Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
werde einen neuen, friedvolleren Hamilton bringen?
Die Tiere warteten bereits auf ihre gewohnte Morgengabe.
Die Eichhörnchen tollten über den Rasen und hielten inne, um Sarah zu beobachten und zu sehen, wie sie die Brotkrumen über den ganzen Rasen streute. Sie tat etwas, wovon sie wußte, daß es alles andere als weise war. Sie wußte, daß sie in ihr Büro gehen und sich mit Hamiltons Korrespondenz beschäftigen sollte. Ein paar Musiker hatten ihm Tonbänder geschickt, die mit einem freundlichen Dankschreiben zurückgesandt werden mußten. Er erhielt täglich Dutzende von Briefen und Manuskripten zu irgendwelchen Theaterstücken, und er beantwortete sie alle – oder sie tat es.
Doch als sie so da stand und die letzten Krümelchen ausstreute, entschied sie sich, etwas zu tun, was sie sich ausgesprochen unbehaglich fühlen ließ.
Sie machte sich auf, ihn zu suchen.
Folge ihm nicht, warnte sie sich selbst. Bleib, wo du bist, und füttere die Spatzen.
Die Sonne brannte heiß vom Himmel, und das Flirren der Luft trieb sie durch das Licht hinein in die Schatten der Bäume. Insekten summten, und Finken schossen wie Blitze durch das hochstehende Gras. Lorbeerbäume in dem ausgetrockneten Flußbett erfüllten die Luft mit ihrem süßen Duft.
Sie wollte nur eines wissen, und dann würde sie ihren Frieden wiedergefunden haben. Sie mußte sicher sein, daß Asquith gegangen war.
Dieser Mann, dieses Rätsel aus Hams frühen Tagen als Schriftsteller, hatte einige Macht über ihn. Er bedeutete Ärger, und er gehörte schlicht nicht hierher. Sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß dieser Mann nicht nur ein Rätsel, sondern eine echte Gefahr bedeutete.
Sei sehr vorsichtig, sagte sie sich selbst. Hab keine Angst, aber mach auch keine Fehler.
Das Außenbüro schimmerte als weißer Bungalow durchs Geäst. Das Sonnenlicht brach sich tausendfach im Gezweig einer uralten Eiche. Als sie so dort in der Morgenstille stand, war sie überzeugt, sich geirrt zu haben. Nirgendwo war ein Motorrad zu sehen. Irgendwann am Abend oder in der Nacht mußte Asquith wieder weggefahren sein.
Ihre Fingerspitzen zitterten vor Erleichterung. Sie fühlte keine fremde Präsenz. Alles war, wie es sein mußte.
Doch dann wußte sie, daß dem nicht so war. Ein Blatt raschelte. Ein Zweig bewegte sich, aber es ging kein Wind.
Unter den Bäumen in der Nähe erklang ein anderes Geräusch.
Vogelgezwitscher war aus der Richtung zu hören, wo jemand ganz in der Nähe stehen mußte, und von dort her kam auch das kaum wahrnehmbare Geräusch eines Menschen, der ganz still da stand und den Atem anhielt.
Speke hatte darauf bestanden, im Büro zu bleiben und Maria zu helfen, die Glassplitter vom Boden aufzusammeln. Er hatte immer gedacht, eine solche Kristallkaraffe habe eine gewisse Stabilität, doch er wußte, daß das hohe Singen in seinen Ohren, das Rauschen des Blutes durch sein Gehirn die Karaffe zerstört hatten, nicht der Fall.
Sobald es einigermaßen hell war und sich das erste Blau der Morgendämmerung zeigte, das alles in sein unwirkliches Licht tauchte, Gras, Bäume und Himmel, stieg er in seine Kleider und sah aus, so hoffte er jedenfalls, wie ein Mann, der sich für seinen Morgenspaziergang fertig macht.
»Sei vorsichtig«, sagte Maria, und der Tonfall ihrer Stimme begleitete ihn noch lange danach. Jetzt war er endgültig überzeugt: Sie hatte ihn letzte Nacht verlassen, in den Stunden vor seinem Alptraum.
Er stahl sich vom Haus fort und wagte kaum zu atmen, bis er in den Schatten der Bäume eintauchte. Doch dort blieb er unbeweglich stehen. Am liebsten wäre er nicht einen Schritt weitergegangen.
So zögerte er, bis er endlich den Weg entlangging, an dessen Ende das Mauseloch lag, wo er das einzige Geschenk für die Tiere des Waldes niederlegte, das er heute morgen bei sich trug, ein paar Krümel aus einer leeren Tüte gebrannter Erdnüsse.
Es war ein neuer Morgen, sanfter Tau hatte jedes Blatt überzogen, die Brombeeren wie die Haselnüsse und den Farn in den Felsspalten, wo es stets, selbst jetzt im Sommer, einen kleinen Rest von Feuchtigkeit gab.
Doch das alles war jetzt von ihm getrennt wie die Zweige und das Moos eines Dioramas, eingeschlossen hinter Glas und getrennt von dem Leben, das er jetzt führte. Er zögerte und ließ die Zeit verstreichen, denn er war nicht auf einem einfachen Morgenspaziergang. Er war auf Erkundungsfahrt, um herauszufinden, ob Asquiths Grab noch unberührt war.
Tote können nicht aufstehen und
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