Die schwarze Bruderschaft
dann
vollends zu ihnen herum. »Puh«, sagte Chris. »Das war knapp.
« Mike fragte sich, was er damit meinte - ihre Rettung vor der
aufgebrachten Menge oder Serenas Eingreifen, das dem Mann
mit großer Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet hatte.
Die aufgebrachte Menge war inzwischen fast verschwunden. Zwei oder drei Nachzügler humpelten noch davon,
aber ansonsten schien die Straße mit einem Male wie
ausgestorben. Es war, als reiche die bloße Anwesenheit der
beiden Beduinen allein, um alles menschliche Leben in weitem
Umkreis zu vertreiben. »Danke«, sagte Trautman. »Das war
wirklich Rettung in letzter Sekunde. Was ist passiert? Wieso
seid ihr hier, und was war mit dem Fahrer los?« Weder Yasal
noch Hasim antworteten, und plötzlich erinnerte sich Mike
wieder daran, daß er keinen der beiden jemals auch nur ein
Wort hatte sagen hören. »Das sollten wir vielleicht später
klären«, sagte Ben nervös. »Ich meine... sie könnten
zurückkommen. « »Und selbst wenn nicht, hat bestimmt jemand
die Polizei gerufen«, fügte Chris hinzu.
»Und?« fragte Mike. »Vor zehn Sekunden hättest du dir noch gewünscht, daß die Polizei kommt, oder?«
»Ihr kennt die Polizei Kairos nicht«, sagte Trautman mit
einem schiefen Lächeln. »Ich möchte ihr jedenfalls nicht
erklären müssen, was hier passiert ist... « Er überlegte eine
Sekunde, dann wandte er sich wieder an Yasal und Hasim.
»Könnt ihr uns von hier wegbringen?« Möglicherweise
sprachen die beiden kein Englisch, aber zumindest verstanden
sie es. Yasal nickte, und Hasim machte eine entsprechende
Handbewegung über die Schulter nach draußen.
»Also gut«, sagte Trautman. »Dann nichts wie raus hier. «
»Und unsere Sachen?« fragte Serena. Trautman warf einen
Blick durch den Raum. Was nicht bei dem Zusammenprall des
Wagens mit dem Tor zerstört worden war, das war in einem
heillosen Chaos überall verstreut. Er schüttelte den Kopf. »Es
tut mir leid, aber dafür bleibt uns keine Zeit«, sagte er bedauernd. »Sei froh, daß wir noch am Leben sind, Serena. Kommt
jetzt. Wir müssen weg. Und außerdem möchte ich mich gerne
mit Lady Grandersmith über einige Eigenschaften ihrer
Dienstboten unterhalten. «
»Sie können sich gar nicht vorstellen, wie leid es mir tut«,
sagte Lady Grandersmith zum wiederholten Mal an diesem
Abend. Sie schüttelte abermals den Kopf und sah Mike und die
anderen der Reihe nach und mit aufrichtiger Sorge an.
Es war mittlerweile später Nachmittag. Sie saßen auf der
Terrasse des Hauses, von dem Lady Grandersmith gesprochen
hatte - das sich als Prachtbau von der Größe und Ausstattung
eines kleinen Schlosses entpuppt hatte
-, und tranken
eisgekühlten Zitronentee, und obwohl erst wenige Stunden
verstrichen waren, seit sie mit so knapper Not dem sicheren Tod
entgangen waren, kam Mike ihr Abenteuer schon fast wie ein
böser Traum vor.
Yasal und Hasim hatten sie zu einem Wagen geführt, der gar
nicht weit entfernt in einer Seitenstraße geparkt gewesen war,
und die beiden hatten auch gleich noch für eine Überraschung
gesorgt: Yasal erwies sich nämlich als ausgezeichneter Fahrer,
der sie in einem höllischen Tempo, aber nichtsdestotrotz sehr
sicher aus der Stadt gebracht hatte. Danach war es eine gute
Stunde nach Westen gegangen, zu Anfang noch über eine
asphaltierte Straße, später über einen schmalen Weg und
schließlich durch die Wüste. Und gerade als Mike ernsthaft
darüber nachzudenken begonnen hatte, ob es das Haus der Lady
Grandersmith denn überhaupt gab, hatten sie diese Oase
erreicht: ein kleines Paradies, das versteckt in einem Dünental
lag und aus einem kristallklaren Quellsee und einem Palmenwäldchen bestand, unter dessen Schatten das Haus lag. »Ich
verstehe immer noch nicht, wie der Bursche wissen konnte, daß
wir auf einen Wagen warten«, sagte Ben kopfschüttelnd. Er
nippte an seinem Zitronentee, behielt aber Lady Grandersmith
dabei über den Rand des Glases hinweg scharf im Auge. Er
machte aus seinem Mißtrauen keinen Hehl, obwohl Lady
Grandersmith ihnen bereits mehrmals erklärt hatte, was wirklich
passiert war. Und ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen,
begann sie sich allmählich darüber zu ärgern. Trotzdem tat sie
es geduldig noch einmal. »Die Schuld trifft auch mich, junger
Mann«, antwortete sie. »Ich gebe es zu. Ich habe länger für
meine Reisevorbereitungen gebraucht, als ich gedacht hatte, und
als ich schließlich mit dem Wagen zum Hotel kam, wart ihr
nicht mehr da. «
»Ja«, sagte Ben
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