Die schwarze Bruderschaft
Falte; ein untrügliches Zeichen dafür, daß er mehr als
nur verärgert war. »Wo ist dieser räudige einäugige
Mäuseschreck?« Wen, bitte schön, meint er mit RÄUDIG? erklang Astaroths Stimme in Mikes Gedanken. Obwohl sie
lautlos war, brachte er es trotzdem fertig, sie eindeutig drohend
klingen zu lassen. Einen Moment später raschelte es
zwischen
den Palmwedeln hinter ihnen, und Astaroth tauchte mit
gesträubtem Fell und ärgerlich peitschendem Schwanz auf. Sein
Auge fixierte Ben zornig. »Da bist du ja«, sagte Ben. »Eine
Frage - du kannst doch Gedanken lesen, oder?«
Du solltest deinen Freund darauf hinweisen, daß ich noch
eine Menge mehr kann, sagte Astaroth mit Nachdruck. Ich
könnte ihm zeigen, wie ich mein Auge verloren habe. Oder ihm
demonstrieren, wie es ist, wenn man vier Wochen lang nicht
mehr sitzen kann... »Was sagt er?« erkundigte sich Ben. »Ja«,
antwortete Mike hastig. »Wenigstens... sinngemäß. «
»Dann frag ihn jetzt folgendes: Wenn er doch ständig in
unseren Gedanken herumschnüffelt
- und ich nehme an, nicht
nur in unseren
-, wieso zum Teufel hat er uns dann nicht
gewarnt, als wir in den falschen Wagen eingestiegen sind?!«
Seinen Worten folgten einige Sekunden betroffenes
Schweigen, in denen sich alle Blicke auf Astaroth richteten.
Offensichtlich war Ben bisher der einzige hier, der sich diese
Frage gestellt hatte. Obwohl sie auf der Hand lag.
»Da hat er recht«, sagte Trautman schließlich. »Also, Mike?
Was sagt er?«
Mike blickte den Kater an, riß plötzlich überrascht die Augen
auf und fragte: »Das ist dein Ernst?« »Was hat er gesagt?«
fragte Trautman noch einmal. »Er... er hat gesagt, daß er es
nicht konnte«, antwortete Mike.
»Wie bitte?« Trautman zog die Augenbrauen hoch und starrte
den Kater an. Astaroth duckte sich unter seinem Blick und
wirkte plötzlich so kleinlaut und niedergeschlagen wie der
sprichwörtliche begossene Pudel. »Ich fürchte, es ist die
Wahrheit«, sagte Mike. »Er konnte seine Gedanken nicht lesen weil er nicht gedacht hat. «
Den Abend verbrachten sie zusammen mit Lady Grandersmith, die wieder einmal die spannendsten Geschichten zu
erzählen hatte. Das einzige, worüber sie nicht sprach, war die Schwarze Bruderschaft. Mike versuchte auch nicht, das
Gespräch darauf zu bringen. Keinem von ihnen war das Thema
angenehm. Daß Yasal und Hasim praktisch ununterbrochen in
ihrer Nähe waren, war schon schlimm genug. Spät am
Nachmittag des folgenden Tages hatten sie sich wieder auf der
Terrasse versammelt
- Hasim hatte sie mit ein paar Gesten
dorthin gebeten, und Mike hatte angenommen, daß er ihnen
wieder eines seiner tatsächlich hervorragenden Festmahle
vorsetzen würde. Der Tisch war jedoch nicht gedeckt, und als
Lady Grandersmith als letzte erschien, erlebten sie eine
Überraschung: statt in Kleid, Hut und Schleier, wie sie
normalerweise aufzutreten pflegte, stand sie in Tropenanzug,
Stiefeln und Helm vor ihnen.
»Haben Sie etwas Besonderes vor, Lady Grandersmith?«
fragte Trautman überrascht. »Ich meine, wegen Ihrer... äh...
außergewöhnlichen Kleidung. « »Gefällt Sie Ihnen nicht?«
fragte Lady Grandersmith lächelnd.
»Doch, doch, sicher«, antwortete Trautman hastig. »Es ist
nur... ich meine... «
Lady Grandersmith genoß sichtlich die Verlegenheit, in die
sie Trautman mit ihrer Frage gebracht hatte. Dann lachte sie und
schüttelte den Kopf. »Sie haben doch nicht etwa unsere
Verabredung vergessen?« sagte sie mit leichtem Vorwurf.
»Verabredung?«
»Die Pyramiden«, erinnerte Ben. »Wir wollten uns die großen
Pyramiden ansehen. «
»Oh. « Trautman hatte es vergessen, das machte sein Blick
deutlich.
Singh nicht. »Wir sollten das nicht tun«, sagte er. »Aber wieso
denn nicht?« protestierte Chris. »Es kann doch überhaupt nichts
passieren!« »Weil mir nicht wohl dabei ist«, antwortete Singh ein wirklich ungewöhnliches Eingeständnis für einen
Mann, der normalerweise nie irgend etwas über sich erzählte;
und schon gar nicht über seine Gefühle. Und nun war es bereits
das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit.
»Niemand wird uns sehen«, sagte Ben. »Du hast es doch
gehört - wir bekommen sozusagen eine Privatführung. Es wird
nicht einmal jemand merken, daß wir dagewesen sind. «
»Es gefällt mir trotzdem nicht«, beharrte Singh, und Trautman
fügte hinzu:
»Er hat Recht. Ihre Gastfreundschaft in Ehren, Mylady, aber
auch mir wäre wohler, wenn wir so schnell wie möglich -«
»Das Land verlassen?« unterbrach
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