Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
sich deplaziert vor, wie ein Angestellter hinter dem Schreibtisch seines Chefs, als er seinen Kassettenrecorder einschaltete.
»Maria ist ein wenig launisch«, erwiderte Speke. »Wollen Sie fortfahren, an der Biographie zu arbeiten?«
Vor dem zweiten Halbsatz hatte Speke eine winzige Pause gemacht, genau diesen winzigen nur psychologisch zu deutenden Augenblick, der es für Bell absolut klar machte, daß Speke alles andere als unglücklich gewesen wäre, wenn er morgen eine Verabredung in – sagen wir – Washington gehabt hätte. »Ich bin gern behilflich«, sagte Speke.
Er glaubt, wenn ich diesen Auftrag nicht erfülle, werde ich wieder zu Glücksspiel und Drogen zurückkehren. Bell spürte etwas wie Schuldbewußtsein angesichts der eigenen Hintergedanken. Speke war ein guter Mensch. »Dieses Buch ist sehr wichtig für mich«, sagte er.
»Mein Leben.« Speke sagte es mit einem hintergründigen Lächeln, und Bell wußte im Moment nicht, ob er sich auf das Buch bezog oder etwas sehr viel Umfangreicheres und auch Unangenehmeres.
Er konnte seine Meinung von einem Augenblick auf den anderen ändern, konstatierte Bell. Er könnte durchaus im nächsten Augenblick sagen, er bedaure sehr, aber es wäre wohl besser, wenn er, Bell, nächsten Monat oder nächstes Jahr wiederkomme.
»Mein erste eigene Erinnerung«, sagte er, »ist, wie ich meinem Vater beim Rasenmähen zugesehen habe.«
»Hatte er einen Handmäher oder einen Motormäher?« fragte Speke.
»Handmäher. Die Messer hat er immer selbst mit einer Feile geschärft.«
»Wirklich? Er hat die Messer selbst geschärft?«
Speke führte einen Finger an die Lippen. »Ein sorgsamer Mann.«
Fast hätte Bell erwidert: »Genau wie sein Sohn.«
»Ich liebe den Geruch frisch geschnittenen Grases«, sagte Speke. »Brothers hat einen Mähtraktor, und da vermischt sich dieser Geruch leider mit den Benzindämpfen. Aber die Rasenflächen hier sind so groß…«
»Es ist ein wunderschöner Rasen.«
»Er wird übrigens den Baumstumpf sprengen«, sagte Speke.
Bell erzählte, er sei bereits gewarnt worden.
»Ich wollte, er hätte ihn gleich gesprengt. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe ein ganz flaues Gefühl im Magen, hier zu sitzen und darauf zu warten, daß etwas explodiert.«
Bell gestand, daß er auch ein wenig nervös war.
»Ich hatte übrigens gerade Besuch von der Polizei«, sagte Speke.
»Das dachte ich mir schon.«
»Noch ein guter Beobachter mehr«, sagte Speke.
»Nichts Ernstes, hoffe ich.«
»Was könnte hier draußen an einem so herrlichen Ort wohl ernst sein? Sagen Sie mir: Hat er Ihnen nicht gesagt, wie lange es noch bis zu der Explosion dauert?«
»Nicht genau.«
»Nicht den allerkleinsten Hinweis?«
Bell lächelte und hob die Schultern.
»Ich wollte, er hätte niemandem etwas gesagt. Jetzt sitze ich hier und warte auf den großen Knall. Das kann ja noch den ganzen Tag so weitergehen. Ich kann überhaupt nicht mehr still sitzen.«
Bell spürte, wie auch er zitterte.
»Ich bin ein Wrack. Ich kann mich kaum richtig erinnern, was ich heute morgen alles getan habe, wieviel weniger dann an das, was in meiner frühesten Kindheit war.«
Beide lauschten schweigend.
Schließlich hielt Speke es nicht mehr aus. »Ich kann nicht mehr denken, ich bin ohne alle Hoffnung«, brach es aus ihm heraus, und dazu trommelte er mit den Fingerspitzen auf der Armlehne seines Stuhls herum.
»Es sieht aus, als hätten Sie eine Blase in der Handfläche«, sagte Bell, »sicher noch von Ihrem Kampf mit dem Baumstumpf.«
Speke schloß die Fäuste. »Ich habe nicht halb soviel Muskelkater, wie ich nach dieser Anstrengung erwartet hätte.«
Bell warnte sich selbst: Stell weiter deine Fragen. Speke konnte sich jeden Augenblick entschließen, das Gespräch abzubrechen und definitiv keine weiteren Gespräche mehr zu führen. »Lesen Sie mitunter auch andere Drehbücher und Theaterstücke?«
Ein rascher Themenwechsel zahlte sich oft aus. Aber Speke lächelte nur und meinte: »Natürlich. Es gibt so viele Talente auf dieser Welt. Ich hasse Leute, die nur Drehbücher lesen, die den Tod zum Inhalt haben.« Irgend etwas ließ ihn abbrechen.
Vielleicht war es die Vorahnung von Brothers’ Dynamit, die beide in Richtung des Fensters schauen ließ.
»Die Dinge hier entwickeln sich zunehmend negativ.« Speke senkte die Stimme, als wolle er beichten. »Kleinigkeiten. Ich wollte mir ein Video ansehen. Es steckt schon seit Tagen im Recorder. Und auf einmal kann
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