Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
Körper nur fallen konnte, obwohl er genau wußte, daß er aufrecht auf dem stabilen Fußboden stand und eine Hand ausgestreckt hielt, um die Wand zu spüren.
Das war Panik, Attacken reiner Panik, die er vor Beginn der Therapie vor vielen Jahren immer wieder erlebt hatte. Er eilte in sein Arbeitszimmer. Er gierte förmlich nach dem Gewohnten, dem Gefühl, irgendwo zu sein, wo er sich auskannte, irgendwo, wo er gewohnt war zu befehlen. Bei seinem Telefon. Seinen Notizbüchern. Seinem Computer neben dem Schreibtisch.
Die Kristallkaraffe wog schwer in seinen schützenden Händen. Der Scotch plätscherte, als er sich daraus einschenkte, und beim ersten Schluck stöhnte er laut auf. Er trieb ihm Tränen in die Augen. Er trank wieder – in einem langen, tiefen Zug – und ließ sich rückwärts auf seinen Stuhl sinken.
Er hätte gern geweint, aber dies war ein Gefühl, das über Trauer weit hinausging.
Eine Sünde. Er hatte eine Sünde begangen. Er hatte etwas Unverzeihliches getan.
Er blinzelte unter Tränen. Ich werde nie wieder ein normales Leben führen, sagte er sich selbst. Ich werde nie wieder in der Lage sein, zu essen oder zu schlafen oder auch einfach nur spazierenzugehen und die Hügel und die Bäume zu betrachten.
Ich werde nie wieder in der Lage sein, irgend etwas zu tun, weil ich in jeder Sekunde wissen werde.
Und es gibt nichts, das ich dagegen tun könnte. Es ist geschehen. Es dauert fort, auf ewig.
Was alles noch schlimmer machte, das waren die bohrenden Zweifel an seiner ganzen schriftstellerischen Arbeit. Er hatte immer gewußt, daß viele seiner Ideen ihre Wurzeln in seiner Freundschaft zu Asquith hatten. Aber jetzt fing er an, an seinem Können zu zweifeln. Vielleicht waren es allesamt Asquiths Ideen gewesen, was er niedergeschrieben hatte – in jedem Augenblick. Das stimmt natürlich nicht, versuchte er sich selbst zu beruhigen.
Aber er konnte nicht sicher sein – jetzt nicht.
Vielleicht, dachte er, hatte Asquith ja recht gehabt. Vielleicht habe ich ihm wirklich die ganze Zeit schon sein Leben gestohlen, und der letzte große Diebstahl des Mexico-Stücks war ein Verbrechen, das zu groß war, um es zu tolerieren.
Mein Werk, sagte er sich selbst, verläßt mich, und ich kann gar nichts tun, es zurückzurufen.
Schwer zu sagen, was seine Aufmerksamkeit in der Dunkelheit da draußen erregte. Vielleicht war da eine vage Bewegung oder vielleicht hatte er es einfach nur gewußt, es in seinen Knochen gespürt, daß da draußen irgend etwas war. Er wandte sich um und strengte die Augen an, den Mund weit geöffnet und sicher, nichts zu sehen außer der leeren Finsternis.
Dann sah er es.
Irgend etwas schwebte dort draußen. Es war weniger als eine Vision und ein klein wenig mehr als ein bloßer Gedanke. Eine vage Präsenz, ein Klecks, der allmählich vor seinen Augen Gestalt annahm. Ein grauer Schatten verdichtete sich zu einer Gestalt. Die Gestalt war eine Wolke, eine Ansammlung von Rauch. Die Figur aus Rauch trat langsam, betont vorsichtig, als sie sich der eigenen Existenz und der eigenen Kraft nicht sicher, ins Licht.
Ihr Anblick ließ Speke innerlich erstarren. Ließ alles in ihm zu Eis werden. Jede Zelle, jedes Atom an ihm wurde wie Glas.
Der Mann dort draußen starrte Speke an. Starrte Speke direkt in die Augen.
Er mußte geschrien haben. Er mußte die Karaffe fallen gelassen haben. Er mußte an die gegenüberliegende Wand zurückgewichen sein und weiter geschrien haben, denn als Maria an seiner Seite war und ihn anrief, hockte er dicht an der Wand, und der ganze Boden war mit Glas und Scotch übersät und durchtränkt.
Sie legte ihm die Hand über den Mund, und ihre Hand war stark. »Es ist gut, Ham. Bitte, sei still – es ist ja alles in Ordnung.«
»Es war er!«
»Du wirst noch alle im Haus aufwecken. Sie werden dich hören können. Beruhige dich, Ham. Es ist doch alles in Ordnung.«
»Er war es, und er hat mich direkt angesehen. Maria, hör mich an. Er hat da draußen direkt vor meinem Fenster in der Dunkelheit gestanden.«
DRITTER TEIL
BLITZ
12
Sarah war früh auf den Beinen und bürstete sich das Haar.
Sie hatte den Morgen seit je geliebt. Morgens scheint der Tag noch tausend Möglichkeiten zu bergen. Warum dann nicht glauben, er werde süß sein, voller Versprechungen? Sie hatte nicht besonders gut geschlafen, und ihr war es vorgekommen, als seien Pferde, gigantische, nebelhafte Reittiere, die ganze Nacht hindurch über das Dach ihres Blockhauses galoppiert.
Ihr
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