Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
Informationen.
Das war alles, was er wollte. Er wollte Beweise für Erika Spyris Gerüchte. Denn etwas anderes war es ja wohl nicht gewesen: Gerüchte. Bloß weil eine überkandidelte Galeriebesitzerin glaubte, irgend jemandes Bruder sei ein Verrückter…
Er wandte sich Sarah zu und bedachte sie mit einem Lächeln, von dem er hoffte, es möge ermutigend auf sie wirken. »Nur noch eine Minute.«
Sie lächelte und nickte. Einige Herzschläge lang konnte er die Augen nicht von ihr wenden. Noch nie hatte er eine verführerischere Frau kennengelernt, und sie war um so attraktiver, als sie sich ganz offenbar gar nicht der Macht bewußt war, die sie über ihn hatte. Sehr eindringlich überkam ihn wie ein Blitz eine Erinnerung – ihre Brüste, das dunkle Dreieck aus Haaren, ihr stiller Schrei.
Er würde alles tun, um dieser Frau zu helfen, er würde Berge ersteigen, um sie zu retten, mit wilden Grizzly-Bären kämpfen
– einfach alles. Und ausgerechnet das eine, das er sonst so vortrefflich verstand, das gelang ihm heute nicht: Informationen zu beschaffen.
Sie machte ihn nervös. Warum konnte sie sich denn nicht hinsetzen?
Dies war ein hübscher, zivilisierter Ort. Die Lobby des Clift Hotels war ein angemessener Ort, um ein paar Telefonanrufe zu tätigen. Wenn Sarah doch nur dort hinübergehen, sich in einen Sessel setzen und eine Zigarette rauchen wollte. Er war sicher, sie rauchte. Warum stöberte sie nicht einfach in einem Magazin herum?
Ein neuerliches Besetzt-Zeichen.
Er hängte den Hörer so energisch ein, daß eine Frau von der Rezeption her erschreckt zu ihm herüberblickte.
Sarah beobachtete ihn, als wäre er eine preisgekrönte Gottesanbeterin in einer Insektenausstellung. Ihre Geduld war dahin, und sie hielt die Hände nicht mehr länger gefaltet. Sie war jetzt dabei, ein Papiertaschentuch zu zerpflücken. Sie bedachte ihn mit einem hektischen Lächeln, wobei sie die Zähne ein klein wenig zu deutlich sehen ließ.
Er probierte eine weitere Nummer.
Sarah wartete. Das Warten war zu ihrer ganzen Existenz geworden. Sie erduldete die verstreichenden Minuten mit jenem Mangel an Geduld, der einer Person in Handschellen angemessen gewesen wäre.
Als er in ihre Richtung blickte, lächelte sie. Ihr Lächeln ermutigte ihn, wie sie hoffte, gleichermaßen zu neuen Anstrengungen wie zur Eile. Vornehmlich zur Eile.
Das Hotel hatte jene halbherzige, aber beeindruckende Lässigkeit und Oberflächlichkeit eines Ortes, an dem die Menschen Pläne haben. Lederkoffer wurden hin und her getragen, uniformierte Männer eilten, um irgendwelche Knöpfe in Aufzügen zu bedienen, und ihre Uniformen ließen nicht auf militärische Akkuratesse oder die Autorität des Gesetzes schließen, sondern einfach nur darauf, daß die Kunden hier bekamen, wofür sie zahlten.
Er wird nie mehr von diesem Telefon wegkommen. Sie hatte es noch nie gut ertragen, irgendwo lange herumzusitzen, ohne daß etwas passierte. Ihr Vater hatte über ihre Ungeduld als kleines Mädchen immer gelacht. »Na, mal wieder Hummeln im Hintern, Sarah?« hatte er dann mit einem Lächeln gesagt. In den Ferien war sie gern schwimmen gegangen, wobei sie dann mit langen Stößen immer die Grenzen auslotete, sie hatte gern weite Spaziergänge unternommen und war eigentlich nie untätig gewesen. Sie liebte Pferde und Schnee. Ihr Büro betrieb sie wie eine Kommandozentrale. Sie sorgte dafür, daß etwas passierte. Selbst wenn sie viel Geld gehabt hätte, hätte sie ihre Zeit trotzdem nicht damit verbracht, ihre Kleider in einer Hotellobby vorzuführen.
Das Gefühl heraufziehenden Ärgers kam und ging, es war ein Alarm, der sich einfach nicht abschalten ließ. Die Erinnerung an Marias Augen war wie eine Reihe kleiner Nadelstiche. Sie erinnerte sich wieder daran, daß Maria sie ermuntert hatte, diesen Tagesausflug in die City zu unternehmen.
Was tat Maria in dieser Minute?
»Asquith«, sagte Bell gerade und buchstabierte den Namen dann noch einmal.
Sarah verschränkte die Arme und biß die Zähne aufeinander.
Sie mußte einfach gute Miene zum bösen Spiel machen. Chris begegnete einer Welt des Chaos mit der Kraft seines Intellekts.
Was wir brauchen, sind mehr Fakten, dachte er bestimmt. Nun, Fakten hatten ihren Platz. Trotzdem würde Sarah auch auf einem sinkenden Schiff nicht einfach nur herumsitzen und auf die letzten Berichte über die Unglücksursache warten; Fakten dagegen konnten warten.
Aber, so dachte sie, Männer sind nun mal so – nahezu alle, bis auf
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