Die Schwarze Keltin
anzumerken, was sie von ihnen beiden und von Männern allgemein hielt.
»Was für ein schönes Mädchen«, sagte Bledri, der ihr anerkennend nachsah. »Ehrwürdiger Vater, Ihr könnt stolz auf Euren Nachwuchs sein. Hoffentlich verheiratet Ihr sie mit einem Mann, der Schönheit zu schätzen weiß. Die kleine Höflichkeit, das Mädchen die Stufen hinunter auf ebene Erde zu setzen, kann den Handel kaum beeinträchtigt haben.« Mit seiner klaren, durchdringenden Stimme betonte er genüßlich das Wort Vater, war er sich doch der doppelten Anspielung gut bewußt.
»Na, was einer nicht weiß, macht ihn nicht heiß, und ich höre, der Bräutigam ist weit weg in Anglesey. Was diese Verbindung angeht, wird es Euch nicht schwerfallen, Stillschweigen zu bewahren.« In diesem Hinweis lag süß verpackt eine unverhohlene Unterstellung. Nein, es war ganz und gar unwahrscheinlich, daß Kanonikus Meirion einen Schritt getan hätte, der seine gereinigte, zölibatäre und vielversprechende Zukunft in Frage stellte. Bledri ap Rhys hatte das schnell begriffen, und er wußte über die klerikale Reform durch den Bischof gut Bescheid. Er hatte sogar Heledds Ressentiment spüren können, so rücksichtslos abgeschoben zu werden und sich dafür rächen zu wollen.
»Herr, Ihr seid ein Gast von Fürst und Bischof, von dem erwartet wird, daß er sich an die Regeln der Gastfreundschaft hält.« Meirion stand unbeweglich da wie eine Lanze. Seine Stimme klang dünn und stählern wie eine Schwertklinge. In seiner Person steckte ein wüstes walisisches Temperament, das er nur mühsam beherrschte. »Tut Ihr das nicht, werdet Ihr's bereuen. Was immer meine Lage sei, ich werde mich darum kümmern. Kommt meiner Tochter nicht zu nahe oder versucht, noch irgendwelchen Umgang mit ihr zu haben. Eure Höflichkeiten sind unerwünscht.«
»Nicht, glaube ich, bei der Dame«, sagte Bledri in einem Ton, dem anzumerken war, daß er dabei hochzufrieden lächelte.
»Sie besitzt schließlich eine Stimme und zwei Hände und ich glaube, sie hätte davon längst Gebrauch gemacht, falls ich ihr Mißfallen erregt hätte. Ich mag ein Mädchen mit Temperament.
Falls sie mir Gelegenheit gibt, werde ich ihr das sagen. Warum sollte sie die Bewunderung, auf die sie einen Anspruch hat, während der letzten Stunden auf dem Weg zur Hochzeit nicht genießen?«
Die kurze Stille zwischen ihnen wog schwer wie ein Stein; Cadfael fühlte die Luft zittern, so still und angespannt waren beide. Dann sagte Kanonikus Meirion mit zusammengebissenen Zähnen, während der Zorn ihm fast die Kehle zuschnürte: »Mein Herr, glaubt ja nicht, diese Kutte, die ich trage, wird Euch vor irgend etwas bewahren, wenn Ihr meine Ehre oder den guten Namen meiner Tochter angreift.
Seid gewarnt und haltet Euch von ihr fern, oder Ihr werdet ausgezeichneten Grund haben, das zu bedauern. Obwohl, vielleicht«, endete er, noch leiser und böser, »zu wenig Zeit!«
»Zeit genug«, sagte Bledri, durch die fühlbare Drohung nicht merklich beunruhigt, »falls es da viel zu bedauern geben wird.
Darin habe ich wenig Übung. Gute Nacht, ehrwürdiger Vater!«
Er ging vielleicht mit Absicht so dicht an Meirion vorbei, daß sich ihre Ärmel berührten und stieg die Stufen zur Tür des Saals hinauf. Der Domherr aber mußte sich selbst aus seiner Wutlähmung reißen, nahm wieder, so gut er konnte, eine würdevolle Haltung ein und stolzierte zu seiner eigenen Tür.
Cadfael kehrte sehr nachdenklich in sein Quartier zurück und berichtete den ganzen Vorfall Bruder Mark, der nach dem Gebet noch mit weit geöffneten Augen wach auf dem Bett lag.
Auf seine besonders empfindliche Art hatte er schon gespürt, was für stürmische Entladungen die Nachtluft zum Schwingen gebracht hatten. Er hörte wenig überrascht zu.
»Cadfael, wieviel, würdest du sagen, kümmert ihn nur sein eigenes Fortkommen, wieviel das seiner Tochter? Er fühlt sich ihr gegenüber schuldig. Es ist ja seine Schuld, wenn er sie zurückweist, weil sie seine Aussichten behindert, und er hat ein schlechtes Gewissen, weil er sie weniger liebt als sie ihn.
Deshalb ist es ihm so wichtig, sie aus den Augen zu haben, weit weg, in der Obhut eines anderen.«
»Wer kann einem Mann schon hinter die Stirn schauen?« sagte Cadfael resigniert. »Viel weniger einer Frau. Aber ich sage dir eins, sie würde gut daran tun, ihn nicht zu weit zu treiben. Der Mann hat einen gewalttätigen Kern. Ich möchte nicht dabei sein, wenn der zum Ausbruch kommt. Das könnte eine
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