Die schwarze Hand des Todes
anfangen?«
»Bitte sehr.«
»Ich möchte, dass Sie in Gedanken den Tag noch einmal durchleben, an dem es passiert ist, um Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Sie müssen es noch einmal versuchen, Maggie.«
»Warum sollte ich?«
»Um Jenny Westons willen. Und um uns zu helfen, einen weiteren Mord zu verhindern. Sie dürfen nicht nein sagen.«
Maggie zögerte. »Ihre Kollegen haben es immer auf die verständnisvolle Tour probiert. Sie wollten mich nicht überfordern. Das fand ich zum Kotzen.«
»Mit so etwas kann ich mich nicht aufhalten. Ich habe eine Aufgabe. Ich brauche Sie. Sie müssen mir helfen.«
Maggie starrte sie an. »Kaffee?«
Fry nickte. Ihre Finger entkrampften sich. Während Maggie einschenkte, ließ sie den Blick durch das Zimmer schweifen. Es war wirklich nicht einladend, trotz des bequemen Stuhls und des Kaffeedufts. Wodurch konnten sich Maggies Erinnerungen zurückholen lassen? Wer ein solches Trauma erlebt hatte, brauchte ein Ende, einen Abschluss. Es war möglich, dass sie sich erst wieder an alles erinnern würde, wenn ihr Angreifer hinter Gittern saß.
Aber es konnte natürlich auch sein, dass ihr Gedächtnis aus einem anderen Grund blockierte. Sie musste einen Weg finden, die Sperre zu lösen.
Heute hatte Fry ein Doppelkassettendeck mitgebracht und auf dem Schreibtisch aufgebaut. Obwohl sie fest davon überzeugt gewesen war, dass Maggie eine Aufnahme des Gesprächs rundweg ablehnen würde, hatte sie nichts dagegen einzuwenden. Im Gegenteil, sie schien diese Gelegenheit gern wahrnehmen zu wollen. Vielleicht sah sie in dem Gerät so etwas wie einen neutralen Mittler. Wahrscheinlich glaubte sie auch, ein Tonband könne keine Erinnerungen zurückbringen, sondern nur die Erinnerungen festhalten, derer man sich sowieso bereits bewusst war. Fry hoffte nur, dass sie sich darin täuschte. Denn heute wollte sie tiefer in Maggies Gedächtnis vordringen als je zuvor.
Ein paar Minuten saßen die beiden Frauen friedlich beim Kaffee zusammen. Sie plauderten sogar ein wenig über das Wetter und die Nachbarn im Derwent Court, gerade so, als ob Fry nur eine alte Bekannte wäre, die zu Besuch gekommen war. Als Nächstes würde Maggie womöglich noch Schokoladenplätzchen servieren.
»Ich glaube, es tut mir gar nicht gut, den ganzen Tag in der Wohnung zu hocken«, sagte Maggie. »Wenn ich nicht aufpasse, werde ich noch dick.«
Also keine Schokoladenplätzchen. Fry wickelte zwei neue Kassetten aus der Verpackung und legte sie ein.
»Sie sehen nicht so aus, als ob Sie Gewichtsprobleme haben, Diane«, sagte Maggie.
»Ich habe keine Zeit zuzunehmen.« Das war die übliche Antwort, mit der sie diese Frage immer parierte. Sie probierte aus, ob das Gerät lief. Die beiden Kassetten begannen, sich zu drehen. »Wären Sie dann so weit?«
»Vorher wollte ich Ihnen noch etwas anderes sagen.«
»Ja?«
»Ich habe beschlossen, wieder arbeiten zu gehen.«
»Ist das klug?«, fragte Fry. Sie dachte als Erstes an die Gefahren, denen Maggie draußen ausgesetzt wäre, und erst an zweiter Stelle an den psychologischen Nutzen, den ihr Vorhaben für sie haben würde.
»Früher oder später muss ich mich ja doch mal wieder unter die Leute wagen.«
»Aber nur, wenn Sie Maßnahmen zu Ihrem Schutz ergreifen. Ich werde einen Kollegen in Ihre Kanzlei schicken, damit er die Sicherheitsvorkehrungen überprüft.«
Maggie seufzte. »Wenn Sie darauf bestehen.«
»Dann muss ich mir wohl für unser nächstes Gespräch einen Termin geben lassen, hm? Zeit kostet Geld, vor allem bei Anwälten.«
Maggie lächelte. Fry gefiel das. Wenn sie lächelte, sah sie fast normal aus. Wenn nur nicht der leidende Blick und die verletzliche Miene gewesen wären.
»Ich trage Sie für Freitag ein«, sagte Maggie. »Vierzehn Uhr, in der Kanzlei in der Mill Street.«
Fry zückte ihren Kalender und notierte sich den Termin. »Gut. Dann kommen Sie wenigstens auf andere Gedanken. Finden Sie Ihre Arbeit interessant?«
»Interessant?« Maggie lauschte dem Wort hinterher. »Viele Leute würden sie wohl so sehen. Dabei besteht sie zu neunzig Prozent aus Routine. Berge von Papierkram, bis einem die Augen brennen, Berichte verfassen, Anträge schreiben. Und dazu die endlosen Besprechungen.«
»Das kommt mir sehr bekannt vor.«
»Und dann die unmöglichen Menschen, die man vertreten muss. Deren Sorgen müsste man haben. Neid, Selbstsucht und Habgier, darauf läuft es immer hinaus. Ehemänner gegen Ehefrauen, Kinder gegen Eltern, Kollegen
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