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Die schwarze Kathedrale

Die schwarze Kathedrale

Titel: Die schwarze Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Palliser
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und forderte mich auf, mich zu setzen. Ich hatte gelacht, weil mir der Gedanke gekommen war, ich könnte unter Verdacht stehen. Ich stellte mir vor, wie ich stundenlang in diesem Raum festgehalten würde, während der Sergeant und seine Polizisten Frage um Frage auf mich abfeuerten, bis ich zusammenbrach und alles gestand.
    »Ist Ihnen nicht wohl, Sir?«
    »Es geht mir ausgezeichnet, Sergeant Adams, danke. Ich bin nur ziemlich erschüttert.«
    »Nur zu verständlich, Sir.«
    Ich setzte mich an den großen alten Tisch. Der Sergeant drehte die Gaslampe hoch und nahm mit dem Rücken zum Fenster mir gegenüber Platz.
    »Möchten Sie mir jetzt, wo wir alleine sind, vielleicht etwas sagen, Sir?«
    Die Frage paßte so genau in meinen Gedankengang hinein, daß ich unwillkürlich lächeln mußte. »Ist das eine Aufforderung, ein Geständnis abzulegen?«
    Er lächelte nicht. »Es ist eine Aufforderung, mir alles mitzuteilen, was irgendwie ein Licht auf diesen traurigen Fall werfen könnte. Eine Sache, die mir rätselhaft vorkommt, ist zum Beispiel die Zeit, Sir. Wissen Sie wirklich mit absoluter Sicherheit, wann Sie und Mr. Fickling dieses Haus verlassen haben? Für das, was danach passiert ist, scheint die Zeit nämlich kaum auszureichen. Sind Sie wirklich sicher, daß sie erst um halb sechs gegangen sind?«
    »Ja, vollkommen sicher. Wir haben uns über die Zeit unterhalten, als wir gegangen sind. Warum fragen Sie?«
    »Sie haben sich über die Zeit unterhalten«, wiederholte er. »Könnten Sie mir das bitte erklären?«
    »Nein, Sergeant, ich möchte es nicht erklären. Es ist absolut lächerlich. Ich stehe unter Schock, und ich habe wirklich keine Lust, eine Menge sinnloser Fragen zu beantworten.« Er sah mich mit unerschütterlicher Ruhe an, und nach einer Weile lenkte ich ein: »Wir haben nur darüber geredet, ob unsere Uhren stimmten, weil nämlich die Uhr in der Wohnküche vorging. Mr. Fickling wollte gerne, daß wir noch vor dem Ende des Abendgottesdienstes in die Kathedrale kämen, damit ich Mr. Slattery an der Orgel hören konnte.«
    Er machte sich eine Notiz. »Ich muß Sie jetzt fragen, ob Sie mir etwas über den Zustand der Räume sagen können, die Sie gesehen haben. Fällt Ihnen jetzt etwas Besonderes daran auf?«
    »Nein, gar nichts. Soweit ich sehen kann, waren sie genau im gleichen Zustand wie jetzt auch.«
    »Sie meinen abgesehen davon, daß der andere Raum völlig verwüstet worden ist?«
    »Nein, Sergeant, ich meine genau das, was ich sagte, egal, worum es sich handelt. Ich lege größten Wert darauf, immer das zu sagen, was ich meine, und das zu meinen, was ich sage. Es würde das Verfahren sehr beschleunigen, wenn Sie so freundlich wären, diesen Umstand im Gedächtnis zu behalten.«
    Zu meiner Verärgerung sah er mich nur weiter mit unerschütterlicher Ruhe an. Nach einer Pause fragte er: »Die Räume waren also in ihrem gegenwärtigen Zustand, als Sie hereinkamen, Sir?«
    »Genau. Um es ein für allemal klarzustellen: Dieses Zimmer und die Wohnküche – die einzigen Räume, die ich zu Gesicht bekommen habe – sehen jetzt genauso aus, wie sie aussahen, als ich heute nachmittag um zwanzig Minuten vor fünf hier ankam.«
    »Aber die Unordnung in dem anderen Zimmer, die aufgerissenen Schubladen, die herumliegenden Papiere und all das?«
    »Wie ich Ihnen schon gesagt habe, Sergeant, habe ich das alles bei meiner Ankunft genau so vorgefunden.«
    »Welche Erklärung hat Mr. Stonex Ihnen dafür gegeben?«
    »Eine sehr einleuchtende: Er erklärte uns, daß er nach etwas gesucht habe.«
    »Wonach?«
    »Nach einem Dokument.«
    »Einem amtlichen Dokument?« fragte er schnell.
    »Nein, nach einem Manuskript über den Mord an Dekan Freeth.«
    Der Sergeant runzelte die Stirn. »Den Mord an wem?«
    Es dauerte einige Zeit, bis ich ihm das erklärt hatte, denn der Sergeant hatte noch nie etwas von der Ermordung des Dekans Freeth gehört und dachte zunächst, daß von einem erst kurz zurückliegenden Verbrechen die Rede sei.
    »Er hat Ihnen also gesagt, daß er vor Ihrer und Mr. Ficklings Ankunft die Schubladen geöffnet und ihren Inhalt über den Fußboden verstreut hat, so wie er jetzt noch herumliegt?«
    »Ich glaube ja. Obwohl es jetzt vielleicht noch etwas schlimmer aussieht. Nein, ich bin mir nicht ganz sicher, daß die Unordnung schon genau so groß war wie jetzt.«
    Er schrieb ausgiebig etwas in sein Notizbuch. Dann fragte er plötzlich: »Wie lange sind Sie schon bei Mr. Fickling?«
    »Seit Dienstag

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