Die Schwarze Armee 01 - Das Reich der Träume
glaube ich nicht, dass ihr diese Verabredung zwischen meinem Vater und ihrer Mutter sonderlich gefällt.
Wir gehen hinauf in die Bibliothek. Bevor mein Vater die Tür öffnet, sagt er: »Hier befindet sich unser größter Schatz. Hier bewahren wir Bücher und Pergamente von unermesslichem Wert auf.«
»Ich freue mich darauf, diesen Schatz endlich zu Gesicht zu bekommen«, sagt Norma. »Ich liebe alte Schriften.«
»Die Schrift ist der wertvollste Schatz der Menschheit«, sagt mein Vater und dreht den Türknauf. »Darum habe ich gedacht, es würde euch vielleicht gefallen …«
Er öffnet die Tür: Zwischen den Regalen steht ein gedeckter Tisch mit Blumen und brennenden Kerzen.
»… hier zu Abend zu essen, umgeben von Büchern.«
Norma reißt die Augen auf, als könne sie nicht glauben, was sie da sieht.
»Wollen Sie damit sagen, dass wir hier essen, zwischen den Büchern, den Pergamenten und den historischen Handschriften?«
»Das will ich! Ich hoffe, es wird ein ›historischer‹ Abend.«
Ich spüre, dass etwas Magisches in der Luft liegt. Etwas, das ich nicht benennen kann und das mir dennoch vertraut ist. Ich halte mich oft in diesem Saal auf, aber heute habe ich das Gefühl, als hätten sich irgendwelche Kräfte verschworen, um mich glücklich zu machen. Sehr seltsam.
»Dieser Saal ist ein ganz besonderer Ort für mich«, sagt mein Vater. »Hier habe ich alles, was ich für meine Forschungsarbeit brauche.«
»Was ist das für eine Forschungsarbeit?«, will Norma wissen.
»Etwas sehr Spezielles. Es wird mein Leben verändern, wenn es mir gelingt. Wenn ihr wollt, können wir mit dem Essen beginnen. Und danach werden Arturo und ich euch die Stiftung zeigen.«
»Einverstanden«, sagt Norma. »Ehrlich gesagt, ich kriege langsam Hunger …«
»Uns erwartet ein Festmenü«, verkündet mein Vater. »Mahania hat es zubereitet.«
Die Tischordnung hat er festgelegt: Mein Vater und Norma sitzen an den Kopfenden, Metáfora und ich an den Seiten. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich wie in einer richtigen Familie. Ein ganz neues Gefühl, es gefällt mir.
Mahania serviert die Vorspeise und mein Vater entkorkt die Flasche. Vorsichtig gießt er einen Schluck in Normas Glas und bittet sie, den Wein zu probieren.
»Hervorragend!«, urteilt sie. »So etwas Gutes habe ich schon lange nicht mehr getrunken.«
In diesem Augenblick kommt Mohamed mit einer Karaffe herein.
»Hier ist der Ananassaft für die Señorita«, sagt er.
»Danke«, sagt Metáfora.
Mohamed stellt die Karaffe vor sie auf den Tisch und geht wieder hinaus.
»Ein ausgezeichneter Mitarbeiter«, sagt mein Vater zu Norma. »Wie Sie sehen, tut er alles, um die Stiftung in gutem Licht erscheinen zu lassen.«
»Arbeiten viele Leute hier?«, fragt Norma.
»Nun ja … Da sind Mahania, Mohamed und Sombra, sie wohnen hier in der Stiftung. Andere Mitarbeiter kommen von außerhalb, es sind insgesamt etwa zwanzig. Und gerade überlegen wir, einen Sicherheitsdienst zu beauftragen. Aber wir sind uns noch uneinig, ob wir wirklich einen brauchen.«
Ich sehe, dass Metáfora unentschlossen die Karaffe ansieht. Also stehe ich auf und fülle ihr Glas mit Ananassaft.
»Danke«, sagt sie.
Mein Vater erhebt sein Glas und wir stoßen an.
»Auf unsere Gäste!«, sagt er.
»Auf unsere Gastgeber!«, antwortet Norma.
Das Eis ist gebrochen. Jetzt können wir in Ruhe essen und die leckere Vorspeise genießen.
»Es gibt Ente à l’orange«, kündigt mein Vater an.
»Passt Ananassaft denn dazu?«, erkundige ich mich.
»Ananas passt zu allem«, klärt mein Vater mich auf, als wäre er Experte darin. »Zu Fleisch, zu Fisch, zu Gemüse … Ananas passt immer wunderbar.«
Die Ente à l’orange schmeckt großartig.
»Wir haben schon seit Jahren keine so netten Gäste mehr gehabt. Ich hoffe, ich als Gastgeber kann da mithalten«, sagt mein Vater, während er gerade ungeschickt an einer Entenkeule herumbiegt.
»Du kannst sehr gut mithalten, Arturo«, sagt Norma, die inzwischen zum Du übergegangen ist. »Die Ente ist ein Gedicht, und die vielen Bücher hier … Ich fühle mich sehr wohl. Ich freue mich, hier sein zu dürfen«, fügt sie hinzu. »So schön hatte ich es mir nicht vorgestellt. Wie im Märchen.«
»Dazu muss man wissen, dass wir uns hier in einem kleinen Palast befinden. Er ist schon so alt, dass man gar nicht mehr genau weiß, wie lange er schon steht. Manche behaupten, dass seine Fundamente und einige seiner Mauern mehr als tausend Jahre alt
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