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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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sich, seufzte und erhob sich und ging auf seinem Weg hinaus an ihnen vorbei.
    Ohne Überraschung sagte er leise: »Gute Nacht, Brüder!« Das kleine rote Altarlicht ließ sein Profil deutlich erkennen, wenn auch nur für einen Augenblick: Das war ganz offensichtlich das junge, eindringlich-brütende Gesicht von Gwion.
    Die Komplet war lange vorbei und Mitternacht vorüber, und sie schliefen beide friedlich in ihrer kleinen gemeinsamen Unterkunft, als der Alarmruf ertönte. Die ersten Anzeichen, plötzlicher Lärm am großen Burgtor, das dumpfe, näherkommende Getrommel von Pferdehufen, die aufgeregten Wortwechsel zwischen Wächter und Reiter drangen nur von fern und wie im Traum zu Cadfael, ohne ihn aus dem Schlaf zu reißen. Doch Marks jüngeres Gehör und seine von der Aufregung des Tages noch überempfindlichen Sinne ließen ihn schon aufwachen, bevor noch das Stimmengemurmel zu lauten Befehlsrufen angeschwollen war und sich die Männer der Burg im Hof zu sammeln begannen, prompt, doch noch schläfrig von der Nachtruhe in den vielen Räumen am Fürstenhof und auf den Binsenmatten im Saal. Dann wurde, was von der Ruhe noch übrig war, dreist durch einen Hornstoß erschüttert, und Cadfael rollte von seiner Wolldecke auf die Füße, hellwach und bereit zu handeln.
    »Was ist los?«
    »Gerade ist ein Reiter angekommen. Mit was für einer Eile!
    Ein einziger Reiter!«
    »Die werden den ganzen Hof nicht wegen einer Kleinigkeit wecken«, sagte Cadfael, zog sich die Sandalen an und lief zur Tür. Wieder wurde das Horn geblasen, das Echo schlug zwischen den Mauern der fürstlichen Burganlage hin und her und verlor so seinen scharfen Klang. Auf das Signal hin drängten sich die jungen Männer in Waffen in den Hof, und das Durcheinander vieler Stimmen, mit Rücksicht auf die Nachtruhe zuerst noch leise, schwoll an zu einer Sturmflut von Geschrei.
    Aus jeder Tür, die geöffnet wurde, ließen hastig entzündete Lampen und Kerzen einen Streifen Licht ins Dunkel fallen, um hier oder dort in der Menge ein vertrautes Gesicht ausfindig zu machen. Ein erschöpftes Pferd, das schlimm geritten worden war, wurde mit gesenktem Kopf zu den Ställen geführt und sein Reiter, ohne sich um die vielen Menschen zu kümmern, die ihn anzuhalten und anzusprechen bemüht waren, schob sich durch die Menge auf den großen Saal zu. Kaum hatte er den Fuß der Treppe erreicht, als sich über ihm das Tor zum Saal öffnete und Owain in seinem pelzbesetzten Bettmantel herauskam, groß und dunkel gegen das Licht von hinten, der Knappe, der gelaufen war, um ihn mit der Nachricht von der Ankunft des Boten zu wecken, dicht hinter ihm.
    »Hier bin ich«, sagte der Fürst, laut und deutlich und hellwach. »Wer will mich denn sprechen?« Er machte einen Schritt nach vorn, so daß Licht aus dem Saal auf das Gesicht des Boten fiel und Owain ihn erkannte. »Du bist es, Goronwy?
    Aus Bangor? Was für Nachrichten bringst du?«
    Der Bote nahm sich kaum Zeit, das Knie zu beugen. Er war bekannt und vertrauenswürdig, und jede Feierlichkeit bedeutete, kostbare Zeit zu verschwenden. »Mein Herr, heute früh am Abend ist aus Carnarvon die Meldung eingetroffen, und so schnell es zu Pferde möglich war, bringe ich Euch die Botschaft. Um die Vesperzeit sind westlich vor Abermenai Schiffe gesehen worden, eine große Flotte in Schlachtordnung.
    Die Seeleute sagen, es sind dänische Wikingerschiffe aus dem Königreich Dublin, die gekommen sind, um Gwynedd zu überfallen und Euch zu bezwingen. Denn sie haben Cadwaladr bei sich, Euren Bruder! Er hat sie selbst geholt, damit sie ihn rächen und wieder einsetzen, Euch zum Trotz. Die Treue, die er aus Liebe nicht halten konnte, hat er mit dem Versprechen auf Gold gekauft.«

5. Kapitel
    In Owains Herrschaftsbereich mochte der Einbruch der Unordnung momentane Verwirrung herbeiführen, konnte aber kaum neue Unordnung schaffen. Von seiner Art her war Owain zu schnell und zu entschlossen, um ein Durcheinander zuzulassen. Bevor noch der mühsam gebremste Aufschrei von Zorn und Erbitterung im ganzen Hof die Runde gemacht hatte, stand der Hauptmann der Leibwache schon an der Seite des Fürsten und wartete auf seine Befehle. Beide verstanden sich gut genug, um nicht viele Worte machen zu müssen.
    »Stimmt dieser Bericht?« fragte Owain.
    »Sicher, mein Lord. Der Bote, von dem ich ihn erhalten habe, hat die Schiffe selbst von den Dünen aus gesehen. Sie waren zu weit entfernt, um ihre Zahl sicher abzuschätzen, aber keine Frage, woher sie

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