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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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tödliche Kraft sein.«
    »Und wen«, fragte sich Mark und starrte in das Dunkel des Daches über ihnen, »würde der Blitz treffen, wenn der Sturm je losbricht?«

4. Kapitel
    Das Gefolge des Fürsten sammelte sich im Morgengrauen.
    Als Cadfael und Mark vor dem Aufsatteln zum Gebet in die Kirche gingen, hatte ein kurzer Schauer das Gras durchnäßt, doch in den Regentröpfchen fing sich bereits das Sonnenlicht, und am Himmel oben herrschte bald das blasseste und klarste Blau. Nur im Osten schienen feine, dünne Wolken das leuchtende Rund der Sonne wie mit Fingern zu streifen.
    Als die beiden Mönche wieder hinaus in den Hof traten, hallte der schon von Geschäftigkeit wider, die Packpferde wurden beladen und die wackere Zeltstadt auf dem Hügel oben verpackt und abtransportiert. Im glänzenden Sonnenlicht lösten sich die Federwolken auf.
    Mark sah den Vorbereitungen für die Abreise mit Vergnügen zu, sein Gesicht gerötet und hell, ein Kind unterwegs in ein Abenteuer. Bis zu diesem Augenblick, dachte Cadfael, hatte er sich die Möglichkeiten, die Faszination, sogar die Gefahren der Reise nicht wirklich vor Augen geführt, auf die er sich gemacht hatte. Mit Fürsten zu reiten war nicht mehr als die Hälfte der Geschichte, irgendwo konnte eine Drohung lauern, ein feindlicher Bruder, ein Prälat, der darauf versessen war, zu reformieren, was in den Augen der Bevölkerung keiner Erneuerung bedurfte. Und wer ahnte schon, was zwischen hier und Bangor, auf dem Weg von Bischof zu Bischof, dem fremden und dem einheimischen, passieren konnte?
    »Ich habe Sankt Winifred ein Wort ins Ohr gesprochen«, sagte Mark und wurde dabei fast schuldbewußt rot, als ob er sich eine Schutzheilige angeeignet hätte, die eigentlich Bruder Cadfael gehörte. »Ich habe gedacht, wir müssen ihr hier sehr nahe sein, und es schien mir nur angemessen, ihr unsere Anwesenheit und unsere Hoffnungen mitzuteilen und um ihren Segen zu bitten.«
    »Falls wir ihn verdienen!« sagte Cadfael, obgleich er wenig Zweifel daran hatte, daß eine so sanfte und empfindsame Heilige einen derart unschuldigen und klugen Mann mit Nachsicht behandeln mußte.
    »Das ist richtig. Cadfael, wie weit ist es von hier bis zu ihrer heiligen Quelle?«
    »Das werden so an die vierzehn Meilen sein, von hier aus in Richtung Osten.«
    »Stimmt es, daß sie niemals zufriert? Wie kalt der Winter auch sein mag?«
    »Das stimmt. Keiner hat sie je zugefroren erlebt. In der Mitte hat es immer noch gesprudelt.«
    »Und Gwytherin, wo du sie aus dem Grab genommen hast?«
    »Das liegt von uns aus im Südwesten«, sagte Cadfael und verzichtete auf die Erwähnung, daß er sie an demselben Ort auch wieder in ihr Grab gelegt hatte. »Versuch niemals, ihr Schranken zu setzen«, riet er zur Vorsicht. »Wo immer du sie anrufen magst, wird sie anwesend sein und dir zuhören, sobald du deine Not herausrufst.«
    »Das habe ich nie bezweifelt«, sagte Mark bloß und ging mit federnden und hoffnungsvollen Schritten davon, um seine kleinen Habseligkeiten zusammenzusuchen und den glänzenden nußbraunen Wallach zu satteln. Cadfael wartete ein paar Augenblicke, um den Trubel um sich herum zu genießen und folgte dann langsam zu den Ställen. Vor der Stadtmauer waren Owains Wächter und Adlige schon mit den Vorbereitungen beschäftigt. Die Zelte verschwanden eines nach dem anderen von der Grünfläche und ließen nur blassere Flecken von niedergedrücktem Gras zurück, die sich bald wieder zu frischem Grün aufrichten und sogar die Erinnerung an ihren Besuch löschen würden. Innerhalb der Mauern waren die Pferdeknechte mit ihren Pfiffen und Zurufen zu hören, der Klang des Pferdegeschirrs und der lebhafte Rhythmus stampfender Hufe auf dem festgetretenen Erdboden. Über dem allgemeinen Durcheinander der Männer waren die hellen Stimmen der Mägde zu hören. Der leichte Staub, den all diese Bewegungen aufwirbelten, stand im Sonnenlicht wie goldener Nebel in der Luft.
    Die Gesellschaft versammelte sich heiter und gleichmütig, als ob sie ausziehen wollte, um Feldblumen zu sammeln, und hell wie der Morgen war, hätte er sicher auch zu einem so angenehmen Zeitvertreib eingeladen. Doch als sie die Pferde bestiegen, gab es bestimmte Hinweise, daß es um ernstere Dinge ging. Heledd war im Mantel erschienen, reisefertig, heiter und in bescheidener Haltung. Doch Kanonikus Meirion, schmallippig, mit zusammengezogenen Brauen, hielt sich dicht an ihrer Seite. Auf der anderen Seite folgte der Domherr Morgant. Er

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