Die Schwarze Schwesternschaft
du das Risiko eingehen willst. Wenn Jaelle glaubt, dass ich es schaffe, schaffst du es wahrscheinlich auch.«
»Ich will es versuchen«, sagte Cholayna mit einem ganz schwachen Lächeln. »Und ich verspreche, dass ich die Nerven nicht verliere. Oder, falls doch, dass ich den Mund darüber halten werde.«
Jaelle zuckte die Schultern. »Gut. Gehen wir, bevor der Schnee noch dichter wird und frieren kann. Es ist leichter, solange noch kein Eis auf den Simsen sitzt. Ein guter Rat - und das gilt auch für dich, Magda. Haltet die Augen auf den Weg gerichtet, und seht nicht nach unten.«
11. Kapitel
Anfangs war der Weg steil, aber noch nicht bedrohlich. Die Schneeflocken waren kleiner geworden, nicht mehr handgroß. Dafür fielen sie umso dichter, und das bedeutete, dass sie nicht wieder damit aufhören würden. Noch war mit ein paar Stunden gräulichen Tageslichts zu rechnen.
Jaelle ritt an der Spitze, vermummt in Mantel und Kapuze, einen dicken Schal um das Gesicht gebunden. Nach ihr kam Camilla mit zwei Chervines an einem Tandemzügel, dann, in der Mitte, Cholayna auf dem kleinsten Bergpony, das den sichersten Tritt hatte. Magda saß auf einem Pferd und führte eins der Chervines. Vanessa als erfahrene Bergsteigerin, die jedoch den Weg nicht kannte, machte den Schluss.
Dann ging es steiler bergauf, und der Pfad war nur noch schlecht zu erkennen - Teile davon waren tief in alten Schlamm eingetreten, Geröll erschwerte das Vorankommen, und unter den dichten Baumhecken, die die Straße säumten, hatten sich Schneereste des vorigen Winters erhalten. Es war sehr still, sogar die Hufe der Tiere klangen gedämpft, und der Schnee fiel immer weiter. Immer höher hinauf ging es. Nun gab es Stellen, wo der Weg völlig zwischen Bäumen und Felsen verschwand. Den Chervines gefiel das nicht, sie wieherten nervös. Nach einem Ritt von einer Stunde - er schien länger gedauert zu haben - gab Camilla das Zeichen zum Anhalten, stieg ab und löste die beiden miteinander verbundenen Packtiere von dem Tandemzügel.
»So schaffen sie es nicht. Cholayna, du nimmst den Führungszügel von diesem hier. Es wird dem anderen folgen, es ist seine Mutter, und sie arbeiten schon seit Jahren zusammen. Du brauchst nicht zu fürchten, dass es sich losreißt und fortläuft, aber es braucht einen Zügel.« Sie kletterte wieder in den Sattel. Ihr Gesicht war in einen Schal gehüllt und dick mit Salbe gegen den brennenden Wind bedeckt. Cholayna hatte die gleiche Salbe aufgelegt; sie wirkte grotesk auf ihrer dunklen Haut, als sei diese schwarz und weiß gewürfelt.
Weiter ging es. Der Pfad wurde so steil und so schmal, dass die Chervines sich bäumten, als erstiegen sie Treppen. Magda fürchtete ständig, nach hinten von ihrem Pferd zu rutschen. Sie dachte: Wir werden es niemals schaffen. Ein paar Minuten später hob Jaelle die Hand. Man sah sie nur verwischt durch den dichten Schnee, der im Fallen nicht mehr schmolz, sondern am Boden liegen blieb, vorerst nicht mehr als eine dünne Decke. Felsen und Erde blickten als schwarze Flecken durch ein weißes Spitzengewebe.
Jaelle glitt auf den Boden und hängte die Zügel über den Sattel. Vorsichtig ging sie über die Steine auf dem engen Rand zwischen der Felswand und den Tieren nach hinten. Im Vorübergehen sprach sie mit Camilla, und Camilla stieg ab und schloss sich ihr an. Magda hörte sie zu Cholayna sagen: »Es ist sogar für dein Pony zu steil. Du musst absteigen. Gehe dicht neben deinem Tier und halte seinen Zügel. Es findet den Weg besser als du.« Cholayna kletterte mühsam vom Pferd, und Jaelle stützte sie. »Macht dir die Höhe zu schaffen?«
»Noch nicht, ich bin nur ein bisschen kurzatmig.«
»Nun, überanstrenge dich nicht. Es hat keinen Sinn, dass wir uns abhetzen. Weiter vorn ist ein sehr schlechtes Stück, aber hier ist keine Gefahr. Bist du in Ordnung, Magda?«
Magdas Herz klopfte der Höhe wegen laut, doch sonst hatte sie keine Probleme. Was Cholayna betraf, war sie sich nicht so sicher. Immerhin hatte die Terranerin das Tempo durchgehalten, und sie gewannen so langsam an Höhe, dass sie Zeit hatte, sich anzupassen. Magda spürte Druck in den Ohren. Sie gähnte und hörte es knacken.
»Wie geht es dir, Vanessa?« Jaelle hatte die junge Frau am Schluss der Reihe erreicht.
»Bis jetzt gut. Wo sind wir? Halbwegs oben?«
»Dicht daran. Hier beginnt die schwierige Strecke.« Jaelle wies mit der Hand, und Magda
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