Die Schwarze Schwesternschaft
sie in der ihnen zur Verfügung gestellten Scheune ein Feuer lodern. Der Raum war so groß, dass er nicht warm zu bekommen war, aber wenigstens waren sie aus dem Wind heraus.
Vanessa und Jaelle hatten die Betten hergerichtet. Es sah alles sauber und einladend, beinahe heimatlich aus, obwohl es mit den Pferden und Chervines am anderen Ende kaum ihrem Zuhause glich. Ein großer Vorrat Heu war für die Tiere gebracht worden, und es erfüllte die Scheune mit seinem gesunden Geruch. Sogleich erschien ein Zug von Frauen mit Schüsseln und dampfenden Platten. Außer dem Huhn gab es eine gebratene Chervine-Keule in einer brutzelnden Schicht aus duftendem Fett, in Wein gekochtes Rabbithorn, lange Brotlaibe, noch warm vom Ofen, reichlich Butter und Honig, einen leckeren Topf Pilze, langweilige, aber nahrhafte gekochte Weißwurzeln und die versprochene Rotbeerensoße.
»Das nenne ich üppig!«, rief Cholayna aus.
»Es steht uns auch zu. Genieße es. Wir haben genug dafür bezahlt«, sagte Jaelle. Sie setzten sich auf ihrem Gepäck im Kreis zusammen und hieben mit guten Appetit ein - alle außer Cholayna. Die ältere Frau aß etwas von den gekochten Weißwurzeln, sie probierte und lobte die Rotbeerensoße, doch nach einem tapferen Versuch, das Stück Geflügel zu essen, das Jaelle für sie abgeschnitten hatte, wurde sie blass und schob den Teller zur Seite.
»Was ist los, Comi’ya?«, fragte Camilla.
Cholayna sagte schwach: »Es sieht… es sieht immer noch zu sehr wie… wie das lebende Tier aus. Es tut mir Leid, ich… ich habe mir Mühe gegeben. Wenn es nur ein… ein Riegel oder eine Schnitte ist, bringe ich es hinunter, aber… aber das ist ein Flügel!«
»Du brauchst das Protein«, hielt Vanessa ihr vor. »Nimm dir von den Notrationen. Allein von Pilzen und Rotbeerensoße kannst du nicht leben.«
»Es tut mir Leid«, entschuldigte Cholayna sich noch einmal und suchte den Packen heraus, in dem sich die terranischen Rationen befanden. Das war im Außendienst verboten, damit kein unbefugter Beobachter die offenkundig fremdartigen Verpackungen zu sehen bekam. Magda brachte es jedoch nicht übers Herz, Cholayna Vorwürfe zu machen; sie sah zu krank aus. Für Cholayna waren es ein paar schwere Tage gewesen, und Magda sagte sich, wenn man streng nach den Vorschriften des Nachrichtendienstes ging, war auch die elastische Binde um Vanessas Knöchel eine Übertretung.
Andererseits, wenn nicht einmal die Leiterin des Nachrichtendienstes auf Darkover ein Gesetz brechen kann, was übrigens nie jemand erfahren wird…
»Lass nur«, sagte Camilla gerade, »trink wenigstens etwas Wein. Er ist sehr gut. Knauserig werden wir hier nicht versorgt, das muss ich schon sagen! Shaya, wie ist das - in Nevarsin gibt es kein Gildenhaus, nicht wahr?«
»Ach du meine Güte, nein!«, lachte Jaelle, hob ihren Weinbecher und ließ ihn sich zum dritten Mal füllen. »Keitha redete davon, dort eins zu gründen, erinnerst du dich? Da ist eine Herberge, in der vor Jahren ein paar Frauen wohnten, solange sie die alten Manuskripte des Klosters von Sankt Valentin kopierten, aber man kann sie kaum ein Gildenhaus nennen. Warum, Camilla?«
»Wir haben eine Botschaft erhalten.« Sie berichtete über Calisu’, ihren Ohrring und die ihr aufgetragenen Worte. Jaelle runzelte die Stirn.
»Offenbar hat Rafi gedacht, es würde mir etwas sagen, aber - oh, warte!«, unterbrach sie sich. »Als wir Mädchen waren und mit Kindra reisten, kehrten wir in einem bestimmten Haus dort ein. Es war kein Gasthaus; in den Hellers können Frauen ein Gasthaus nur aufsuchen, wenn sie von ihrem Mannsvolk schicklich eskortiert werden. Die Besitzerin war eine alte Frau, die Lederjacken und -stiefel zum Verkauf herstellte - dort habe ich gelernt, Handschuhe und Sandalen zu machen.«
»Ach ja, natürlich«, fiel Camilla ein. »Ich war auch einmal dort, und eins der jungen Mädchen lehrte mich, Handschuhe mit Perlen zu besticken! Ich erinnere mich an die alte Betta und alle ihre Mündel und Pflegetöchter!«
»Sie nahm alle Waisenmädchen auf, die sie in der Stadt fand, und unterrichtete sie in ihrem Handwerk. Aber statt sie zu verheiraten, wie es tugendhafte Cristofero-Matronen mit ihren weiblichen Lehrlingen tun, ermutigte Betta sie, sich auf eigene Füße zu stellen. Manche heirateten trotzdem, aber andere sind immer noch im Geschäft und leben im Haus ihrer Pflegemutter, und ein paar hat die alte Betta mit
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