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Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]

Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]

Titel: Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cadnum
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kühl, und sie schienen wie zuvor schon in ihn hineinzusehen und ihn besser zu verstehen, als er sich selbst verstand. Sie studierte ihn und trat doch nicht näher, als liege um sein Blockhaus ein magischer Zirkel.
    »Ich denke, wir sollten einmal miteinander reden«, sagte Sarah schließlich.
    Sie kam zu ihm die Stufen hinauf, und während sie sprach, heilten ihre Worte und ihr Tonfall irgend etwas in ihm.
    Er war nicht überrascht. Er hatte von allem Anfang an gewußt, daß sie die Antworten kannte. Aber es war mehr als das. Wo Speke zerrissen war, war sie gelassen. Ihr Friede forderte ihn heraus. Speke war unfähig gewesen, die Geschichte seines Lebens anders als zerrissen zu erzählen, eine Aneinanderreihung von Anekdoten. Sarah setzte sich zu ihm auf die Stufen und erzählte Bell, sie habe ihr Leben diesem Mann und seiner Karriere geweiht.
    Sie faßte ihr Leben so kurz und bündig zusammen, daß es schon an einen Akt von Vergewaltigung grenzte. »Ich hatte kein anderes Ziel als die Veröffentlichung dieser Stücke und dieser Musicals, weil ich an sie geglaubt habe. Und obwohl ich gern reiste und auch immer mal wieder einen Liebhaber hatte, bedeutete mir doch das Werk von Hamilton Speke alles.«

    Warum nur, dachte Bell, klang alles, was sie sagte, so, als sei es vor langer Zeit gewesen?
    »Mitunter fliegt eine Eule über das Haus«, sagte Sarah nach einem kurzen Schweigen, das Bell nicht brechen mochte. »Sie verursacht ein wundervolles Geräusch, fast wie ein Manuskript, das durch die Dunkelheit fällt.«
    Wie von der Welt abgeschlossen ihr Leben doch geworden war, dachte Bell, wie viele Jahre mochte sie wohl damit zugebracht haben, den Ruhm des Hamilton Speke zu begründen.
    »Er ist nicht das, was Sie erwartet hatten«, sagte sie nach einem langen Schweigen.
    »Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich erwartet hatte.«
    »Sie sind enttäuscht.«
    »Nein, ich kann in aller Aufrichtigkeit sagen, daß ich nicht enttäuscht bin. Dabei fällt mir auf, wie oft in diesen letzten Tagen die Worte ›ehrlich‹ oder ›aufrichtig‹ gebraucht werden.
    Ich bin ganz konfus.«
    »Das ganze Leben ist Konfusion. Ich will jetzt nicht philosophisch werden. Aber, Christopher.« Sie unterbrach sich.
    Es geschah zum erstenmal, daß sie seinen Vornamen benutzte, und es schien, als wolle sie die Wirkung dieser Vertraulichkeit abwarten.
    Sie sprach lange Zeit nicht weiter, und Bell dachte sich, sie überlege, ob sie ihm nicht vorschlagen sollte, wieder zu gehen und in ein paar Wochen wiederzukommen – oder vielleicht gar das ganze Projekt mit diesem Buch aufzugeben.
    Die bittere Stimme tief in ihm, die Stimme seiner tieferen Einsicht, flüsterte: Hier möchte dich jeder am liebsten wieder los sein.
    Als sie wieder das Wort ergriff, sagte sie: »Ich hoffe, Sie wissen, daß man auch dann noch an jemanden glauben kann, wenn man schon seine Schwächen gesehen hat.«

    Bell war überrascht. Er hatte erwartet, eventuell über die Nachteile des Umgangs mit einem Genie zu diskutieren, über all die Geschichten und Geschichtchen, die er schon kannte.
    Trinkgelage, Temperamentsausbrüche, wilde Nächte, die Jagden auf junge Mädchen quer durch die Wälder. Details dieser Art rundeten das Bild eines Menschen ab.
    »Die Polizei war heute morgen hier«, sagte sie.
    »Ich weiß.« Schön langsam voran, sagte er sich selbst. Er lauschte auf die Geräusche der Nacht: Wind – und über den Köpfen ein Flügelpaar. »Wissen Sie, warum?«
    »Ich bin nicht sicher.«
    »Aber Sie können es sich denken?«
    »Ich mag keine Spekulationen.«
    Sarah liebte die Nächte hier draußen in Live Oak. Sie war dankbar für sein Schweigen. Sie stand kurz davor, eine Entscheidung zu treffen, die ihr Leben verändern würde.
    »Mein Vater war bei der Polizei«, sagte sie. »Ein Detective.
    Sein Spezialgebiet waren Fälschungen. Sein Beruf brachte es mit sich, daß ich viel mit meiner Mutter allein war. Aber ich habe viel an ihn denken müssen, und selbst seine Abwesenheit hatte noch Gewicht.« War es fair, diesen Mann, den sie erst so kurz kannte, als eine Art Beichtvater zu mißbrauchen?
    Aber nachdem sie einmal so weit gegangen war, fuhr sie nun auch fort: »Es war ein Leben an zwei Orten gleichzeitig. Da, wo ich wirklich war, bei meiner Mutter mit ihrem Nähzeug, wo ich beim Bügeln half, während meine Seele und die meiner Mutter irgendwo da draußen bei meinem Vater waren.«
    Sie spürte, daß er ihr zuhörte, und sein Schweigen ermunterte sie, drängte sie

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