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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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musterte beide mit scharfen Blicken. Seine Miene wirkte nicht weniger streng, doch lag in seinen zusammengekniffenen Brauen ein Ausdruck von kompromißloser Härte, der für Vater und Tochter wenig Zustimmung verhieß. Und trotz all ihrer Vorsicht machte Bledri ap Rhys doch im letzten Augenblick einen Schritt zwischen sie und hob das Mädchen mit seinen großen und möglicherweise gierigen Händen, mit einer so weidlichen Höflichkeit aufs Pferd, die schon an Dreistigkeit oder an Schlimmeres grenzte, und Heledd ließ sich diesen Dienst mit einer so anmutigen Neigung ihres Kopfs und einem so kühlen und verhaltenen Lächeln gefallen, daß ein zwiespältiger Eindruck zurückblieb, halb keuscher Tadel, halb diskrete Schadenfreude. So gut wie die beiden den Anschein von Anstand wahrten, wäre es närrisch gewesen, laut Mißfallen zu äußern. Auch wenn sie den Mund hielten, nahmen beide Kanoniker den Vorfall doch gereizt und mit Stirnrunzeln zur Kenntnis.
    Das war nicht die einzige unvermutete Wolke, die diesen klaren Morgen überschattete, denn nun ritt Cuhelyn auf seinem Pferd durch das Tor. Er kam zu spät, um noch irgendeinen offensichtlichen Anlaß für die gespannte Stimmung erkannt zu haben. So hielt er sein Pferd an und musterte die ganze Gesellschaft mit eindringlichem Blick, bis er Bledri entdeckte und ihn brütend ansah. Cuhelyn, ein Mann mit einem langen Gedächtnis und starken Leidenschaften, nahm Maß an einem Feind. Als er das Bild, das sich ihm bot, nachdenklich überblickte, hatte Cadfael den Eindruck, daß Mißgunst und Vorwürfe das reichhaltige Gepäck der fürstlichen Reisegesellschaft zusätzlich belasten würden.
    Der Bischof kam in den Hof, um von seinen vornehmen Gästen Abschied zu nehmen. Das erste Treffen mit dem Fürsten war recht erfolgreich verlaufen, wenn er bedachte, was für eine Belastung es bedeutet hatte, Cadwaladrs Sendboten vor die Versammlung einzuladen. Er war nicht so unempfindlich, daß er die augenblickliche Spannung und das Mißvergnügen nicht gespürt hätte, und zweifellos atmete er jetzt erleichtert auf, da er die Gefahr überstanden hatte. Ob er die Demut hatte, sich klarzumachen, daß er das der Umsicht des Fürsten verdankte, war eine andere Frage, überlegte Cadfael.
    Und hier kam Owain Seite an Seite mit seinem Gastgeber und Hywel nach ihm. Bei seiner Ankunft erwachte das ganze bunte Gefolge zu erwartungsvollem Leben, und als er nach Zügel und Steigbügel griff, taten es ihm alle nach. Zu groß für mich, was, Hugh? dachte Cadfael und schwang sich mit einer Leichtigkeit in den Sattel seines Rotschimmels, die ihn zufrieden und ein wenig hochmütig stimmte. Ich werde dir noch zeigen, ob ich meine Reiselust verloren und alles vergessen habe, was ich im Osten gelernt habe, als du noch gar nicht auf der Welt warst!
    So ritten sie los, durch das weitgeöffnete Tor und westwärts, dem hohen blonden Haupt des Fürsten nach, der in der Morgensonne keine Kopfbedeckung trug. Der Bischof blieb mit seinen Leuten zurück, um die Abreise mit der skeptischen Zufriedenheit desjenigen zu beobachten, der ein diplomatisches Zusammentreffen erfolgreich hinter sich gebracht hat. Die Drohungen aus dem Gespräch vom Vorabend lagen noch unbehaglich in der Luft und warfen ihre Schatten jetzt auf die abreisenden Gäste. Selbst wenn Bischof Gilbert sie ernstgenommen hätte, konnte er die Gäste doch leichten Herzens ziehen lassen, denn es waren ja keine Drohungen gegen ihn.
    Als die Reiter aus der Stadt heraus über die grünen Felder zogen, stießen vom Lagerplatz her Owains Männer dazu und folgten ihnen zu beiden Seiten in klarer Marschordnung.
    Cadfael beobachtete mit Interesse, aber ohne Überraschung, daß unter ihnen Bogenschützen waren und zwei sich ständig einige Armlängen links hinter Bledri ap Rhys hielten. Bei der schnellen Auffassungsgabe, die dieser Gast zweifellos besaß, bemerkte er sie ebenfalls und schien keinen Einwand gegen sie zu haben, denn schon auf der ersten Meile ließ er sich nicht davon abbringen, seine Stellung zwei oder drei Mal zu verändern, um ein artiges Wort in Domherr Morgants Ohr zu sprechen oder mit Hywel ab Owain Höflichkeiten auszutauschen, der dicht hinter seinem Vater ritt. Doch er machte keine Anstalten, sich durch die Reihe der sie begleitenden Wachen zu drängen. Falls sie ihn daran erinnerten, daß er eigentlich ein Gefangener war, hatte er fest vor, ihnen zu zeigen, daß er damit vollkommen zufrieden war und keine Absicht hatte, sich

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