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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ausgesprochen hatte. Ganz sicher hatte er aber vor wenigen Stunden in der Hofkapelle mit Gwion ein dringendes Zwiegespräch geführt und war nun auf und davon, um Cadwaladr bei Abermenai zu treffen, gut informiert über Owains Pläne, seine Streitkräfte und Maßnahmen zur Verteidigung.
    Gwion hatte nie etwas versprochen, außer nicht zu fliehen.
    Innerhalb der Burg konnte er sich frei bewegen. Vielleicht reichte diese Freiheit sogar bis zu der Siedlung, die vor dem Tor lag. Im Gegenzug hatte er freiwillig zugestimmt, nicht zu entkommen. Bledri ap Rhys hatte freilich gar kein Versprechen abgegeben. Und Gwion hatte aus seiner ehernen Treue zu Cadwaladr kein Hehl gemacht. Konnte man ihm Wortbruch vorwerfen, falls er seinem unerwarteten Verbündeten geholfen hatte, auszubrechen und zu seinem Fürsten zurückzukehren?
    Ein schöner Zug! Gwions sture und wilde Treue war bekannt, wenngleich nur aus zweiter Hand durch Cuhelyn. Es war sogar vorstellbar, daß Gwion Cuhelyn und seine Leute vor den Grenzen gewarnt hatte, die er seinem Ehrenwort gesetzt hatte, und vor der Leidenschaft, mit der er jede Gelegenheit ergreifen würde, Cadwaladr zu dienen, an dem er so hartnäckig, sogar auf diese Entfernung, hing.
    Gwion hatte sich langsam und zögernd abgewendet und seine Entlassung akzeptiert, zögerte dann aber doch noch, stand mit gesenktem Kopf, in unentschlossener Haltung, um nach einem Augenblick abrupt in Richtung Kapelle zu eilen; durch die offene Tür zog ihn der schwache rote Punkt an wie ein Magnet. Und wofür konnte Gwion jetzt noch beten? Für eine geglückte Landung von Cadwaladrs Wikinger-Söldnern und eine schnelle und unblutige Einigung unter Brüdern statt eines verheerenden Kriegs? Oder um etwas Trost für den eigenen Seelenfrieden? So unbeugsam wie er war, mochte Gwion sogar seine Treue für eine Sünde halten, wo sie unvermeidlich sein Ehrenwort beeinträchtigte. Ein schwieriges Gemüt, gegen jeden Selbstvorwurf empfindlich, wie läßlich die Sünde auch immer sein mochte.
    Cuhelyn, der ihn vielleicht am besten verstehen konnte und ihm am ähnlichsten war, hatte zugesehen, wie Gwion mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln fortgegangen war, und sogar ein paar schnell entschlossene Schritte getan, um ihm nachzueilen, bevor er es sich besser überlegte und sich wieder Owain zuwandte. Fürst, Hauptleute und Ratgeber stiegen entschlossen die Stufen zum großen Saal und den fürstlichen Wohngemächern hinauf und verschwanden darin.
    Cuhelyn ging ihnen nach, ohne noch einen Blick zurück zu werfen, und Cadfael und Mark und ein paar herumstehende Diener und Gefolgsleute blieben in dem fast leeren Burghof zurück, und auf den Lärm und die Bewegung folgte die Stille, die lastende Stille nach dem Sturm. Alles war nun bekannt und verstanden, alles war im Griff und würde auf fähige, verständige Weise erledigt werden.
    »Hier gibt es für uns nichts mehr zu tun«, sagte Bruder Mark ruhig von der Seite zu Cadfael.
    »Außer morgen zu satteln und nach Bangor zu reiten.«
    »Ja, das muß ich wohl«, stimmte Mark ihm zu. In seiner Stimme lag ein merkwürdiger Ton von Unbehagen und Bedauern, so als hielte er es fast für pflichtvergessen, sich in dieser Krise einfach seines eigenen Auftrags wegen zu entfernen und alle Angelegenheiten hier in Verwirrung und unerledigt zurückzulassen. »Was ich mich frage, Cadfael... Ist an den Toren, an allen Toren wirklich an genügend Wachen gedacht worden? Glaubst du, daß es für den Mann selbst einen Aufpasser gegeben hat, hier in der Burg, oder sollten dafür die Mauern ausreichen? An der Tür zu seiner Unterkunft hat doch kein Mann Wache gestanden, und vom Festsaal an sein Bettlager ist ihm niemand nachgegangen.«
    »Von der Kapelle an sein Bettlager«, ergänzte Cadfael, »wenn überhaupt ein Mann diese Aufgabe gehabt hat. Nein, Mark, wir haben ihn ja gehen sehen. Da war keiner, der ihm auf den Fersen war.« Er schaute über den Burghof, zu dem Gang, in dem Bledri verschwunden war, als er aus der Kapelle kam.
    »Halten wir alle nicht zuviel für selbstverständlich? Der Fürst hat zwar dringendere Angelegenheiten zu erledigen, aber sollte nicht mal jemand nachschauen, nachdem wir schon alle dasselbe vermuten?«
    Gwion trat langsam und still aus dem offenen Tor der Kapelle und zog die Tür hinter sich zu, so daß der kleine Strahl von Rot verschwand. In schleppendem Gang kam er über den Hof und war sich offenbar nicht bewußt, daß Cadfael und Mark stumm und bewegungslos im Schatten

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