Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
erneut umhergehen, sagte er sich selbst. Vielleicht gab es ein Leben nach dem Tod, vielleicht auch nicht. Er war nicht sicher, was er glauben sollte.
Aber die Erscheinung, die er letzte Nacht gesehen hatte, war entweder eine Halluzination gewesen oder aber ein wirklicher, lebender Mensch.
Er wünschte sich, Asquith wäre noch am Leben. Aber der Gedanke an einen lebenden, tobenden Asquith irgendwo in den ausgetrockneten Bachläufen unter den Lorbeerbäumen machte ihm angst.
Die Ärzte hatten ihn gewarnt, seine Nerven würden ihn noch einmal umbringen, wenn er nicht anfinge, ruhiger zu werden.
Sie müssen Ihr Leben ändern, hatte ein jeder ihm geraten, jeder Spezialist, jeder lächelnde Therapeut.
Er folgte einem Wildwechsel entlang einer Rinne aus Basalt, in der einst ein Bach geflossen sein mochte, hin zu einem seiner Lieblingsplätze, dem Ort, an dem die Indianer gelebt hatten.
Geh zurück. Du bist ein Feigling.
Als Junge hatte er mit Freunden Krieg gespielt, und sie hatten sich abwechselnd gegenseitig totgeschossen. Er hatte sich immer viel auf seine Fähigkeit zugute gehalten, möglichst glaubwürdig hinzufallen und ›ganz echt‹ mit offenen Augen dazuliegen und dabei auch noch ein bißchen Speichel aus dem Mundwinkel fließen zu lassen. Seine Freunde waren davon jedesmal beeindruckt gewesen.
Geh zurück, Hamilton! Du hast doch Angst vor dem, was du zu sehen bekommen wirst.
Die Ohlonen, ein Indianerstamm, hatten hier ihre Eicheln gemahlen. In den Felsen waren noch ihre einstigen Höhlen auszumachen, die jetzt dunkel vom schwarzen Moos waren.
Hamilton kam oft hierher, um in der Gesellschaft von etwas Althergebrachtem, geistig Gesundem zu sein. Die Indianer hatten die Eicheln dieser Bäume zu einem so sauren Mehl vermählen, daß es in heißem Wasser hatte ausgelaugt werden müssen, bevor es genießbar wurde. Und doch hatte das Land sie ernährt. Eine intakte Kultur, eine Nation voller Vertrauen und voller Lieder hatte hier einst gelebt.
Wieder zögerte er. Er mußte mehr Angst haben, als er vor sich selbst zugeben mochte. Er eilte zurück. Nein, er war kein Feigling. Jetzt nicht. Dem alten Ham mochte vielleicht übel werden, nicht aber dem neuen, dem Killer Ham. Er war zu allem fähig.
Er blieb stehen. Dies war die Stelle. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Mit lose herunterhängenden, kraftlosen Armen stand er da, während das Blut aus seinem Kopf wich, so daß die ganze Szenerie ringsum grau in grau erschien.
Das Grab war unversehrt. Die flachen Steine, die er in das Erdreich gedrückt hatte, waren alle noch da. Auf den Felsen ringsum waren keinerlei Fußspuren zurückgeblieben, und er stand da und blickte auf einen Rastplatz in totalem Frieden. Es gab keinerlei Anzeichen, daß auch nur ein Stinktier in den letzten hundert Jahren hier vorbeigekommen wäre.
Der Stein war nicht von der Grabstätte weggerollt worden.
Lazarus hatte sich nicht geregt. War nicht die Auferstehung alles in allem gesehen etwas Unflätiges, etwas, das niemals jemand zu sehen wünschte? Was immer da vor mir erschienen ist, dachte Speke, es war nicht real, es war nicht Asquith gewesen.
Hamilton lächelte unwillkürlich. Es war kein sehr angenehmes Gefühl zu wissen, daß man entweder drauf und dran war, dem Wahnsinn anheimzufallen oder Besuch von einer Art Racheengel zu bekommen.
Wie schwer das Motorrad war, wenn es nicht von seinem Motor angetrieben wurde. Und groß – es war ein schwergewichtiges Ungetüm, das Skelett einer eisernen, fremdartigen Rasse. Der Helm baumelte von einem der Handgriffe herunter, als Speke die Maschine über das Laub rollte. Die Räder drehten sich nahezu geräuschlos, aber nicht ganz ohne Widerstand. Das Ding wollte sich nicht bewegen.
Er balancierte es an den Rand eines ausgetrockneten Bachlaufs, der auf seinem Grund mit Farnen, Eichen und Giftsumach bestanden war. Die Räder drehten sich nicht mehr, das Vorderrad blockte, und als Hamilton der Maschine einen Stoß gab, wäre sie beinahe umgefallen, sie wankte einen Moment lang, blieb aber, wo sie war. Dann endlich senkte sie sich nach vorn und rollte schlingernd und sich überschlagend hinunter. Es gab dumpfe Geräusche, Staub stieg hoch, der Ständer knickte ab. Das Motorrad verschwand im hohen Farn.
Er holte tief Luft. Gestern war er sprunghaft, unsicher gewesen, heute dagegen fühlte er sich schlapp, steif und emotional ausgelaugt. In den letzten Jahren hatte er immer wieder Anfälle von Panik überstehen müssen, er hatte ein
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