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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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plausibel. Er ist überzeugt, dass ihn Jenny Weston nichts mehr anging.«
    »Eigentlich hat man fast den Eindruck, als ob sich kein Mensch für sie interessiert hätte«, sagte Fry. Sie hatte kaum ausgesprochen, da fiel ihr die Ironie auf, die in diesem Satz steckte. Es war fast, als hätte jemand anderer damit sie selbst beschrieben. Sie war doch selbst zur eingefleischten Einzelgängerin geworden, bis auf den unvermeidlichen beruflichen Kontakt zu den Kollegen, die es ihrerseits längst aufgegeben hatten, sich nach ihrem Privatleben zu erkundigen. Sie ging niemanden etwas an.
    »Das stimmt nicht ganz«, sagte Tailby, dem Frys nachdenkliches Gesicht nicht entgangen war. »Einen Menschen gibt es dort draußen, der sich sehr für sie interessiert hat. Auch wenn sie selbst vielleicht nie etwas davon wusste.«

18
    Der Mittwoch versprach, ein trüber Tag zu werden. Obwohl Diane Fry schon spät dran war, nahm sie sich die Zeit, auf dem Sydnope Hill anzuhalten und ein paar Minuten lang auf Matlock hinunterzublicken. Von Osten her wälzten sich die Wolken immer näher heran. Ihre Schatten huschten über die Berghänge hinweg und hinein in die Stadt.
    Tief unten zwischen den anderen Dächern konnte Fry auch das des Derwent Court erkennen. Noch glänzte es hell in den letzten Strahlen der klaren Novembersonne, und der Raureif glitzerte auf den Dachziegeln. Maggie erwartete Fry um neun. Als sich die Wolkendecke endlich geschlossen hatte, war es fast fünf nach. Fry ließ den Wagen wieder an. Maggie würde nicht sehr erfreut sein, dass sie zu spät kam. Pech für sie. Fry wollte heute jede weitere Ablenkung vermeiden. Es war ohnehin schwierig genug.
    Vom Hügel aus konnte sie sehen, wie verwüstet die Landschaft war, die sich in Richtung Osten erstreckte. Kahle, nackte Felsterrassen, die von den Steinbrucharbeiten zurückgeblieben waren, verschandelten die Bergflanke auf der anderen Seite der Stadt. Sie blickte noch ein letztes Mal zum Himmel. Perfekt. Heute würde die Sonne nicht auf Maggies Fenster stehen.
     
    »Da sind Sie ja«, sagte Maggie ein paar Minuten später. »Ich hatte schon fast gehofft, Sie hätten mich vergessen.«
    »Aber nein, Maggie.«
    »Sagen Sie bloß, Sie erinnern sich an mich? Wegen meiner sprühenden Persönlichkeit vielleicht? Wegen meines Intellekts? Wegen meines scharfen Witzes?«
    Maggie hatte die Beleuchtung geändert. Das Licht war sanfter, weniger kompromisslos. Möglicherweise war es als Geste des Willkommens für ihre Besucherin gedacht. Vor dem Schreibtisch stand ein neuer Stuhl, Sitz und Lehne mit grünem Satin gepolstert. Er war ausgesprochen bequem, wie Fry feststellen konnte.
    Auf dem Schreibtisch stand eine Kaffeekanne, dazu Sahne und Zucker. Diese Zeichen verrieten Fry, dass sie allmählich Fortschritte machte. Aber es war eine zerbrechliche Intimität. Das Klingeln des Telefons oder ein scharrendes Stuhlbein konnten genügen, ihr ein jähes Ende zu bereiten.
    »Ich fand, wir sind letztes Mal ganz gut miteinander ausgekommen«, begann sie.
    »Tatsächlich?« Maggie spielte nervös am Lampenschirm herum, so dass die Schatten über ihr Gesicht zuckten. Die Wirkung war einigermaßen verstörend. Nackt und weiß kam das gesunde Auge ins Licht, um im nächsten Augenblick wieder im Dunkel zu verschwinden.
    Die Ermittlungen im Fall Weston kamen nicht vom Fleck. Fry hatte das Gefühl, dass ihre Gespräche mit Maggie Crew eine Art zweite Front darstellten. Nur hier konnte man auf einen Durchbruch hoffen. Maggie war ihre einzige echte Zeugin. Sie konnte den Messerstecher identifizieren. Fry musste ihr unter allen Umständen ihre Erinnerungen abringen, koste es, was es wolle. Deshalb saß sie hier, allein mit dieser Frau, und grub in der Vergangenheit wie ein Bergmann im harten Gestein.
    »Haben Sie über unser letztes Gespräch nachgedacht?«, fragte sie.
    Aber Maggie antwortete mit einer Gegenfrage.
    »Wissen Sie, wie oft ich Besuch bekomme?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, wie es ist, hier zu sitzen und zu warten, ob jemand kommt?«
    »Es tut mir Leid.«
    Maggie riss den Arm der Lampe herum, so dass sie Fry voll ins Gesicht schien.
    »Ich verbitte mir Ihr Mitleid. Verstanden?«
    Fry schluckte die Entgegnung, die ihr auf der Zunge lag, hinunter. Vor ihr saß eine Frau, deren psychisches Gleichgewicht empfindlich gestört war. Sie brauchte Taktgefühl, keinen Streit. Und vor allem konnte sie darauf verzichten, dass man ihr Selbstmitleid und Heuchelei vorwarf.
    »Sollen wir noch einmal von vorne

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