Die Schwarze Schwesternschaft
heraushalten? Jedes Mal, wenn ich versuche, eine Sache zu regeln, mischst du dich ein. Wenn Camilla und ich nicht miteinander reden dürfen, ohne dass du dazwischenspringst, als hättest du Angst, es könne etwas ohne dich geschehen… «
Mit aller Willenskraft hielt Magda den Mund. Es kam dem, was Lexie gesagt hatte, so nahe: Höllenfeuer, Lorne, gibt es keine Pastete auf diesem ganzen Planeten, in der Sie die Finger nicht drin haben? Machte sie wirklich diesen Eindruck auf andere Leute? Sie hätte gern gesagt: Ich wollte nur helfen, doch sie sah ein, dass sie niemandem half.
Cholayna hatte ihren Teller ergriffen und quälte sich mit dem kalten, talgigen Fleischeintopf ab.
Sehen sie denn nicht, dass sie bereits halb krank ist und dass es nur schlimmer mit ihr werden wird, wenn sie sie zwingen, das zu essen? Zumindest Jaelle müsste es sehen. Wieder öffnete sie den Mund, wohl wissend, dass sie sich einen neuen Anschnauzer einhandeln würde. Da fasste Camilla nach Cholaynas Teller.
»Ich will dir das Essen aufwärmen, Cholayna, oder, falls es dir lieber ist, haben wir noch eine Menge getrocknetes Breipulver, das du leichter hinunterbekommen wirst. Ich werde es dir mit viel Zucker und Rosinen mischen. Es hat keinen Sinn, gutes Fleisch an jemanden zu verschwenden, der es gar nicht mag und es wahrscheinlich sowieso nicht richtig verdauen kann. Möchte jemand den Rest des Eintopfs mit mir teilen, während ich Brei für Cholayna koche?«
»Und mir ist eingefallen«, steuerte Vanessa bei, »wir könnten die terranischen Bergsteigerrationen für sie aufheben. Sie sind fast völlig synthetisch, haben aber einen hohen Kalorienwert, viel Fett und Kohlenhydrate. Davon wird ihr nicht schlecht werden, und wir anderen können uns an das getrocknete Fleisch und Obst aus natürlichen Quellen halten. Hier… « Sie reichte Cholayna die von Camilla zubereitete Mischung aus Breipulver, Zucker und Rosinen, und Cholayna nahm sie dankbar entgegen.
Magda musste sich selbst zwingen zu essen, aber bei ihr lag es nur daran, dass die Erschöpfung ihr das Kauen und Schlucken zur Anstrengung machte. Sie brauchte nicht Jahrzehnte einer Konditionierung zu durchbrechen, die sowohl vom Brauch wie von der Ethik her bestimmt war.
Es ängstigte sie, dass sie so genau wahrnahm, was Cholayna dachte. Zu Anfang ihrer Ausbildung im Verbotenen Turm war sie manchmal nicht im Stande gewesen, die Gedanken und Gefühle ihrer Kollegen auszuschließen. Aber, sie waren alle starke Telepathen gewesen. Cholayna war kopfblind und Terranerin, und dieses unwillkürliche Überlaufen von Emotionen hätte es gar nicht geben dürfen.
Und auch Camilla schien erkannt zu haben - hier gebot Magda sich Einhalt. Niemand wusste besser als sie, dass unter Camillas rauer Schale eine außerordentlich sensible, sogar mütterliche Frau steckte. Vielleicht hatte die Anstrengung der Reise, vielleicht etwas anderes, auf das sie den Finger nicht legen konnte, das latente Laran in Camilla und sogar in Cholayna geweckt.
Jaelle sagte verlegen zu der ganzen Runde: »Entschuldigt, ich kann mir nicht vorstellen, was in mich gefahren ist. Camilla, verzeih mir, Verwandte. Was ich sagte, war meine ehrliche Meinung, aber ich hätte taktvoller sein sollen. Margali… « Sie wandte sich Magda zu und breitete die Arme aus. »Verzeihst du mir, Breda mea?«
»Natürlich!« Magda drückte sie, und einen Augenblick später schloss sich Camilla ihnen an, dann kamen Vanessa und Cholayna. Alle fünf hielten sich umschlungen, und jeder Zorn verflog.
»Ich weiß wirklich nicht, warum ich angefangen habe zu schreien«, gestand Camilla. »Das wollte ich nicht, Cholayna, ehrlich. Ich möchte nicht, dass du krank wirst, aber es war nicht meine Absicht, dir Vorhaltungen zu machen.«
Vanessa erklärte: »Bei einer Expedition sind diese Spannungen innerhalb der Gruppe zu erwarten. Wir müssen uns davor in Acht nehmen.«
»Vielleicht prüft die Schwesternschaft uns, ob wir tüchtig genug sind, in ihre Stadt eingelassen zu werden«, meinte Camilla.
»Lacht nicht. Wir sind… « Jaelle sah sie ernst an. »In der Legende heißt es, dass man uns rücksichtslos prüfen wird, und… und wir… « Sie schluckte, suchte nach Worten. »Seht ihr es nicht? Wir suchen nach einer Schwesternschaft, und wir bringen es nicht fertig, einander Schwestern zu sein… « Sie verstummte.
Wenigstens sprechen wir alle wieder miteinander, dachte Magda und
Weitere Kostenlose Bücher