Die Schwarze Armee 01 - Das Reich der Träume
sind.«
»Das ist ja unglaublich alt«, bemerkt Metáfora.
»Das Gebäude ist schon seit jeher im Besitz unserer Familie. Und einer unserer Vorfahren, ein Historiker namens Arturo Adragón, hat es zu einer Bibliothek umbauen lassen. Es hat noch immer etwas Hochherrschaftliches, mit seinen zahlreichen dekorativen Elementen … So etwas gibt es heutzutage nicht mehr.«
»Finden hier häufig Abendessen statt oder ist es extra unseretwegen? Gehört das vielleicht zu deiner Verführungstaktik?«, fragt Norma grinsend.
Meinem Vater hat es die Sprache verschlagen. Auf einmal sitzt er vollkommen steif da, Normas Frage hat ihn vollkommen aus dem Gleichgewicht gebracht. »Entschuldige«, stammelt Norma verlegen. »Ich war wohl etwas taktlos.«
Mein Vater trinkt einen kleinen Schluck Wein, dann findet er seine Sprache wieder.
»Es ist nicht deine Schuld. Ich habe dieses Essen hier in der Bibliothek stattfinden lassen, weil ich dachte, es gefällt dir. Dabei habe ich wohl vergessen, was sich vor Jahren hier ereignet hat. Etwas, das ich in meinem tiefsten Herzen bewahre.«
»Sollen wir nicht lieber das Thema wechseln?«, fragt Metáfora. »Wir müssen das ja nicht weiter vertiefen …«
Doch er fährt fort.
»Hier, in diesem Saal habe ich Reyna, meiner Frau, meine Liebe gestanden. Und heute ist es vierzehn Jahre her, dass …«
Seine Stimme zittert, er stockt.
In Wirklichkeit feiert mein Vater also nicht meinen Geburtstag, sondern das Gedenken an meine Mutter.
Selbst Mahania, die dabei war, alles für den Nachtisch vorzubereiten, steht da wie versteinert. Norma und Metáfora sehen mich an. Ich fühle mich unwohl.
»Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke. Das ist ein seltsamer Tag für mich heute – er ist zugleich der glücklichste und der traurigste.«
»Lass uns das Thema wechseln«, schlägt Norma vor. »Heute ist schließlich Arturos Geburtstag.«
»Ich weiß, dass du auf so etwas nicht gefasst warst«, sagt mein Vater. »Es tut mir sehr leid. Und dabei hatte ich mir vorgenommen, nicht daran zu denken.«
Mahania tritt neben ihn, nimmt seinen leeren Teller und geht hinaus. Mein Vater trinkt noch einen Schluck Wein und will gerade weitersprechen, als ihm Metáfora zuvorkommt.
»Arturo«, fragt sie mich. »Hab ich dir schon erzählt, dass ich in einem Raum geboren wurde, in dem es ganz ähnlich aussah wie hier? Ich habe nämlich das Licht der Welt in einer Druckerei erblickt!«
»Das stimmt. Mein Mann war Drucker, und eines Nachts, als wir länger arbeiten mussten, um noch einige Exemplare fertigzustellen, setzten die Wehen ein. Metáfora kam zwischen Druckerpressen zur Welt. Zum Glück konnten wir einen Krankenwagen rufen, und die Ärzte waren rechtzeitig zur Stelle, um mir bei der Geburt beizustehen. Und wie man sieht, ist alles gut gegangen.«
»Bei uns ist leider nicht alles gut gegangen«, sagt mein Vater nachdenklich. »Es gab Probleme. Probleme, die sich bis heute auswirken. Und alles war nur meine Schuld …«
»Wenn Sie möchten, kann ich den Nachtisch in Ihrem Arbeitszimmer servieren«, sagt Mahania, die bemerkt hat, wie aufgewühlt mein Vater ist. Und sie irrt sich nicht, er ist nervös und redet zu viel.
»Nein, ich werde jetzt und hier alles erzählen, was mich bewegt, sonst zerreißt es mich noch«, sagt er. Offensichtlich tut es ihm gut, dass Norma ihm aufmerksam zuhört. »Ich trage schon zu lange ein Geheimnis mit mir herum, das ich Arturo nicht länger vorenthalten möchte.«
»Arturo«, wendet Norma ein. »Ich weiß nicht, ob wir dabei sein sollten, wenn …«
»Was ich erzählen möchte, kann jeder hören. Und ich habe viel zu erzählen. Es ist eine sehr persönliche Geschichte, die ich selten erzähle, um Arturo nicht wehzutun. Aber er ist jetzt alt genug, um die Wahrheit über sich selbst zu erfahren.«
Mahania bringt den Nachtisch herein, vielleicht in der Hoffnung, meinen Vater damit zum Schweigen zu bringen. Doch es nützt nichts.
»Alles begann vor vierzehn Jahren. Ich war auf der Jagd nach Originaldokumenten berühmter Alchemisten. Zu diesem Zweck musste ich nach Ägypten und Reyna, die zu der Zeit schwanger war, beschloss, mich bei meinem Abenteuer zu begleiten. Wir drangen tief in die Wüste vor, fernab jeder Zivilisation …«
XVII
Das Feuer des Herejio
D er Morgen dämmerte und am Horizont zeigten sich die ersten rötlichen Sonnenstrahlen. In den Reihen der Armee von König Benicius herrschte völlige Stille. Niemand wagte, sich zu rühren. Die Soldaten
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