… Es ist natürlich bedauerlich, dass niemand sich wirklich um das Mädchen zu kümmern schien, aber so ist es nun einmal. Auf jeden Fall scheint es in dem Zusammenhang einen Mann gegeben zu haben. Die Nachbarin in der Moerckstraat, Frau Paraskevi, erklärt, dass sie im August ab und zu eine Männerstimme in der Wohnung gehört hat, und eine Zeugin hat Martina Kammerle zusammen mit einem Mann in der Stadt gesehen. Aber so etwas wie eine Personenbeschreibung haben wir nicht mal im Ansatz hingekriegt. Ja, dann gibt es da natürlich noch die mögliche Verbindung mit einem Fall in Wallburg vor eineinhalb Jahren…
Weitere Kostenlose Bücher